BRITPLOITATION / HORROR: GB, USA, 1972
Regie: Pete Walker
Darsteller: Ray Brooks, Jenny Hanley, Luan Peters, Patrick Barr
In einem alten, verlassenen Theater mit dunkler Vergangenheit finden die Proben für ein neues Stück statt. Doch einem Unbekannten scheint das lebens- und vor allem sexlustige Treiben des jungen Ensembles ein Dorn im Auge zu sein. Schon in der ersten Nacht verliert eine Darstellerin ihren Kopf; buchstäblich ...
Da hatte Pete Walker alle Zutaten für einen zünftigen Schlitzerfilm der gehobenen Klasse ja beisammen: Ein düsteres, an einem einsamen verregneten Pier gelegenes Theater. Eine junge Schauspieltruppe, die darin probt. Mit Peter Jessop einen Kameramann, der das düstere Ambiente mit all seinen unheilschwangeren Bühnengängen und morbiden Requisiten, in Szene zu setzen weiß. Und eine Handvoll attraktiver, junger Frauen, die allesamt Nacktszenen haben. Dazu einen Killer, der wie in den Filmen der späteren US-Slasherwelle der 80er die Funktion einer pervertierten, moralischen Instanz einnimmt und die "sündige" Jugend sofort exekutiert; nur weil ihm die ganzen, süßen T & A's (unverständlicherweise) zu wider sind.
Eigentlich hätte Walker ihn schon Anfang der 70er drehen können; den ultimativen im Theater spielenden Splatterfilm. Letztendlich hat den dann der Italiener Michele Soavi geliefert. 15 Jahre später, 1987: STAGE FRIGHT, blutig und atmosphärisch.
Doch wie gesagt; als Walker, die FLESH & BLOOD SHOW (bei uns: IM RAMPENLICHT DES BÖSEN) inszeniert hat, schrieb man das Jahr 1972. Das Slashergenre als solches hat es offiziell noch gar nicht gegeben und Bavas Giallo (und Quasi-Slasherprototyp) IM BLUTRAUSCH DES SATANS war damals auch erst ein Jahr jung. Man tut Walker unrecht, wenn man sich heute hinstellt und seinen Film als langweiligen und blutarmen Mottenkisten-Slasher diskreditiert.
Kein Widerspruch meinerseits. Die FLESH & BLOOD SHOW hält uns vor allem das Blut vor. Die Morde geschehen samt und sonders im Off - was nach heutigem Gusto jeden Schlitzerfilm von Haus aus scheitern lässt. Und ja, die FLESH & BLOOD SHOW wird darüber hinaus tatsächlich äußerst ruhig dargeboten und wurde an vielen Stellen mit zu Nichts führenden Dialogen und Szenen noch unnötig gestreckt. Wahrscheinlich ist dieser Film für den modernen Slasherfan tatsächlich ein nicht zumutbarer Anachronismus.
Doch die FLESH & BLOOD SHOW überzeugt auf anderer Ebene. Sie besitzt ihren ganz eigenen Charme.
Das alte, halbverfallene Theater bietet Raum für einige stimmungsvolle Momente zum Geniessen für alle "altmodischen" Gruselfilmconnaisseure. Es gibt einen abgeschlagenen Kopf, der hübsch makaber drapiert wird. Und es gibt diese gialloeske, irgendwie beklemmende Szene an einem nächtlichen Pier. Dort hat eine dralle Blonde eine unheimliche Begegnung mit einer tuberkolös hustenden, gespenstischen Gestalt in Schwarz.
Auch der Schluss hat was. Die Auflösung des Mörderrätsels wird in Schwarz/weiß und mit der Dramatik eines morbiden Shakespeares vorgetragen. Ich habe mich ein bisschen an den guten alten Vincent Price in seinem THEATER DES GRAUENS erinnert gefühlt; auch wenn letzteres in Farbe war.
Ein junges Ensemble probt in einem Theater, in dem ein sexuell frustrierter Killer umgeht...- Pete Walkers FLESH & BLOOD SHOW bietet viel T&A, aber wenig Kunstblut. Dafür wird er heute gerne als langatmiger, blutarmer Früh-Slasher aus der Mottenkiste verkannt. Zugegeben: Die Morde passieren allesamt im Off und es gibt tatsächlich einige Längen zu beklagen. Doch das halbverfallene, an einer einsamen, stürmischen Küste gelegene Theater hat seinen ganz eigenen düsteren Charme, dann und wann wird's gialloesk und die Damen sind recht ansehnlich. Die Mutter von STAGE FRIGHT ist zwar etwas in die Jahre gekommen, aber immer noch eine gute Gesellschaft für nostalgische Schlitzerfilmabende, in denen der Atmosphäre-Hunger größer als der Blutdurst ist.