DRAMA/HORROR: USA, 2016
Regie: Nicolas Pesce
Darsteller: Kika Magalhães, Diana Agostini, Olivia Bond, Will Brill
Ein kleines Mädchen lebt mit seiner Familie auf einer abgelegenen Farm im amerikanischen Hinterland. Eines Tages dringt ein Fremder ins Haus ein. Kurze Zeit später ist die Mutter tot. Der Fremde ist noch da. Und das ist erst der Anfang einer grausamen Geschichte in Schwarz/Weiß ...
"Heite grob ma Tote aus" heißt ein Song des Wiener Liedermachers Voodoo Jürgens. Francisca, so heißt die Protagonistin in THE EYES OF MY MOTHER, wird das Lied wörtlich nehmen. Sehr wörtlich. Kann man ihr aber auch nicht verübeln. Man benötigt nun wirklich kein abgeschlossenes Studium in Küchenpsychologie, um zu ahnen, dass eine junge Frau, dessen früheste Kindheitserinnerung der Mord an ihrer Mutter war, gewisse psychische Auffälligkeiten entwickeln wird.
THE EYES OF MY MOTHER ist der Debut-Film des erst 27-jährigen Regisseurs Nicolas Pesce. Der junge Mann muss diverse Schwarz-Weiß-Klassiker in Endlosschleife gesehen haben. PSYCHO, FRANKENSTEIN und THE NIGHT OF THE HUNTER sowieso, aber auch Abseitigeres wie SINGAPORE SLING oder MANN BEISST HUND.
In gestochen scharfen, kontrastreichen Bildern an der Grenze zur Kunstfotographie erzählt Pesce die Leidensgeschichte einer geschundenen Seele. Nur 76 Minuten läuft dieser Film. Aber was er an Laufzeit spart, macht er an Verstörungs-Potential wett.
Grausame Dinge passieren in THE EYES OF MY MOTHER, und zwar mehrheitlich außerhalb des Kamera-Blicks. Neu ist dieses Konzept ja nicht. Schon in THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE, der ja einst als einer der "ärgsten" Filme überhaupt galt, geschieht das Gros der Gräueltaten off-screen. Ich für meinen Teil muss leider feststellen, dass es Pesce mit den Andeutungen, mit dem Auslagern des Horrors in die Phantasie des Zusehers fast ein wenig übertreibt. Kunsthochschul-Horror halt, könnte man sagen, wenn es nicht so furchtbar abschätzig klingen würde. Für einen Debut-Film legt der junge Mann nämlich ein beachtliches Maß an Selbstsicherheit, Originalität und Stilbewusstsein an den Tag. Die diversen positiven Rezensionen und Festival-Auszeichnungen sprechen für sich.
Auf Silberscheibe veröffentlicht wurde THE EYES OF MY MOTHER beim hochangesehenen deutschen Label Bildstörung. Wie es sich für die Hervorbringungen des Hauses geziemt, liegt auch dieser Blu-ray ein ausführliches Booklet mit einem filmwissenschaftlichen Essay bei.
Psychologischer Horror meets Kunstfotographie, selbstverständlich in Schwarz/Weiß. Erstaunlicher Debut-Film eines erst 27-jährigen Regisseurs, von dem man garantiert noch hören wird. Veröffentlicht beim renommierten Label BILDSTÖRUNG.