OT: Pa Negre
DRAMA: E, 2010
Regie: Agustí Villaronga
Darsteller: Francesc Colomer, Marina Comas, Nora Navas, Roger Casamajor
Katalonien, nach dem Ende des spanischen Bürgerkriegs: Eine vermummte Gestalt ermordet den Händler Dionís und lässt ihn samt Pferd und Wagen über eine Klippe stürzen. Der elfjährige Andreu findet die Leiche im Wald und alarmiert die Behörden. Der mächtige Bürgermeister versucht, den Mord Andreus Vater anzuhängen, weil er im Bürgerkrieg auf der Seite der unterlegenen Linken stand und damit ein leichtes Opfer abgibt. Aus Angst um sein Leben entschließt sich der Vater zur Flucht. Andreu steht jetzt allein inmitten einer Verschwörung, in die jeder in seinem Umfeld verwickelt zu sein scheint ...
Ich sehe ja mittlerweile schwarz, dass dieser Film im deutschsprachigen Raum noch das Licht der DVD-Regale erblicken wird. Was jammerschade ist. Zumindest in Spanien ist Regisseur Agustí Villaronga - wohl zum ersten Mal in seiner Karriere - so etwas wie ein größerer Hit gelungen: Das düstere Bürgerkriegsdrama hat 2010 überraschend neun Goyas - die spanischen Oscars - gewonnen und lief mit respektablem Erfolg in den Kinos. Eine späte Würdigung des ebenso störrischen wie kompromisslosen Filmemachers, dessen Werke bislang nur im Fünf-Prozent-Paralleluniversum der Bildstörung- und KinoKontrovers-Kunden wahrgenommen wurde. Dort aber umso heftiger. Ich sage nur: IM GLASKÄFIG.
Im Grunde ist Villaronga sich und seinen Themen treu geblieben: Unterdrückte (Homo-)Sexualität, Lügen, menschliche Niedertracht in allen Schattierungen und der unaufgearbeitete spanische Faschismus vermengen sich zu einem bedrohlich brodelndem Gebräu.
Falls beim Stichwort "spanischer Bürgerkrieg" bestimmte Alarmglocken schrillen sollten: Nein, eine naive Romantisierung des linken Widerstandes ist bei Villaronga nicht zu befürchten. Der Film handelt ganz allgemein von den moralischen Verwüstungen, die ein Krieg in der Zivilgesellschaft anrichtet - und wie er auch die "Guten" korrumpiert.
Inhaltlich ist das grausamer, schwerer Stoff, an dem man hart zu kauen hat. Zumindest mir war nicht bewusst, dass diese barbarischen Hinrichtungen mit der Garrotte (im Film glücklicherweise eh nur im Off) in Spanien bis ins Jahr 1974 (!!) hinein vollstreckt wurden. Trotz aller inhaltlicher Kompromisslosigkeit gibt sich der Film aber insgesamt zugänglicher - und wie man am Erfolg sieht - auch publikumsfreundlicher als je zuvor.
Und genau hier beginnt mein Problem: Anders als die bisherigen Filme Villarongas ist PA NEGRE massiv handlungsgetrieben. Wahrscheinlich liegt es an der Romanvorlage, dass dieser Film mit dem Erzählen gar nicht mehr aufhören will. Alles wird mit Worten erklärt, wo man sich wünscht, der Regisseur würde die Kraft seiner Bilder für sich sprechen lassen. Ich weiß schon, das Gros des Publikums zieht Dialoge dem bildnerischen Erzählen vor. Aber auf katalanisch mit englischen Untertiteln kann das etwas mühsam werden.
Anyway, die Mühe lohnt sich. Wie bei diesem Regisseurs nicht anders zu erwarten, entwickelt auch PA NEGRE eine Sogkraft, aus der es kein Entkommen gibt.
Der katalanische Regisseur Agustí Villaronga, der sich mit abgründigen Meisterwerken wie IM GLASKÄFIG oder EL MAR den Ruf eines skandalumwitterten Bilderstürmers gemacht hat, gibt sich mit seiner letzten Arbeit PA NEGRE / BLACK BREAD zumindest vordergründig gemäßigter. Der Film, ein Mix aus Coming of Age-Geschichte, Familiendrama und Thriller mit Phantastik-Einschlag erzählt von den moralischen Kollateralschäden, den ein Krieg unter der Zivilgesellschaft anrichtet. Die kleine Minderheit an Filmfans, die dem Regisseur einen Altar gebaut hat, bestellt die spanische DVD mit englischen Untertiteln bei Amazon. Durch die mitunter anstrengenden Dialoge muss man einfach durch.