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Sasori - Grudge Song

Sasori - Grudge Song

FRAUENGEFÄNGNISFILM: J, 1973
Regie: Yasuharu Hasebe
Darsteller: Meiko Kaji, Masakazu Tamura, Yumi Kanei, Hiroshi Tsukata

STORY:

Nami ist noch immer auf der Flucht vor der Polizei. Dabei findet sie Schutz bei dem ehemaligen Revolutionär Kudo. Als der jedoch in die Fänge der Polizei gelangt, foltern sie ein Geständnis aus ihm heraus und er verrät Matsu.Daraufhin kommt sie wieder ins Gefängnis und ihr Leid beginnt von neuem - doch Sasori lässt sich nicht unterkriegen.

KRITIK:

Grudge Song ist der nunmehr vierte Teil des kongenialen Women in Prison-Klassikers - und gleichzeitig einer der vielleicht wichtigsten Japan-Sexploiter des 70er Jahre Grindhouse-Kinos - um die von Meiko KAJI exzellent in Szene gesetzte Nami Matsushima, genannt Sasori - Skorpion.

Shunya ITO, kreativer Kopf und Regisseur - eine Bezeichnung, die bei der Betrachtung seines Werks fast profan klingt - verließ nach Den of the Beast, dem dritten Teil der Reihe, das Projekt, da er der Meinung war, Matsus Geschichte erzählt und alles wichtige gesagt zu haben.

Das Studio - Toei - jedoch sowie Meiko KAJI wollten weitermachen - wenn man die grandiosen Einspielergebnisse betrachtet, keineswegs verwunderlich.

Um die so entstandene Lücke zu füllen, holte man Yasuharu HASEBE an Bord und warb ihn von den Nikkatsu Studios ab, den Studios bei denen auch KAJI ihre Karriere startete, bevor sie schließlich zu Toei kam.

Für HASEBE stellte die Entscheidung zu wechseln keine große Herausforderung dar, hatten Nikkatsu doch begonnen ihre normale Filmproduktion einzustellen und sich auf Roman Porno - wie Violent Pink ein Sub-Genre des Pinku Eiga - zu konzentrieren, ein Genre, dem er nichts abgewinnen konnte. Meiko ihrerseits hoffte, dass die Strapazen der anstrengenden Drehs mit ITO jetzt der Vergangenheit angehörten.

Von Anfang an war allen Beteiligten und vor allem HASEBE bewusst, dass auch der vierte Teil der Reihe den von ITO geprägten Grundton und Stil der Vorgänger beibehalten sollte und musste.Dafür sah er sich Vol. 3 - den er zuvor bereits privat mit Interesse gesehen hatte - wieder an, studierte ihn und orientierte sich an seiner Erscheinungsform.

Dieser unterschied sich bereits von Jailhouse 41 - Teil zwei der Reihe - und reduzierte die gar avantgardistischen Farbarrangements und die teils Kabuki-ähnlichen Setmontagen auf ein Minimum, jedoch ohne dabei den surrealistischen Charakter der fabelhaften Bildkompositionen und Einstellungen zu verlieren.

Dieser erbarmungslose, hyperwirkliche und düstere Realismus bestimmt das Bild von Grudge Song, wird von gewohnt brillanten Montagen, bedeutungsvollen Farbspielereien und Arrangements unterbrochen, kurzzeitig in den Hintergrund gedrängt, um dann umso unbarmherziger und härter wieder aufzutauchen, und dem Zuschauer einen Schlag in die Magengrube zu verpassen.

Mehr denn je liegt ein nihilistischer Schleier über dem Film, umhüllt ihn, hält ihn unbarmherzig fest im Griff. Nami haben die Jahre der Flucht, der ständige Hass und das Verlangen nach Rache geprägt, gar innerlich zerfressen. Die erbitterte Härte in ihrem Blick ist einer tristen und tiefen Melancholie gewichen, dem einfachen und grundlegenden Wunsch nach Ruhe, einer Konstante in ihrem Leben - bezeichnend hierfür ist die Eingangssequenz einer kirchlichen Trauung, die abrupt von der Polizei gestört wird um Nami zu fassen.

Umso bitterer erscheinen so die wenigen, kleinen hoffnungsschwangeren Momente, in denen selbst Matsu es wagen darf auf Hoffnung zu hoffen. So hat sie zum zweiten Mal in ihrem gesamten Leben Sex, mit ihrer vollen Zustimmung, fühlt sie Hingabe, fast sogar Lust, blüht gar kurzzeitig auf, nur um wieder ihre Blätter zu verlieren, denn wenn bereits alles gestorben ist, findet auch die Hoffnung keinen Nährboden mehr.

Und Nami ist noch immer Sasori - der Skorpion der blitzschnell zuschlägt -, wenn sie bedroht wird füllen sich ihre Augen wieder mit jener stoischen Stärke, die ihr ein Leben aus Leid und Qual gegeben hat, die sie stärker als die Männer um sie herum macht, die dafür sorgt, dass die Polizisten ihr nur in vielfacher Überzahl und nur scheinbar Herr werden können.

Als sie wieder verraten wird, ein weiteres folgenschweres Mal, vereinen sich Nami Matsushima und Sasori, existieren nicht länger nebeneinander, sondern werden zu einer, der selben Person und planen so mit kaltem Kalkül und bezeichnender Ruhe ihre Rache - "Ich habe dich nicht getötet. Sondern die Nami Matsushima die dich geliebt hat!", entgegnet sie Kudo, ihrem Verräter und Liebhaber. Nami hat ihn getötet; sie ist jetzt Sasori und Sasori ist Nami.

Auch die Politik, seit jeher wichtiger Bestandteil und Thema der Sasori-Reihe - die Flucht in die Berge und anschließende Geiselnahme in Jailhouse 41, ist eine direkte Anspielung auf die Flucht von Mitgliedern einer japanischen Terrorgruppe.

Die Stellung der Frau in der japanischen Gesellschaft und ihre Unterdrückung, wird weit weniger offen thematisiert, schwingt jedoch als Grundmotiv der Reihe mit und zeigt immer wieder ihre hässliche Fratze - so zum Beispiel als die Polizeigruppe antritt um eine junge Wärterin zu vergewaltigen und so gefügig zu machen.

HASEBE konzentrierte sich auf andere politische Leitgedanken und nutzte die Studentenrevolten der späten 60er sowie politische und polizeiliche Willkür und Machdemonstration - so erklärt die Gefängnisdirektorin ihren Gefangen: "Um das Volk zu beherrschen, ist das Ritual der Todesstrafe unverzichtbar." - als Grundgerüst.

Und selbst da politische Stellungnahme nie HASEBEs Ziel, sondern stets Stilmittel war, entfalten sich Wirkung und Kritik in vollem Ausmaße und machen Grudge Song sowie die gesamte Quadrologie umso wichtiger.

Das wahrlich ambitionierte und sympathische Label Rapid Eye Movies - spezialisiert auf asiatisches Kino - hat Vol. 4 im Rahmen seiner grandiosen Nippon Classics-Reihe zusammen mit Teil eins bis drei in einer schicken Box veröffentlicht. Als Bonus ist ein extra angefertigtes und interessantes Interview mit Yasuharu HASEBE enthalten.

Sasori - Grudge Song Bild 1
Sasori - Grudge Song Bild 2
Sasori - Grudge Song Bild 3
Sasori - Grudge Song Bild 4
Sasori - Grudge Song Bild 5
Sasori - Grudge Song Bild 6
Sasori - Grudge Song Bild 7
FAZIT:

Grudge Song, vierter und letzter Teil - mit Meiko KAJI in der Hauptrolle - der Sasori-Reihe, mag sich vor allem durch seine etwas differenziertere Betrachtung von Nami/Sasori unterscheiden, behält jedoch Grundton und Stil der Vorgänger - vor allem von Den of the Beast - bei und glänzt so, dank HASEBE, für sich alleine aber auch im Kollektiv.
Scorpion, Jailhouse 41, Den of the Beast und Grudge Song stellen die wohl mitunter wichtigsten Beiträge des Frauengefängnisfilms - vielleicht sogar des gesamten Exploitation-Kinos - dar.Nicht bloß weil ihre Macher in der linken Hosentasche weit mehr Talent mit sich herumtragen als alle Matteis und D'Amatos dieser Welt zusammen, sondern auch weil sie es schaffen, politische und gesellschaftliche Themen mit viel Sex und Gewalt zu einem unterhaltsamen und beeindruckenden Konglomerat zu mischen - genial gespielt von Meiko KAJI; surrealistisch, realistisch und avantgardistisch zugleich in Szene gesetzt.Dieser Tradition fügt Grudge Song auf seine Weise einen Teil hinzu.

WERTUNG: 8 von 10 Galgen
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