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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Oben

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OT: Up
ANIMATION: USA, 2009
Regie: Pete Docter, Bob Peterson
Darsteller: Edward Asner, Christopher Plummer, Jordan Nagai, Bob Peterson

STORY:

Der rüstige Opa Carl, ehemals Luftballonverkäufer, entflieht seiner drohenden Abschiebung in ein Altersheim, indem er mitsamt seinem Haus einfach die Kurve kratzt. Eine ordentliche Anzahl an Heliumballons, die er am Kamin befestigt hat, sorgen für die Flugfähigkeit seines trauten Heims. Doch nicht nur die Flucht vor dem Altersheim ist seine Motivation … er versucht auch, sich damit den Traum zu erfüllen, seinem Vorbild Charles Muntz nachzueifern, ein Abenteurer, der die Welt mit einem Luftschiff erkundet hat.

KRITIK:

Erst vor kurzem durfte ich hier in meiner Kritik zu Coraline darüber lästern, wie heillos zur Zeit Animationsfilme überbewertet werden.

Pixars "Oben" ist ein weiteres Paradebeispiel.

Zugegeben, ähnlich wie Wall-E beginnt "Oben" herrlich melancholisch. Die ersten 20 Minuten, in denen wir in Carls Charakter eingeführt werden und sein Leben im vom Kindesalter bis Heute im Zeitraffer gezeigt wird, sind, mit allen fröhlichen und traurigen Szenen, große Filmkunst. Ein gutes Mittel zum Zweck, um einen tiefgründigen, vielschichtigen Charakter zu schaffen und den Zuseher umfassend in diesen einzuführen.

Dass es hier einem sehr nahe geht, das Leben anderer Menschen so schnell vorbeifliegen zu sehen, in wenigen Bildern all die Hoffnungen und all die ungenutzten Möglichkeiten eines Lebens vorgeführt zu bekommen - großartig.

Auch die weiteren 10 Minuten bis zum "Abflug" deuten auf einen Film hin, der mehr sein will als "Unterhaltung für Groß & Klein", wie Pixar-Filme ja gerne zusammengefasst werden.

Doch es soll wie schon in "Wall-E" nicht sein. Kaum hebt das Haus ab, wandelt sich der Film zu einem typischen Animations-Unterhaltungsschinken ohne jeden Tiefgang. Besonders der unmittelbare, tiefe Fall des Niveaus tut weh.

Was ein toller Film über die Vergänglichkeit des Lebens, über Verlust und dessen Bewältigung, über verlorene Träume und vergebene Möglichkeiten hätte werden können, versandet vollkommen in einer für Animationfilme typischen Allgemeinunterhaltungsstory. Der Kontext zum Beginn des Films wird bestenfalls über typisch-ausgelutschte Lebensberatungsbelehrungen und einer kleinen Dosis Moralisierung für Jedermann aufrechterhalten.

Wo "Wall-E" wenigstens über etwas kreativere Charaktere und ein interessanteres Setting verfügt hat, bekommen wir bei "Oben" sprechende Hunde und einen Bösewicht nach Lehrbuch serviert. In einem Setting wo man die Vorhersehbarkeit der Handlung locker umschiffen hätte können, bekommt man eine Story, bei der sogar 6jährige jeden Braten riechen können.

Nun wäre das alles nicht so schlimm wenn "Oben" nicht mehr sein wollte als es ist. Und wenn Kritiker den Film nicht in den Himmel loben würden oder der Film unerklärlicherweise auf IMDB auf 86 der Top 200 raufgevoted werden würde. Zumindest im Land der professionellen Filmkritik hätte ich keine derartige, undifferenzierte Sichtweise erwartet - doch ein Blick auf Rotten Tomatoes spricht Bände.

Für mich ist das unerklärlich. Abseits des von mir bereits im "Coraline"-Review erwähnten Animationsfilmzuschlages. Hier kommt vielleicht auch noch ein Pixar-Zuschlag hinzu.

Ein Nicht-Animationsfilm (und Nicht-Pixar-Film) mit dem gleichen Strickmuster und einem derartigen Abfall an Niveau und Tiefgang nach 30 Minuten wäre jedenfalls mit Sicherheit in der Luft zerrissen worden. "Seichte Unterhaltung" hätte man es wohl genannt.

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FAZIT:

Auch für "Oben" gilt: kann man sich auf jeden Fall anschauen. Mit Kindern sowieso. Aber die Jubelkritiken zu diesem Film sind derart überzogen, dass ich sie mir einfach nicht erklären kann. Für einen Film, der nur die ersten 30 Minuten wirklich zu überzeugen weiß, kann ich jedenfalls nicht mehr als eine Durchschnittsnote rausrücken.

WERTUNG: 5 von 10 Katzen
TEXT © Bernhard König
Dein Kommentar >>
Mascha | 03.07.2011 21:17
Ich fand auch- die ersten 30 Minuten übertreffen den Rest des Films bei weitem- aber sie übertreffen auch auch die meisten sonstigen Animationsfilme- allein die Szene, wie der Opa die Treppe hinunter fährt hat die Karte wehrt gemacht- und das ist es doch, was ein Film erreichen soll ;) 8 von 10 von mir :P
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Magnus | 23.03.2010 21:31
Gebe Recht was den Qualitätsbruch ab ca 30min angeht. Jedoch erreicht der Film bei MIR sein Ziel. Knapp 90 (?) Min. gute Unterhaltung.
Mhhh... da frag ich mich spontan, WOZU sind solche Filme da? Doch nicht etwa zur UNTERHALTUNG? Mal 90min abschalten, Spaß haben etc.
Also wenn hier Filme wegen ihres Trash-Werts unsinnig viele Punkte bekommen... naja... schon Fragwürdig diese Aussagen.
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Ralph | 22.03.2010 18:02
Gebe dir grundsätzlich recht, Oben hat sich nach dem ersten Drittel in eine völlig uninteressante Handlung verlaufen, aber ich glaube es geschah, weil sie nicht wussten wie sie weitererzählen sollten. Was den Film aber doch rettet, ist meiner Meinung nach sein berührendes Ende mitsamt erbaulicher Aussage: Kinder und Großeltern haben sich viel zu geben. Ist doch schön, oder?
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Federico | 22.03.2010 06:53
5 ist jetzt aber schon zu hart. Vor allem, da im Review immer wieder erwähnt wird, wie großartig der Beginn des Filmes, die Einleitung, etc. ist. Ja, der Film kippt ab der Hälfte in typische familienfreundlich Unterhaltung, jedoch tut er das immer noch mit einem gewissen Niveau (wieder ein Kritikpunkt, den ich nicht mit dir teilen will), aber im Gegensatz zu den gängigen Animationsfilmen (Shrek?) ist OBEN dennoch innovativ, unterhaltsam, technisch einwandfrei und gut. Sich bei einem Film, der, trotz aller Dramatik und Seriösität die er am Anfang mitnimmt, sich hauptsächlich an einem jüngeren Publikum orientiert, darüber aufzuregen, er sei am Ende doch zu "kindisch" - ist, als ob man sich beim König der Löwen am Ende aufregt, warum Simba nicht stirbt. Vorschusslorbeeren hinoderher, ein bisschen Unvoreingenommenheit sollte man schon mitbringen.
Bernhard | 22.03.2010 14:29
Eine 1 bis 10 Skala hat leider den Nachteil, dass der recht große Spielraum sehr schnell dazu führt, dass man alles unter dem oberen Drittel als "schlecht bewertet" empfindet.

5 ist IMHO aber immer noch eine gute Bewertung, nicht umsonst sind das auf filmtipps.at immer noch 3 von 5 Sternen. Und 3 von 5 sieht doch gleich viel positiver aus, oder?

Wall-E habe ich mit 7/10 bewertet. Da ich Oben für doch bedeutend schlechter empfinde, bleibt eigentlich auch nur ein 5/10.

Generell gilt sowieso, sich am besten am Text zu orientieren ... Wertungen sind um einiges subjektiver als es auch ein Review an sich schon ist, und eigentlich nur ein Marketinggag, um Interesse zu wecken. Menschen geben halt gern auf Dinge einen Stempel :)

Wer nebenbei zB auch ein wenig in der Spielebranche Reviews liest, weiß das besonders gut ... ich glaub nicht, dass wir hier demnächst Diagramme wollen, die den Spannungsverlauf während des gesamten Films auf die Minuten hinuntergebrochen darstellen ;)

Von daher ... nicht zu viel Fokus auf die Sternchen oder Pünktchen geben und sich davon irritieren lassen, das ist nur der kleine Gag am Schluss - das Review ist das, was vor der Wertung steht ;)

Disclaimer: alles IMHO, spiegelt nicht zwangsweise die Sichtweise von filmtipps.at als Gesamtes wieder ;)
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Nic | 21.03.2010 23:18
war schon sehr gelungen, auch wenn das reinkommen ein bissi dauert. neben coraline und frog sicherlich der beste animations-film des letzten jahres
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