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Nacht und Nebel über Japan

Nacht und Nebel über Japan

OT: Nihon no yoru to kiri
POLITDRAMA: JAPAN, 1960
Regie: Nagisa Ôshima
Darsteller: Watanabe Fumio, Kuwano Miyuki, Tsugawa Masahiko, Ajoka Tôru

STORY:

1960 wurde der Sicherheitspakt zwischen Japan und den USA ratifiziert. Der Abschluss wurde damals begleitet von größeren Studentenunruhen und gewaltsam zerschlagenen Demonstrationen. In seinem sehr persönlichen Film bringt Nagisa Ôshima ehemalige Aktivisten der Proteste vom 15. Juni auf einer Hochzeitsfeier zusammen, was Zündstoff birgt. Denn manche haben den Kampf aufgegeben und andere noch nicht…-

KRITIK:

NACHT UND NEBEL ÜBER JAPAN ist der vierte und letzte Beitrag von Nagisa Ôshima in der Reihe "Japanische Meisterregisseure" von Polyfilm, der wie seine drei Vorgänger Das Grab der Sonne, Sing a Song of Sex und Die Nacht des Mörders aus dem stark politischen Frühwerk des Regisseurs stammt.

Dabei ist NACHT UND NEBEL ÜBER JAPAN zweifelsohne nicht nur das politischste Werk im Quartett, sondern gleichzeitig auch das (seinerzeit) inhaltlich brisanteste. Ganze drei Tage lief der Film in den Kinos, dann zog ihn das eigene Studio -weil politisch zu heikel- aus dem Verkehr. Ôshimas erste Kollision mit der Zensur.

Eine weitere folgte Mitte der Siebziger mit IM REICH DER SINNE, welches aus anderen Gründen (nämlich Hühnereierversteckspielchen, echten Blowjobs und echtem Geschlechtsverkehr) von der Berlinale weg beschlagnahmt wurde. Ein Jahr später erkannten die Behörden ihren Irrtum und gaben den Filmtipps-Redaktionsliebling ungekürzt und mit dem Prädikat "besonders wertvoll" versehen wieder frei.

Sicherlich ist auch NACHT UND NEBEL ÜBER JAPAN nicht ohne Wert; allerdings macht die hochkonzentrierte Politik in diesem Film den Zugang alles andere als leicht. Denn Ôshima gibt sich nicht mit Erklärungen ab, sondern verlangt vom Zuschauer ein nicht unerhebliches Maß an politischem Hintergrundwissen. Und genau das dürfte 99 % der westlichen Kundschaft -und sei sie noch so politisch interessiert- einfach fehlen.

Aber wem will man hierzulande auch einen Strick draus drehen, dass er über die Unruhen, die der AMPO-Pakt (der in diesem Jahr übrigens sein 50-jähriges Bestehen feiert) seinerzeit ausgelöst hat, nicht allzu firm ist?

Es geht nicht ausschließlich um den Sicherheitspakt und die Proteste des 15. Juni; es werden auch grundsätzliche politische Standpunkte diskutiert; aber so richtig packend ist die Thematik anno 2010 wirklich nicht mehr. Auch wenn sie -wie der Film auch- seinerzeit heftige Kontroversen in Japan ausgelöst hat.

Nacht und Nebel über Japan Bild 1
Nacht und Nebel über Japan Bild 2
Nacht und Nebel über Japan Bild 3
FAZIT:

Aufgrund des politisch brisanten Inhalts dieses Films hat Nagisa Ôshima in seiner Heimat Probleme mit der Zensur bekommen. Und ja, dies ist der Film eines politisch engagierten, denkenden Mannes. Aber gerade weil dieser Film mehr politisches Manifest als Spielfilm ist, verbietet sich fast schon die Bewertung nach unserem gängigen Maßstäben. Doch es steht zu befürchten, dass man sich als westlicher Zuschauer, dem im Normalfall jeglicher gesellschaftlicher, politischer und vor allem zeitgenössische Bezug zu den Idealen des Nachkriegsjapan fehlt, mit dem extrem dialoglastigen NACHT UND NEBEL ÜBER JAPAN sehr, sehr schwer tun wird…

WERTUNG: 4 von 10 ruinierten Hochzeitsfeiern
TEXT © Christian Ade
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