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The Killer Inside Me

The Killer Inside Me

NEO-NOIR: USA, 2010
Regie: Michael Winterbottom
Darsteller: Jessica Alba, Casey Affleck, Kate Hudson, Elias Koteas, Bill Pullman

STORY:

Lou Ford (Casey Affleck) ist Hilfssheriff in der texanischen Provinz, ein außergewöhnlich liebenswerter Mann und zugleich ein beinharter Psychopath. Eines Tages bekommt er von seinem Chef den Auftrag, einer Prostituierten (Jessica Alba) auf freundliche Art klar zu machen, dass ihre Anwesenheit in diesem biederen Ort nicht länger erwünscht ist. Lou besucht die Nutte auch tatsächlich. Aber anstatt sie zu verjagen, beginnen die beiden eine leidenschaftliche SM-Beziehung. Dies hindert Lou jedoch nicht daran, seiner Geliebten das Gesicht zu Mus zu schlagen, um einem alten Widersacher eins auszuwischen ...

KRITIK:

Michael Winterbottoms Neo-Noir THE KILLER INSIDE ME basiert auf Jim Thompsons gleichnamigen Pulp-Klassiker und sorgte bereits bei diversen Pressevorführungen für einen Skandal, bei dem zahlreiche Zuschauer vorzeitig den Saal verließen. Den Grund des Anstoßes liefern ähnlich, wie eine Dekade zuvor bei IRREVERSIBEL genau zwei Szenen, wovon die eine sicherlich nicht rein zufällig an die berüchtigste Szene aus Gaspar Noés Skandalfilm denken lässt. - Die (deutsche) Presse warf diesem Film deshalb auch sofort vor, allzu kalkuliert vorzugehen. Dabei ist der Rest des Films jedoch vergleichsweise zahm, was die meisten Kritikerkollegen als "langweilig" bezeichnen. Dies gilt auch für die harten Sexszenen mit Jessica Alba, bei denen den Kritikern zufolge deutlich zu wenig Haut gezeigt wird. - Hä, wie jetzt?

Es ist meiner Ansicht nach schon recht entlarvend, wenn sich zahlreiche Kritiker zuerst über die kalt kalkulierte sensationslüsterne Gewaltdarstellung in THE KILLER INSIDE ME mokieren, um anschließend festzustellen, dass der Rest dieses Filmes vollkommen langweilig sei. Da bekommt man doch sehr stark den Eindruck, dass diese Herren selbst verkappte Gore-Hounds sind, die nicht nur mit sabbernden Maul danach gieren zu sehen, wie (schöne) Körper zerfetzt werden, sondern die anschließend auch noch selbst in unersättlicher Blutgier über das soeben Gesichtete herziehen müssen, um den Filmemacher nun selbst ordentlich in Stücke zu reißen. - Ein Schalk wer da an Scheinheiligkeit denkt...

Aber was haben wir hier eigentlich für einen Film? THE KILLER INSIDE ME ist ein handwerklich herausragend gemachter Neo-Noir, bei dem von der Gestaltung der Eröffnungstitel, über die Besetzung aller wichtigen Rollen, bis zur garstigen Pointe alles stimmt. Zugleich ist dies natürlich auch ein weiterer Serienmörder-Film, der allerdings mit dem von Casey Affleck genial gespielten Lou Ford einen Typ von Serial-Killer präsentiert, wie zumindest ich ihn so noch nie gesehen habe. Und dabei gebe ich ganz freimütig zu, dass ich mir inzwischen schon eine ganze Latte an Serialkiller-Flicks reingezogen habe. Lou Ford ist gerade deshalb ein ebenso widerwärtiges, wie auch faszinierendes Monster, weil er tatsächlich dieser herzensgute Sonnyboy ist, als den ihn in seinem Ort jedermann kennt. Nur hat er eben auch diesen Killerinstinkt in sich, der ihn jedoch normalerweise nicht so einfach überkommt. Stattdessen mordet er aus eiskaltem Kalkül heraus und im Zweifelsfall auch gegen seine eigenen Gefühle, wenn es in seine Pläne passt.

Diese absolute Gespaltenheit eines Killers, der im Zweifelsfall sogar das von ihm Geliebte zerstört, wenn es seinen perversen Plänen dienlich ist, kommt am eindrücklichsten in der einen inzwischen bereits berüchtigten Gewaltszene dieses Films heraus. Oberflächlich gesehen handelt es sich hierbei fast um eine Art von Hollywood-Remake der entsprechenden Szene mit Monica Bellucci in IRREVERSIBEL. Aber während in Gaspar Noés Gewaltdrama der unbedingte Wille zur Zerstörung (einer schönen Frau) schockierte, ist es in THE KILLER INSIDE ME genau umgekehrt: Hier schockiert, wie der Killer trotz seines eigenen Unwillens unbeirrt zur Tat schreitet. Von Lust an der Misshandlung bzw. Tötung kann hier gar keine Rede sein.

Und nachdem uns erst einmal derart eindrücklich vorgeführt wurde, mit was für einem Un-Menschen wir es hier wirklich zu tun haben, genügen in der Folge in der Regel fast beiläufige Anspielungen, um zu wissen, was nun gerade droht bzw. höchstwahrscheinlich gerade (wieder) geschah. Doch der Großteil der Handlung widmet sich eben nicht den vereinzelten Gewaltexzessen, sondern dem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Lou und der stetig wachsenden Zahl der Personen, die ihn zumindest verdächtigen bzw. sich ihm aktiv an die Fährte heften. Dabei ist es zum Teil schon amüsant mit anzusehen, wie Lou trotz seiner immer dünner werdenden Alibis für die ebenfalls stetig anwachsende Zahl an (vermuteten) Gewaltverbrechen stets die Fassung bewahrend nach der nächsten Ausrede bzw. dem nächsten Ausweg sucht.

The Killer Inside Me Bild 1
The Killer Inside Me Bild 2
The Killer Inside Me Bild 3
The Killer Inside Me Bild 4
The Killer Inside Me Bild 5
FAZIT:

THE KILLER INSIDE ME ist ein gelungener Neo-Noir, der auf einen Pulp-Roman von Jim Thompson basiert. Dass dabei keine sensible Psychologisierung eines Serienkillers, sondern ein mehr auf grobe Effekte aufbauendes Stück Pulp-Kino herauskam, war zu erwarten und liegt eindeutig in der Natur der Sache. Trotzdem ist dies insgesamt ein verhältnismäßig leiser und zurückhaltender Film geworden, der seine Spannung und teilweise auch Komik aus der oftmaligen Absurdität gerade kleinerer Momente gewinnt. Die wenigen, oftmals als kühl kalkulierte Tabubrecher-Szenen kritisierten, drastischen Momente braucht der Film jedoch unbedingt, um eben diese Spannung in seinen oftmals dialoglastigen, langsameren Szenen überhaupt aufbauen zu können. Einige werden letzte trotzdem ebenso langweilig finden, wie z. B. die Kollegen von www.dasmanifest.com.

WERTUNG: 7 von 10 perfide Pläne ganzem Fausteinsatz verfolgte perfide Pläne
TEXT © Gregor Torinus
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Nic | 20.05.2011 17:40
finde nicht dass der besonders überzeugend/gut funktioniert. winterbottom in ehren aber das war nix für ihn.
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