OT: Rossini
KOMÖDIE: D, 1997
Regie: Helmut Dietl
Darsteller: Götz George, Heiner Lauterbach, Gudrun Landgrebe, Veronica Ferres, Mario Adorf, Martina Gedeck
In einem Schwabinger Edel-Italiener trifft sich die Münchner Schickeria, und das jeden Tag. Ob Nahrungsaufnahme, Geschäftsgebaren, oder Sexualakt - das "Wahre Leben" spielt sich im Rossini ab...
Schande über mich! Einer der erfolgreichsten und medial gehyptesten deutschen Filme der 1990er Jahre und obendrein mit Preisen überschüttet, und ich habe ihn erst jetzt gesehen. Aber ich habe eine Ausrede! Als der Film in die Kinos kam war ich gerademal vierzehn und diese geballte Sexualität (inkl. Veronica Ferres' nackte Brüste) hätte ich damals gar nicht verkraftet. Ehrlich gesagt ist mir jetzt, knappe 16 Jahre später, immer noch nicht ganz wohl dabei.
Nach SCHTONK! (Der Titel basiert auf einem Kunstwort aus Chaplins DER GROßE DIKTATOR) versucht Helmut Dietl auch in ROSSINI irgendwie reale Gegebenheiten zu persiflieren. Diesmal hat er sich die deutsche Kunstszene ausgesucht. So ranken sich, in den unendlichen Weiten des Internets, die Mythen um fiktive Darstellungen real existierender Personen, Orte und Dinge. Von Namen wie: Patrick Süskind, Helmut Dietl selbst, Wolf Wondratscheck und Bernd Eichinger ist zu lesen, sowie vom Beststeller Das Parfum oder dem Gedicht Carmen, aber auch vom legendären Münchner Lokal Romagna Antica. Und vielleicht sind es genau jene Verweise, die Dietls Werk zu etwas hochstilisieren was es eigentlich gar nicht ist, nämlich zu einem guten Film.
Man sollte den Tatsachen ins Auge sehen. Bei ROSSINI handelt es sich um eine seichte deutsche Komödie. Daran kann auch die ab und zu durchkommende, aber weitgehend blasse Gesellschaftskritik nichts ändern. Ebenso wenig wie die vermeintliche Tragik einiger Figuren. Und schon gar nicht die pseudokünstlerisch-intellektuellen Dialoge. Es dreht sich alles nur um Sex, Geld, Macht und Neurosen - immer und immer wieder, dabei wird jeglicher Moment der Tiefe sofort wieder zerstört. Anfänglich könnte man darin noch die gelungene Darstellung der oberflächlichen Bussi-Bussi-Gesellschaft sehen, doch bald schon langweilt diese, einer Tonbandaufnahme diverser Servicecenter ähnelnde Endlosschleife sehr.
Daran kann leider auch das "Who is Who" der deutschen Schauspielriege (George, Adorf, Lauterbach, Landgrebe, Ferres, Król, Liefers, Gedeck, usw.) nichts ändern, deren Leistungen zwar durchaus ansprechend, aufgrund schwach ausgearbeiteter Charaktere, jedoch trotzdem nichtssagend sind. Es gibt zwar einige symbiotische Momente, so z.B. zwischen Götz George und Heiner Lauterbach, oder Veronica Ferres und Meret Becker und doch entsteht kein richtiges Ensemble. Ein Umstand, der wahrscheinlich auch daraus resultiert, dass der Film wohl weniger einen homogenen Handlungsstrang, als vielmehr vereinzelte Szenen zeigt. Was vielleicht von einigen als offene Erzählstruktur angesehen werden möchte, würde ich eher als eklatante Schwächen des Drehbuchs identifizieren. Süskind, dessen Parfum ich als ebenso schwach erachte, möge mir diese Einstufung verzeihen.
Zum Schluss möchte ich dann doch noch eine Lanze brechen und zwar für Gernot Rolls hervorragende Kameraarbeit. Der Mann beherrscht sein Handwerk! Keine unnötigen Zooms, oder Schwenks, keine planlosen Rundumfahrten, dafür aber immer wieder gekonntes Spiel mit Schärfenverlagerungen. Vor allem in Szenen bei denen Kerzen die komplette Ausleuchtung übernehmen und auf Kunstlicht verzichtet wurde, entstehen so wirklich tolle Bilder. Schade, dass auch diese den Film nicht retten können.
Unglaublich gehypte aber dennoch seichte Komödie. Hin und wieder charmante Momente, ermöglicht durch recht akzeptable Schauspieler und teilweise witzige Dialoge. Hervorragende Kameraarbeit, aber eklatante Schwächen bei Drehbuch und Regie. Alles in allem langweilig - trotz oder gerade wegen Veronica Ferres Bekenntnis zum unnötigen Filmnudismus.