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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Prinzessinnenbad

Prinzessinnenbad

DOKU: D, 2007
Regie: Bettina Blümner
Darsteller: Klara Reinacher, Tanutscha Glowasz, Mina Bowling

STORY:

Der Dokumentarfilm Prinzessinnenbad begleitet drei junge Berlinerinnen ein Jahr lang durchs Leben: Schauplatz ist der multikulturelle Stadtteil Berlin-Kreuzberg.

KRITIK:

Seit Kindergarten-Tagen sind sie beste Freundinnen: Klara, Mina und Tanutscha sind 15 und leben in Berlin-Kreuzberg. Schenkt man gutbürgerlichen Medien Glauben, muss das ja die Hölle auf Erden sein: Hoher "Ausländeranteil" (wie die Kronenzeitung schreiben würde), Arbeitslosigkeit, Gewalt und Drogen wohin man blickt; alle Ghetto-Klischees kompakt vereint. Interessanterweise ist davon im Film wenig zu sehen.

Die 31-jährige Filmemacherin Bettina Blümner hat nämlich keine weitere sozialpornographische Doku-Soap abgeliefert, die "Asis" und Problemfälle vorführt. Ganz im Gegenteil, der Film funktioniert eher als Hommage - beinahe hätte ich Liebeserklärung geschrieben - an den bunten, multikulturellen Stadtteil, dessen Bars, Parks, enge Straßen und das Titel gebende Freibad von der dynamischen Handkamera eingefangen werden. Das Bad heißt in Wirklichkeit übrigens Prinzenbad - und dürfte Kinogängern auch von Sven Regeners "Herr Lehmann" bekannt sein.

Prinzessinnenbad ist ein Film über das Erwachsenwerden. Im Mittelpunkt stehen die drei Freundinnen Klara, Mina und Tanutscha. Offenherzig geben sie Einblicke in ihr Leben, reden über Männer, Freunde, Sex, Weggehen, ihre Träume, aber auch Schwächen und Ängste. Gesprochen wird ziemlich direkt, aber niemals aufgesetzt: "Ich komm aus Kreuzberg, du Muschi". Dieses schöne Zitat von Tanutscha schmückt auch das Filmplakat.

Klara erzählt, dass sie auf Türken steht, obwohl die meist "richtige Arschlöcher" sind. Aber das ist schon ok, denn "Arschlöcher sind sexy". Ihre türkischen Freunde nennt sie gerne "Scheißkanacken", natürlich nur im Spaß, und weil sie es witzig findet, wie sie sich dann "übertrieben" aufregen. Den Kebab-Verkäufer Ferhard, Klaras "sexy Türken" lernen wir im Verlauf des Films auch kennen. Wobei "sexy" ein relativer Begriff ist, sage ich jetzt mal. Aber gut, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden ;-)

Wie eine vierte Freundin begleitet die Kamera das Mädchentrio beim Weggehen, bei ihren Familien, bei den Freunden, beim chatten, stylen und "chillen" (ich hasse dieses Wort ;-). Lesen ist übrigens kein Thema, Fernsehen interessanter weise auch nicht. Auch die Schule scheint eher eine kleine, lästige Nebenrolle im Leben der drei Girls zu spielen.

Wichtiger ist da schon die Musik, die gerne zu zweit, mit geteilten Ohrstöpseln gehört wird: Der HipHop-lastige Soundtrack ist eine Klasse für sich und verleiht dem Film einen angenehmen, entspannten Rhythmus. Glücklicherweise bleibt die klischeehafte "Aggro Berlin"-Scheiße außen vor. Stattdessen gibt's orientalische Beats und - passend zur feministischen Ansage im Titel - Tracks von weiblichen Berliner HipHop-Artists wie Lisi und She-Raw. Cooler Sound also zu einem interessanten Film.

Prinzessinnenbad Bild 1
Prinzessinnenbad Bild 2
Prinzessinnenbad Bild 3
Prinzessinnenbad Bild 4
Prinzessinnenbad Bild 5
FAZIT:

Interessante, spannende und auch witzige Doku über die Lebensrealität dreier fünfzehnjähriger Mädchen in einem sogenannten Berliner "Problembezirk". Einer der großen Publikumsfavoriten der diesjährigen Viennale. Jetzt regulär im Kino.

WERTUNG: 8 von 10 brennenden Zigaretten
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