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The Alzheimer Case

The Alzheimer Case

OT: De zaak Alzheimer
THRILLER: B, 2003
Regie: Erik Van Looy
Darsteller: Jan Decleir, Koen De Bouw, Werner De Smedt

STORY:

Wie viele Menschen er wohl umgebracht haben mag? Zehn, zwanzig, hundert oder noch mehr? Wer weiß das schon. Denn er ist ein Profi, schnell, präzise und stellt nicht viel Fragen. Doch auch er hat seine Grundsätze. Als er den Auftrag bekommt, ein kleines Mädchen zu liquidieren, weigert er sich. Dem Mädchen hilft das freilich wenig. Stattdessen trachtet man nun auch noch nach seinem Leben. Darauf beschließt er dem "Abschaum" den Kampf anzusagen und bringt die Leute, die hinter dem Auftrag stehen reihenweise um. Die Polizei ist ihm dabei dicht auf den Fersen, doch das ist nicht sein einziges Problem: Sein Kopf beginnt ihn langsam in Stich zu lassen, er vergisst zunehmend Dinge und kleinere Aussetzer häufen sich ...

KRITIK:

"The Alzheimer Case" beginnt mit einer starken Anfangsszene. Die Kamera fährt auf ein Haus zu, man sieht in eine Wohnung. Ein kleines Mädchen malt dort an einem Bild. Im Hintergrund sitzen zwei Männer an einem Tisch. Einer der beiden wirkt nervös. Sofort beschleicht einem ein ungutes Gefühl, es ist sicher nichts Sauberes was die beiden da machen. Vielleicht erpresst der eine den anderen? Während man als Zuschauer versucht, sich einen Reim auf die Figuren und ihre Beziehung zueinander zu machen, eskaliert die Situation und man findet sich plötzlich in einem düsteren Szenario um Pädophilie und Kinderprostitution wieder.

Nach dem rasanten Einstieg wird es etwas ruhiger. Zumindest für den Anfang. Doch der Einstieg gibt schon ungefähr einen Vorgeschmack auf das, was den Zuschauer erwartet. "The Alzheimer Case" ist ein düsterer Thriller, der aus Belgien zu uns kommt. Und wie viele belgische Filme aus den letzten Jahren, steht "The Alzheimer Case" unter dem Eindruck der Ereignisse, die das Land damals erschütterten. Man denke nur an The Intruder, ein Film in dem ein verzweifelter Mann die Spur seiner Tochter sucht.

War "The Intruder" ein düsterer Trip in das Herz einer verschworene Dorfgemeinschaft, die ein schreckliches Geheimnis zu hüten scheint, führt "The Alzheimer Case" in gehobene Schichten. Der Film zeigt das Porträt einer Oberschicht, in der Dekadenz und die Gier nach Macht alles zu beherrschen scheint. Netzwerke und Freunderlwirtschaft inklusive. In "The Alzheimer Case" sind die Mächtigen aber vor allem eines: erpressbar.

Selbst die Polizei ist oftmals nicht viel besser. Anstelle für Gerechtigkeit zu sorgen, lassen sich Polizisten von persönlichen Motiven wie Rache und kindischem Konkurrenzkampf leiten. Doch das schlimmste ist: Sie meinen es oft gar nicht böse. Sie lassen sich einfach nur von ihren Gefühlen leiten, ohne an das große Ganze zu denken.

Es ist eine kaputte, düstere Welt, die uns "The Alzeimer Case" zeigt. Und inmitten dieser Welt befindet sich Angelo Ledda (Jan Decleir), ein alternder Profikiller. Ledda wirkt auf den ersten Blick wie ein netter, älterer Herr. Er wirkt höflich und adrett. Und doch ist er bereit gegen Geld ihm unbekannte Leute umzubringen, ohne nachzufragen weshalb diese den Tod überhaupt verdient haben. Vermutlich weiß er selbst auch, dass sie ihn meist nicht verdient haben. Doch auch er hat Grenzen. Als er plötzlich mit seiner Waffe einem etwa zwölf jahre alten Mädchen gegenübersteht, strauchelt selbst er. Und wechselt schließlich die Seiten. Er wendet sich schließlich gegen seine Auftraggeber und hinterlässt eine blutige Spur.

Und die Ermittler? Nun, da gibt es einmal Kommissar Vincke, einen der leitenden Ermittler. Dieser fühlt nicht zuletzt aufgrund seiner eigenen Vergangenheit eine gewisse Sympathie für Ledda. Was natürlich gefährlich ist. Er befindet sich zunehmend mehr und mehr in einer Zwickmühle, zumal Ledda mehr und mehr die Nähe von Vincke sucht. Sehr zum Missfallen von Vinckes Kollegen, die Ledda lieber hängen als hinter schwedischen Gardinen sehen würden.

Es ist ein überaus komplexer, vielschichtiger Film, denn Erik Van Looy gedreht hat. Und mit einer Laufzeit von knapp zwei Stunden ist der Film auch recht lang ausgefallen. Doch Langweile kommt trotzdem nicht auf. "The Alzheimer Case" ist ein spannender, nervenaufreibender Thriller geworden. Nur gegen Ende zerrt der Film wirklich an den Nerven. Das liegt aber an dem Spannungsaufbau. Der Film verläuft nämlich nicht ganz nach dem 0815-Dramaturgie-Schema sondern tendiert dazu den Bogen zu überspannen. Soll heißen: Die Spannung steigt, man wartet auf das Finale, es wird immer spannender: Dann die Konfrontation. Der Film geht weiter. Und plötzlich steigt die Spannung wieder an. Und man hat den nächsten Höhepunkt. Und dann gleich noch mal. Das ist ja grundsätzlich nicht schlechtes, doch kann das auf die Dauer doch anstrengend sein. Schließlich fiebert man als Zuschauer ja immer mit und das kostet auf die Dauer einige Nerven.

Dass man bis zum Schluss gebannt vor dem Bildschirm sitzt und mitfiebert, liegt nicht zuletzt an den herausragenden Schauspielern, allen voran Hauptdarsteller Jan Decleir, der wohl so etwas wie eine Schauspiellegende in seiner Heimat zu sein scheint, und das zurecht. Allein seine Mimik ist überwältigend. Wie er die schleichende Vergesslichkeit darzustellen vermag, ist schon eine Kunst für sich. Ihm zur Seite steht kein geringer als Koen De Bouw, der übrigens die Hauptrolle in The Intruder innehatte.

The Alzheimer Case Bild 1
The Alzheimer Case Bild 2
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The Alzheimer Case Bild 6
FAZIT:

Ein gegen das große Vergessen ankämpfender Profikiller kämpft gegen Kinderprostitution. "The Alzheimer Case" ist ein düsterer Thriller, der Spannung und Tiefgang gleichermaßen bietet. Und als ob das noch nicht genug wäre, darf man als Zuschauer auch noch die schauspielerische Glanzleistung von Jan Decleir genießen.

WERTUNG: 8 von 10 Pitas
TEXT © Gerti
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