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Sunshine

Sunshine

SCIENCE-FICTION: UK, 2006
Regie: Danny Boyle
Darsteller: Cillian Murphy,Rose Byrne, Michelle Yeoh

STORY:

Die Sonne stirbt. 50 Jahre in der Zukunft hängt das Überleben der Menschheit, die sich auf der Erde bereits in einem solaren Winter gefangen sieht, vom Erfolg der "zweiten letzten Chance" ab: Ikarus II heißt die Mission, die der Sonne frisches, spaltbares Material einimpfen soll, damit sie neues Feuer entfachen kann. Oder kurzum: Oma Sonne muss dringend ein Herzschrittmacher verpasst werden.

KRITIK:

Freunde gepflegter Science-Fiction-Raumfahrt kamen in den letzten Jahren nicht unbedingt auf ihre Kosten. Hollywood hat aktuell eher die Piratenfilme wiederentdeckt und vernachlässigt sträflich ein Genre, das lange Zeit - zumindest seit Kubricks 2001 - eine hervorragende Melkkuh für die Traumfabrik war.

Zum Glück gibt's aber noch dieses eine vernebelte, sagenumwobene Königreich auf einer weit, weit im Nordwesten liegenden Insel, dessen größtes Problem es ist, welcher Prinz gerade welche leider-nein-Prinzessin in die Wüste schickt. Natürlich bleibt da viel Zeit, eine oder andere Lücke zu schließen, die Hollywood versehentlich mal wieder offen gelassen hat. Aber seien wir uns trotzdem ehrlich: wer hätte einen Sci-Fi-Knaller aus England erwartet?

Und ein Knaller ist dieser Film nicht nur wegen der zierlichen Bombe im Ausmaß von Manhattan, die an der Spitze der Ikarus II befestigt wurde - prall gefüllt mit allem spaltbaren Material, das Mutter Erde noch zu bieten hatte.

Nein, Sunshine ist in der Tat ein durchweg gelungenes Stück SciFi und verspricht 100 Minuten Hochspannung und atemberaubende Bilder. Der Film positioniert sich dabei angenehm zwischen epischer Philosophie (2001) und mainstream-gerechten Heldensagen (Apollo 13). Sunshine ist dabei mit ein wenig von beiden gewürzt, plus einer etwas saftigeren Brise atemberaubender Weltraumaufnahmen a la Mission To Mars.

Diese Kombination geht voll und ganz auf: Regisseur Danny Boyle setzt uns mitten in die Ikarus II - eine eigene kleine Welt, deren bedrohliche Atmosphäre den Zuseher sofort in ihren Bann zieht. Vom eisigen, jetzt wohl mehr weißen als blauen Planeten sieht man nichts - erspart bleiben uns somit mit Pathos überhäufte Abschiedsszenen auf der Erde (wir haben sie wirklich zur Genüge ertragen müssen) - Sunshine begnügt sich mit einer letzten (unbeantworteten) Nachricht des Bord-Physikers Capa an seine Familie. In dieser Szene wird sogleich auch klar, dass die Dialoge ebenso erfreulich entheroisiert wurden - "Hi mom and dad. I hope you are proud of your son - saving mankind and so on!".

Na bitte, und noch nicht mal eine Amerika-Flagge ist zu sehen (nein, auch keine britische). Wenn das kein vielversprechender Anfang ist.

Man soll auch tatsächlich nicht enttäuscht werden: es folgt ein buntes Gemisch aus wirklich wunderschön gemachten Weltraumaufnahmen (wer möchte nach diesem Film nicht selbst mal im Observationsraum den Sonnenlichtregler etwas höher drehen), solider Action, atemberaubender Special Effects und auch eine solide, wenn auch sich nur langsam fortspinnende und sich ausbauende Handlung. Auch auf Charakterentwicklung und die Beziehung bzw. das Verhältnis der Charaktere zueinander wird überraschend viel Wert gelegt.

Als die Ikarus II sich schließlich bereits nahe am Ziel befindet und plötzlich ein Notsignal ihrer verschollenen Vorgängermission empfängt, nimmt das Unheil seinen Lauf. Soll man es riskieren vom Kurs abzuweichen? Natürlich nicht um eventuelle Überlebende zu bergen - vielmehr weil zwei letzte Chancen in Form von zwei Bomben nun mal besser sind als eine letzte Chance, wie Capa es nicht treffender analysieren könnte. Da die Entscheidung vom Captain auch selbigen überlassen wird, ist klar, dass man bei der nächsten Ausfahrt rechts abbiegt. Blöderweise vergisst der Navigator beim Abbiegen auch das Hitzeschild neu auszurichten - und es wird erstmals im Film richtig heiß. Zum Glück korrigiert der Bordcomputer den Fehler rechtzeitig - eine Reparatur des Hitzeschildes ist aber unerlässlich.

Die nun folgenden Außenaufnahmen sind schlicht erdrückend bedrohlich: der zweiköpfige Reparaturtrupp wirkt vor der imperialen Kulisse der Ikarus II schlicht verloren, ja das Schiff selbst wirkt mit seinen riesigen, sich drehenden Kommunikationstürmen im Hintergrund als eine einzige Bedrohung.

Überhaupt ist die Regie von Danny Boyle (Trainspotting) wahrhaft meisterlich. Als Beispiel seien hier nur die Szenen unmittelbar nach Ankunft auf der Ikarus I genannt - jedes mal, wenn während der Durchsuchung des Schiffs eine Taschenlampe direkt in die Kamera leuchtet, wird für einen Bruchteil einer Sekunde ein Bild der alten, vermutlich längst toten, Crew eingeblendet. Dies ist derart perfekt umgesetzt, dass man nach den ersten 2, 3 Einblendungen sich absolut nicht sicher ist, ob man tatsächlich etwas gesehen hat, oder einem der plötzliche Wechsel von Dunkel auf Hell schlicht einen Streich in Form eines Geisterbildes gespielt hat. Besser könnte man das beklemmende Gefühl, das beim Betreten eines seit 7 Jahren verschollenen Raumschiffs wohl entstehen muss, nicht bis zum Zuschauer im Kinosaal hinüberbringen.

Kritik am Film zu üben ist lange schwer: natürlich kann man anmerken, dass ein Bordcomputer, der sich im Sinne des großen Zieles (Erfüllung der Mission) gegen die Befehle der Crew wendet, nun nicht unbedingt die neueste Idee ist und wohl mit HAL 9000 unübertroffen umgesetzt wurde - oder dass das Betreten eines verschollenen Raumschiffs nicht unbedingt zum ersten mal auf der Leinwand zu sehen war (Event Horizon) ... doch man tut dem Film damit unrecht. Die Parallelen sind derart gering, dass man es durchaus auch als Hommage durchgehen lassen kann.

Die Probleme des Films beginnen eher erst gegen Ende: dem großen Finale fehlt es an der Inspiration, die dem Film in den vergangenen 90 Minuten so gut getan hat. Auch verzichtet der Film plötzlich gerade dann auf jede Handlung, als es gerade so richtig interessant werden würde. Stattdessen gibt es nochmal jede Menge Action, Special Effects und - eher harmlose - Splatter-Einlagen. Schade!

Trotzdem ist Sunshine ein Film, den man sich nicht nur als SciFi-Fan merken wird. Dafür sorgen viele überragende Szenen - angefangen vom Observationsraum bis zur Reparatur des Hitzeschilds, das sich zu früh wieder beginnt, in die Sonne zu drehen.

Beachtet man das - im Vergleich zu ähnlichen Hollywood-Produktionen - Micky-Maus-Budget dieses Films von etwa 20 Millionen Pfund, ist es am Ende umso beachtlicher, was man hier serviert bekommt. Neben den erwähnten Special Effects ist noch der äußerst fein und spektakulär ausgearbeitete Dolby Digital-Tonspur zu betonen - dagegen sieht so manche weitaus höher budgetierte Produktion wirklich alt aus. Spätestens wenn man selbst feinste Partikel an seinen Ohren vorbeifliegen hört und man auch noch meint, sie selbst mit geschlossenen Augen zählen zu können, hat irgendein Toningenieur etwas verdammt richtig gemacht - und dem Cineasten in mir geht das Herz auf.

Bleibt zu sagen, dass auch auf wirklich sehr hohen Niveau geschauspielert wird. Allen voran Cillian Murphy als Capa - den ich persönlich für diese Rolle den Oscar schenken würde. Ob er es überhaupt zu einer Nominierung schafft, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Sunshine Bild 1
Sunshine Bild 2
Sunshine Bild 3
Sunshine Bild 4
Sunshine Bild 5
Sunshine Bild 6
Sunshine Bild 7
Sunshine Bild 8
FAZIT:

Würde der Film nicht in den letzten 15, 20 Minuten zu viele Zugeständnisse an das Mainstream-Publikum machen, könnte ich darüber nachdenken, ob er für mich persönlich 9 von 10 Punkten wert wäre - ein Bereich, der meiner Meinung nach eigentlich wirklich anspruchsvollem Material vorbehalten bleiben sollte - und Sunshine ist trotz solider Dialoge, begeisternder Regie und durchaus feiner Story letztlich "nur" ein Actionfilm im SciFi-Genre. So aber liegt die Entscheidung eher zwischen 7 und 8 - und weil es absolut unnötig ist, ein Mainstream-Publikum zufriedenzustellen, das diesen Film in der Mehrzahl ohnehin schon lange vorher abgeschrieben haben wird, fällt die Entscheidung leicht. Trotzdem: für SciFi-Fans ein absolutes Muss, für alle anderen durchaus eine Empfehlung wert. Äußerst unterhaltsam, spektakulär und allerfeinste Regiearbeit.

WERTUNG: 7 von 10 sehr streng vergebenen Punkten
TEXT © Bernhard König
Dein Kommentar >>
Federcio | 11.06.2011 13:18
Grandios. Ich bekomme bei Chris Murphys Soundtrack immer wieder eine Gänsehaut.
>> antworten
Hans-Christian | 26.02.2010 15:16
soo schlecht ist der film wirklich nicht.
Nur das ende.... ist schon ziemlich
unlogisch.So was verdirbt dann den
eigentlichen positiven eindruck.
>> antworten
Wolfgang | 09.05.2007 23:04
Drecksfilm ! Meiner Meinung nach zumindest.
28 days later war dagegen ein Meisterwerk.
Harald | 11.05.2007 21:27
solch "fundierte" kommentare gibt's sonst nur bei film.at ... hast dich verirrt?
Wolfgang | 13.05.2007 19:53
das liegt daran das mir der film es eigentlich nicht wert ist noch mehr meiner zeit dafür im form von kommentaren zu verschwenden.
der versuch die schlechte story durch weitere handlungsbögen aufzubessern ist kläglich gescheitert. spätestens beim versuch lächerliche horrorelemente einzubauen hat der film nur mehr zu lach- aber eher weinkrämpfen geführt.
diese ressorcenverschwendung erhält von mir einen sekundenbruchteil eines lichtjahres.
>> antworten
Patrasch | 22.04.2007 23:23
...also der Film ist wirklich sehr gut gemacht, aber irgendwas fehlt mir gegen Ende...wahrscheinlich eine vernünftige Dramaturgie der Handlung oder ein bisschen Tiefgang.

SPOILER!!!
SPOILER!!!

Hätte ja fast ein Weltall-Apocalypse Now werden können, nur hätte dann die Figur des wahnsinnigen Ikarus I-Typen besser bzw. genauer ausgearbeitet werden müssen... 7,5/10
>> antworten
monika | 21.04.2007 10:43
also ich gebe ohne zu zögern 9 von 10. weil mich ein film schon lange nicht mehr visuell so gefesselt hat, ich schon lange nicht mehr einen so hypnotischen score gehört habe, cillian murphy mich in jeder seiner rollen aufs neue beeindruckt, boyle es schafft trashige genres neues ersthaftes leben einzuhauchen (siehe 28 days later) und seinen (wohl absichtlichen) referenzen unheimlicher respekt anzusehen ist.
ein seltener fall von großen erwartungen meinerseits, die überhauptnicht enttäuscht wurden.
>> antworten