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Too Big To Fail

Too Big To Fail

DRAMA: USA, 2011
Regie: Curtis Hanson
Darsteller: William Hurt, James Woods, Bill Pullman, Paul Giamatti, Billy Cudrup, Tony Shalhoub, Topher Grace, Cybthia Nixon, Matthew Modine,....

STORY:

Too Big To Fail ist eine Verfilmung des gleichnamigen Sachbuches, eine Chronik der Finanzkrise. Der Film erzählt die Geschichte aus der Sicht der damals amtierenden obersten Finanzbeamten der Vereinigten Staaten: des Finanzministers Hank Paulson (William Hurt), des Notenbankchefs Ben Bernake (Paul Giamatti) und des Chefs der New Yorker Notenbank (und jetzigen Finanzministers) Thimothy Geithner (Billy Cudrup).

KRITIK:

Die Finanzkrise lässt nicht locker, auch auf Filmtipps.at nicht. Vielleicht wird aber das Thema irgendwann einmal so inflationär, dass man sich, wie Kollege Harald so treffend beschrieben hat, endlich einmal einer neuen Angst zuwenden kann.

Auf der anderen Seite bietet die Krise eine große Chance, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen und es in Zukunft besser zu machen. Dass in der Realität dann nur eine Minderheit daraus lernen wird, scheinen wir jedoch auch aus der Vergangenheit zu wissen, denn sonst gäbe es solche Krisen nicht seit Menschengedenken.

Aber diejenigen, die dazulernen wollen, haben mit vorliegendem Film eine fantastische Chance dazu. Too Big to Fail als Buch war sicher eine interessante Angelegenheit, aber im Grunde vollkommen trivial und aufgeblasen. Autor Andrew Ross Sorkin hat sicher große Mühen aufbringen müssen, um die Wochen und Monate rund um die Pleite der Lehman Brothers und den Rettungsplan der amerikanischen Regierung zu rekonstruieren, aber diese 600 Seiten beinhalteten auch sehr viel heiße Luft.

Ich hab jetzt schon eine ganze Menge Bücher zu diesem Thema gelesen und das war eindeutig das unergiebigste. Trotzdem trifft hier wieder einmal eine alte Weisheit zu: Schlechte Bücher eignen sich für gute Filme. Filme haben nun einmal nicht dem Komplexitätsgrad, die Dichte und Tiefe von Büchern, das liegt nicht in der Natur des Medium (Serien von The Wire über Twin Peaks bis zu Lost widerlegen das), aber in der Auffassung, dass ein Neunzigminüter dem Menschen gerade noch zumutbar ist. In diesem Fall würde ich das auch unterstreichen, denn der Film hat genau die Essenz aus den eigentlich sinnlosen Ausschweifungen seiner Vorlage herausgepresst.

Was ist also diese Essenz? Nun ja liebe Freunde, die Essenz ist die absolute Machtlosigkeit der Politik im Gegensatz zur absoluten Arglosigkeit der Wirtschaft. Schon der österreichische Ökonom Joseph A. Schumpeter hat, obwohl er kein Marxist war, vorausgesehen, dass der Kapitalismus an sich selber zugrunde gehen werde. Er hat dafür viele Gründe gefunden, aber einer sticht ganz besonders hervor: Im Laufe der kapitalistischen Entwicklung werden nur wenige die Märkte monopolisierende Großunternehmen übrig bleiben. Genau das widerspricht aber der Theorie vom vollkommenen Konkurrenzmarkt, wo die unsichtbare Hand ihre Güter fair verteilt. Es ist soweit. Die Unternehmen (vor allem die Banken) sind so groß geworden, dass der freie Markt sofort kollabieren würde, wenn eines von diesen Schiffen sinken würde. Sie sind einfach zu groß als dass man sie scheitern lassen könnte.

Die dadurch ausgelöste Vertrauenskrise könnte die Menschen dazu bewegen, sich gegenseitig kein Geld mehr zu leihen. Das bedeutet ganz einfach gesprochen, dass ich beim Wirten nicht einmal ein Schnitzel bestellen kann, denn er vertraut mir nicht und glaubt ich kann es nicht bezahlen. Das bedeutet, dass ich meinem Arbeitgeber nicht mehr vertraue meinen Lohn zu zahlen, und folglich nicht mehr arbeite, wodurch aber mein Arbeitgeber wirklich nicht mehr in der Lage ist zu bezahlen.

Liebe Freunde, wir sind genau fünf Minuten vom Untergang unseres Finanzsystems entfernt. Aber ich glaube, die meisten freut das ohnehin. Jedenfalls lässt sich aus diesem Film ganz klar die Problematik erkennen, die wir auch heute jeden Tag im Zuge der europäischen Schuldenkrise haben. Die Politik ist absolut machtlos. Ihre einzig verbliebene Aufgabe ist es das Vertrauen aufrecht zu erhalten. Und sie haben keine andere Wahl, denn Schulden sind immer noch besser als Bürgerkrieg und leere Supermarktregale.

So haben sogar die einander spinnefeind gesinnten Demokraten und Republikaner gemeinsam gegen ihre politischen Überzeugungen (Man hilft Geldsäcken nicht vs. Man greift nicht in den Markt ein) beschlossen den Banken unter die Arme zu greifen. Also ja, das ist ein durchaus spannender Film der für Qualität stehenden TV-Schmiede HBO, mit einer Reihe von fähigen Schauspielern besetzt und von Routinier Curtis Hanson (dem auch hin und wieder einmal ein Meisterwerk auskommt: LA Confidental!) gekonnt in Szene gesetzt.

Und ja, obwohl der Film angenehm subtil ist, spielt er dennoch mit unserer Angst vor dem Systemkollaps. Das mag uns persönlich unangenehm sein, aber ohne diesen Gruselfaktor würde sich ja kein Mensch freiwillig anschauen wie ein paar Geldsäcke mit ein paar Politikern in bestuckten Räumen herumsetzen und stundenlang herumquatschen.

Too Big To Fail Bild 1
Too Big To Fail Bild 2
Too Big To Fail Bild 3
Too Big To Fail Bild 4
Too Big To Fail Bild 5
FAZIT:

Too Big To Fail ist ein weiterer Puzzlestein im Aufarbeitungsmarathon der finanziellen Lage der Welt und bietet die Chance die Geschehnisse rund um den Crash von Lehman Brothers besser zu verstehen. Erlesene Unterhaltung!

WERTUNG: 7 von 10 Chairmen
TEXT © Ralph Zlabinger
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