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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Shopping-Center King

Shopping-Center King

OT: Observe and Report
WHITE-TRASH-SATIRE: USA, 2009
Regie: Jody Hill
Darsteller: Seth Rogen, Ray Liotta, Anna Faris, Michael Pena

STORY:

In "Shopping Center King" dreht sich alles um Ronnie Barnhardt (Seth Rogen). Seines Zeichens Leiter einer Securityeinheit der Shopping Mall in Forrest Ridge. Ronnie ist etwas dicklich, geht auf den Dreißiger zu, leidet an einer bipolaren Störung, liebt Waffen, Amerika, die Verkäuferin Brandi (Anna Faris, bekannt aus den Scary Movie Filmen), lebt noch bei seiner alkoholkranken Mutter und ist ansonsten ein gewaltgeiler, von Machtfantasien geprägter, grenzdebiler Soziopath. Seine eigenen Defizite versucht er durch faschistoide Gewalt gegenüber Andersdenkenden und Ausländern auszugleichen. Er träumt davon irgendwann ein richtiger Polizist zu sein. Seine beste Gelegenheit sieht er darin, als ein Exhibitionist sich auf dem Gelände herumtreibt. Dieser hat auch noch Brandi belästigt. Von da an schwört sich Ronnie selbst, dass er den Kerl mit allen Mitteln schnappen wird und erhofft sich dadurch bei der Polizei weiterzuempfehlen und nebenbei auch noch seiner Flamme Brandi zu imponieren.

KRITIK:

...der "Kaufhaus Cop" ist für lockerleichte, politisch korrekte Familienunterhaltung durch seine von grundauf sympathischen Charaktere und leicht verdauliche Geschichte durchaus eine Empfehlung für einen lustigen Filmabend mit der Familie geeignet.

Warum ich den "Kaufhaus Cop" hier erwähne? Das ist mehr als deutlich. "Shopping-Center King" wirkt nicht nur optisch von den Plakaten her, der Hauptdarsteller, der Story und fast alles drumherum wie eine dreiste Kopie. Falsch gedacht! Nicht nur dass beide Filme unabhängig voneinander etwa zur selben Zeit gedreht wurden, sind sie beim näheren Betrachten völlig verschiedene Filme.

"The world has no use for another scared man. Right now, the world needs a fucking hero." (Ronnie)

Shopping-Center King ist mal überhaupt nicht ein Film, den man mit seinen Kindern ankucken kann. Er ist eine fast schon bitterböse Satire auf das Redneckdasein und den amerikanischen Traum, der eher einer düsteren Vision gleicht. Ronnie ist ein stolzer Amerikaner, er wünscht sich nichts lieber als eine Dienstwaffe zu besitzen um noch mehr Autorität zu versprühen. Zumindest meint er, er genieße Respekt.

Blind vor Liebe läuft er Brandi nach und bemüht sich bei ihr sympathisch rüberzukommen, doch der Vollidiot bemerkt nicht einmal dass sich hinter der schönen Fassade Brandis ein billiges Proletenflittchen verbirgt. Es kommt sogar so weit, als Ronnie sie mit aller Macht überzeugt mit ihm auszugehen, dass er sie sich besaufen lässt und nachher noch die Blödheit besitzt mit ihr zu schlafen. Wobei es "Daterape" besser definiert, mit gegenseitigem Einverständnis hat das nichts mehr zu tun. Nein, Ronnie ist kein sympathischer Trottel von nebenan. Er ist vielmehr ein totaler Drecksdepp (Sorry, wir Bayern haben das erfunden) und das ist auch Fluch und Segen des Films.

Typisch für eine Komödie ist ein sympathischer Hauptcharakter der zwar Defizite hat, doch immer noch ein toller Kerl ist, dessen Geschichte man gerne verfolgt. Eben wie King of Queens-Star Kevin James in "Der Kaufhaus Cop". Das Pendant mit Seth Rogen wirkt eher wie eine brutale Parodie und ist ein schwierigeres Unterfangen als man vorerst meinen könnte. Dazu tragen die selbstironischen Plakate/Cover und auch der völlig verfälschte Trailer bei (Wobei der unten angehängte die Stimmung des Films ganz gut einfängt). Die Täuschung wäre hiermit perfekt. Dabei ist dieser Film nicht mal richtig lustig, er besitzt sogar dramatische Szenen. Eher zeigt er respektlose "in-your-face"-Szenen. Das liegt an der vulgären Wortwahl, seinen fiesen Situationen und der asozialen Charaktere.

Schon allein das vermeintliche "Love interest" Anna Faris ist das blanke Gegenteil Jayma Mays' (sie spielt Kevin James' Angebete) im achso ähnlichen Film. Die durchaus hübsche Frau ist arrogant, hinterfotzig und eine Schlampe in allen Ehren: kiloweise Schminke, wasserstoffblonde Haare, aufgeblähte Lippen, Prollschleuder und einen Musikgeschmack, dass es einem die Zehennägel aufrollt.

"It's like my mom always said: you can polish a turd, but it's still a piece of shit." (Brandi)

Rogens Figur bietet mehr als zu erwarten ist. Meiner Meinung nach liefert er hier eine sehr gute Leistung ab. Denn Ronnie ist weit unter seinem widerlichen Gemüt doch irgendwie ein guter Kerl. Die Tatsache, dass er noch bei seiner Mutter lebt hat weniger den Hintergrund, dass er einfach ein Verlierer ist. "Do you think father left us because of me?" -"Definitely." Das sind Momente im Film die einen zum Nachdenken bringen können. Wie kann diese versoffene, inkontinente Schnalle die Frechheit besitzen ihm (er war damals noch ein kleiner Junge) die Schuld an der schlechten Situation zu geben?

Ronnie denkt, er sei für die Polizeiarbeit bestimmt und hält sich für einen ganz Großen. Er macht auch die Prüfung um seine Fantasien und seine Begeisterung für Gewalt und Waffen umzusetzen. Gelegentlich deutet er auch auf Leute und tut so, als ob er mit einer Waffe auf sie schießen würde oder lädt imaginär eine Schrotflinte durch. Auch seine Kollegen haben es faustdick hinter den Ohren. Dennis (Michael Pena) lispelt extrem und nimmt seinen Job überhaupt nicht ernst. Er findet ihn sogar lächerlich, auch die anderen Kollegen sind dezent hintergründiger als auf dem ersten Blick.

Später kommt wegen des Nudistenfalls der schleimige Polizist Harrison (Ray Liotta) dazu. Dieser nimmt Ronnie überhaupt nicht ernst und spielt ihm im Verlaufe des Films etwas vor um ihm eins auszuwischen. Liotta spielt wie gewohnt großartig und kann die ausgemachte Drecksau perfekt verkörpern.

Wir ihr lesen könnt, ist es ein recht schwieriger Film. Er ist wesentlich anspruchsvoller als man erwartet und ist geprägt von Figuren die man ganz einfach als Dorftrottel oder arrogante Schnösel bezeichnen kann. Außer die wegen einer Operation am Knie momentan einbeinige Kaffeeverkäuferin Nell. Obwohl sie ihr Chef (King of Queens-Fans werden den Typ kennen) den ganzen Tag mobbt und Ronnie nur zu ihr kommt, weil der Kaffee fürs Personal umsonst ist, behält sie stets gute Laune Ronnie gegenüber. Sie ist die gute Seele des Films. Ihre Szenen geben dem Zuschauer noch einen Funken Hoffnung, dass es doch noch gute Menschen auf dieser Welt gibt. Dass aber diese Dumpfbacke Ronnie es nicht mitbekommt, dass sie für ihn etwas empfindet sorgt für so manchen schmerzlichen Moment und lässt den Zuschauer in Fremdscham verkommen.

"You didn't bring enough pigs to stop me." (Ronnie)

Regisseur Jody Hill wollte hier eine fiese Satire mit einem Hauch von "Taxi Driver" oder "King of Comedy" drehen. Ähnlich wie die Scorsese-Streifen schwört der Regisseur hier auf dreckige Krümeloptik ohne viel Schnickschnack. Gerade das macht seinen Film intensiv, aber nicht ganz so ausgefeilt von der Qualität her. Kann man verzeihen. Ist auch Regisseur Hills zweiter Film, welche auch keine Big-Budget-Produktion ist.

Rogens Figur wird nach dem Absetzen der Temazepam-Tabletten zunehmend aggressiver und sein Verhalten passt von der Brutalität her gar nicht mehr in eine Komödie. Der Volldepp glaubt auch bis zum Schluss, dass seine brutale Vorgehensweise die Richtige ist, selbst wenn es nur ein paar harmlose Skater sind. Das gibt dem Film auch Qualitäten eines Dramas und macht ihn hintergründiger, als man denkt. Und so wie die Vorbilder geht der Film ähnlich zu Ende. Der unvermeidliche Showdown zieht vor allem über die Polizei her. Mit unglaublicher Brutalität schlagen sie auf ihre Opfer ein und sind nachher noch stolz auf ihre Taten. Wobei ich aber sagen muss, dass man sich letztenendes anscheinend nicht traute, dass voll und ganz zu zeigen. Es läuft eher im Hintergrund ab und lässt sich höchstens an den Darstellern erkennen, dass sie noch lädierter als zuvor aussehen.

Was soll das letztenendes aussagen? Sind Rednecks auch nur Menschen? Können sie nichts dafür, dass sie Ewiggestrige sind? Vor allem Ronnie, der potenzielle Amokläufer, der ewige Loser. Er ist ein Verlierer und ist auch noch selbst schuld daran oder einfach nur debil? Das ist die große Kontroverse des Films und macht ihn zu einer Herausforderung die Spaß machen kann. Er benutzt bekannte Themen, zeigt Situationen die selbstverständlich wirken und dieser Film tritt auf diese Sitten und spuckt auch noch darauf.

"Let me ask you something: How much did they get paid to storm Normandy, how much did King Arthur get paid to kill Merlin, how much did they get paid to invent Television? Nothing. They did it because they knew it was right."  (Ronnie)

Shopping-Center King Bild 1
Shopping-Center King Bild 2
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Shopping-Center King Bild 4
Shopping-Center King Bild 5
Shopping-Center King Bild 6
Shopping-Center King Bild 7
FAZIT:

Schwieriger Film. Zeigten auch die Kritiken damals, welche ihn zwar nicht verrissen, aber insgesamt sehr verhalten bis durchschnittlich bewerteten. Ein großer Film ist es auch nicht. Aber ein bitterböser, doppelbödiger Spaß.

WERTUNG: 7/10
Gastreview von Franzlnator
Dein Kommentar >>
Franzlnator | 07.05.2016 09:15
Muchos Gracias! Hab diese Review zwar vor Jahren schon auf ciao.de geschrieben, aber ich hab aktuell wieder Bock was zu schreiben. War nur ein Test, ob ich gut genug bin. :)
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