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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
The Weather Man

The Weather Man

DRAMA: USA, 2005
Regie: Gore Verbinski
Darsteller: Nicolas Cage, Michael Caine, Hope Davis

STORY:

Dafür, dass er täglich zwei Stunden im Büro auftaucht und vom Teleprompter das Wetter abliest, verdient der Wetterfrosch David Spritz läppische 240.000 Dollar im Jahr. Dass nun eine Stelle bei einer Morgensendung in New York City mit einem Jahresgehalt von 1,2 Millionen Dollar in erreichbare Nähe rückt, erscheint ihm dann auch sogleich wie die Lösung all seiner Probleme. Und derer hat der Moderator so einige ...

KRITIK:

Von der Frau geschieden, die Kinder ohne Respekt, der Sohn ein Kiffer, die Tochter übergewichtig, beim Vater wird urplötzlich Krebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und obendrein kommt es immer wieder vor, dass ihn wildfremde Menschen mit kaum verzehrten und meist sehr klebrigen (mehr oder weniger flüssigen) Fast-Food-Artikeln bewerfen.

Nein, David Spritz' Probleme will man wirklich nicht haben. Er selbst erträgt das alles vorerst jedoch mit außergewöhnlicher Ruhe, die nur wenig mit den Lehren des Stoizismus zu tun hat, sondern vielmehr einer beinah schon pathologischen Apathie geschuldet ist. Bis auf die Krankheit des Vaters sind ihm seine Leiden keine Neuigkeit mehr und so hat sich der Moderator längst an die Bedeutungslosigkeit seines Lebens und sein immerwährendes Scheitern gewöhnt.

Was hier auf dem Papier sehr nach Tragik klingt, dem kann der Film dann folglich auch nicht entgehen. Ja selbst das stets schwer im Magen liegende Thema der Pädophilie wird in einem Nebenstrang behandelt. Durch die schiere Akkumulation solcher Themen wie Krebs, Kindermissbrauch und Scheidung, ergibt sich allzu oft achtsam hin geklatschter Kitsch, dessen einziger Zweck zu sein scheint, das Publikum zu berühren. Dass dieser Film hier trotzdem nie anrührend wirkt und man nie seufzend mit den Augen rollt, liegt zunächst einmal an den Schauspielern, die wunderbar warm wirken in einem Film, dessen Bilder dem eisigen Chicagoer Winter entsprechend stets kühlblau sind.

Zudem wird auch der simple Kniff angewandt, die schweren Themen lediglich anzureißen. In ihrer gleichzeitigen Überspitzung dienen sie so als perfekter Rahmen für die amüsante Beobachtung eines mitten im Leben Steckengebliebenen, der sich partout weigert die Realitäten anzuerkennen. Die besten Szenen des Films sind dann folglich auch die, in denen der Fokus allein auf Spritz liegt und er sich innerhalb seiner äußeren Umstände von Tag zu Tag mit immer neuen Lästigkeiten herumschlagen muss.

So ist er zum Beispiel einmal gezwungen seine 12-jährige Tochter damit zu konfrontieren, dass sie auf dem Schulhof cameltoe genannt wird. Diese Angelegenheit verfolgt ihn immerzu - während er Auto fährt zucken plötzlich gewisse Bilder in seinem Kopf, sein Blick auf die Tochter ist voller Selbstscham. Endlich überwindet er sich und mit gutem väterlichem Gespür lenkt er das Gespräch auf das delikate Thema. Er fragt, ob sie denn wisse, warum sie so genannt werde. Er erhält die verblüffende Antwort, dass Kamelhufe eben hart (tough) seien, sie müssten durch die Wüste und über heiße Steine laufen, und eben deshalb, weil sie auch selbst tough sei, würde man sie so nennen.

Weil ihm das Thema viel zu nah geht und er zudem seine Tochter vor der erniedrigenden Wahrheit schützen möchte, verweigert er sich der Aufklärung. Und der Zuschauer ahnt, dass er damit nur den Weg für weitere Erniedrigungen ebnet und durch sein eigenes kindliches Verhalten das Erwachsenwerden seiner Tochter verhindert. In solchen Szenen wird der Film dann entsprechend stark und findet über leisen, perfekt getimten Humor von seinem oberflächlichen Drama hin zu einer tief zwischenmenschlichen Tragik, in die sich jeder hineinversetzen kann und über die man im Grunde nur lachen kann.

Warum reden die Generationen so zielstrebig aneinander vorbei und wie, zum Teufel, erklärt man einem geliebten Menschen, dass sich im Schritt der Hose ein Kamelhuf abzeichnet? Wie auch Spritz' Vater an anderer Stelle sinngemäß sagt: der schwerste Weg ist meist auch der Beste und im Erwachsenenleben gibt es ohnehin kein Einfach. Uramerikanisch natürlich, dass Spritz sich von seinem zukünftig verfünffachten Gehalt die augenblickliche Auflösung aller Widrigkeiten erträumt.

Dies wird in Spritz zahlreichen und verdammt großartigen Monologen in demselben belustigten Ton der kritischen Reflektion geschildert, wie seine späte Erkenntnis, dass er als dauergrinsender Wetterfrosch selbst nichts anderes ist, als das Fast-Food mit dem er beworfen wird. Nach und nach erkennt Spritz was zu tun ist. Dass der Film dennoch in keiner der zu erwartenden Richtungen endet und sich stattdessen in einer realistischen und dennoch aberwitzigen Mitte positioniert, ist dem Film hoch anzurechnen.

The Weather Man Bild 1
The Weather Man Bild 2
The Weather Man Bild 3
FAZIT:

Ein Wohlfühlfilm für die Realisten, der in seinen besten Momenten aberwitzige Ideen aufweist, die an einen Charlie Kaufmann erinnern. Gespielt ist das natürlich bei diesen Darstellern alles ganz hinreißend. Trotzdem wird der Film von seinem aufgesetzten Drama allzu oft erdrückt.

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Gastreview von Bruno
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