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Twin Peaks

Twin Peaks

SERIE: USA, 1990
Regie: David Lynch, Mark Frost, Caleb Deschanel, Lesli Linka Glatter
Darsteller: Kyle MacLachlan, Grace Zabriskie, Ray Wise, Sheryl Lee , Lara Flynn Boyle, Sherilyn Fenn, Jack Nance, David Lynch und viele mehr

STORY:

In der idyllischen Kleinstadt Twin Peaks wird Laura Palmer (Sheryl Lee) ermordet. FBI Agent Dale Cooper (Kyle MacLachlan) kommt nach Twin Peaks um den Mord an ihr aufzuklären. Dabei lernt er nicht nur die Stadt Twin Peaks zu lieben, sondern auch ihre skurrilen Einwohner haben es ihm angetan, nicht zu vergessen der verdammt gute Kaffee. Die Lösung des Rätsels stellt sich allerdings als schwieriger heraus als gedacht, denn hier hat jeder Dreck am Stecken und merkwürdige Dinge gehen in Twin Peaks vor.

KRITIK:

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als Twin Peaks über die deutschen Bildschirme flimmerte. Eine Freundin meiner Mutter verfolgte die Serie regelmäßig und immer wenn ich bei ihr war, dann zog mich diese verworrene Geschichte um den Tod eines Mädchens ebenfalls in ihren Bann. Auch wenn ich damals erst acht Jahre alt war und vieles nicht verstand, war ich fasziniert von Twin Peaks. Zu diesem Zeitpunkt war mir natürlich noch nicht bewusst welchem genialen Verstand die Serie entsprungen war und als ich viele Jahre später meine Faszination für David Lynch entdeckte musste ich Twin Peaks einfach nochmal sehen. Umso größer war meine Freude, als die Gold Box Edition erschien, mit allen Folgen plus großzügigem Bonusmaterial.

Unter der Oberfläche der Kleinstadt Twin Peaks lauern Abgründe (Lynchs Spezialgebiet), die im Laufe der Serie immer mehr zutage treten. Wir tauchen immer tiefer ein in diese Welt, lernen die Charakter immer mehr kennen und mit ihnen auch ihre dunkle Seiten. Denn in Twin Peaks hat fast jeder Dreck am Stecken. Der Leitfaden der gesamten Serie ist die Aufklärung des Mordes an Laura Palmer, des Rätsels Lösung. Doch auch hier ist mal wieder der Weg das Ziel. Was uns fesselt ist das immer tiefere Eintauchen in diese Welt mit ihren zwei Seiten. Das Kennenlernen der Menschen, die in Twin Peaks leben, ihre Geheimnisse und ihre verschrobenen Charaktere. Die Aufklärung des Mordes, die Lösung des Rätsel (wie übrigens so oft) würde den Reiz der Serie nur kaputt machen.

Leider geschieht genau das in der zweiten Staffel. Vor allem unter dem Druck des Senders und des Publikums lösen Lynch und Frost das Rätsel und versetzen damit der Serie den Todesstoß. Danach geht es steil bergab mit der Spannung, einige komische Charaktere werden noch eingeführt, können aber die Serie damit nicht mehr retten. Des Rätsels Lösung bedeutet gleichzeitig das Ende für Twin Peaks. Auch wenn sich Lynch und Frost bei der Aufklärung eines kleinen Tricks bedienten, ist danach einfach die Luft raus. Man merkt der Serie auch an, dass sich Lynch bei der zweiten Staffel weitgehend raushielt, der war zur damaligen Zeit mit den Dreharbeiten zu Wild at Heart beschäftigt. Eine dritte Staffel kam nie zustande.

Diese Entscheidung bedauere ich so sehr. Ich mag mir gar nicht ausmalen wie viele Glücksmomente mir Twin Peaks noch hätte verschaffen können, wenn nicht dieser dumme Wunsch des Publikums bestanden hatte, endlich eine Antwort auf die Frage zu bekommen, wer Laura Palmer ermordet hat. Als sie ihre Antwort endlich hatten waren sie kurzzeitig befriedigt und dann maßlos enttäuscht, da sie sich selbst den Genuss dieser grossartigen Serie kaputt gemacht hatten.

Twin Peaks ist und bleibt für mich eine der besten Serien, die jemals produziert wurden. Dass der Großmeister des Skurrilen und Abgründigen, David Lynch, eine Soap Opera fürs amerikanische Fernsehen drehen wollte war für viele kaum vorstellbar. Seine Zusammenarbeit mit Mark Frost erwies sich in vielerlei Hinsicht als Vorteil. Frost hatte bereits Erfahrung mit dem Medium Fernsehen.

Das Ergebnis ist eine Serie, die an Skurrilität, verschrobenem Humor und großartigen Charakteren kaum zu überbieten ist. Gerade wenn man bedenkt was zur damaligen Zeit sonst so an Serien über die Bildschirme des amerikanischen Fernsehens flimmerte (Denver Clan, Dallas, The Bold and the Beautiful), dann ist es umso erstaunlicher, dass Twin Peaks überhaupt eine Chance bekam.

Der Sender ABC lies sich aber von der Idee einer Serie, die das Rätsel um den Tod Laura Palmers aufklären sollte, überzeugen. Der Pilotfilm wurde gedreht und einem Testpublikum vorgeführt. Daraufhin entschied sich der Sender die Serie zu produzieren. Vorerst entstanden sieben weitere Folgen.

Lynch und Frost hatten zwar eine ungefähre Vorstellung davon wohin das Ganze führen sollte, aber vor allem besänftigten sie damit die Fernsehleute. Vieles in der Serie ergab sich erst im Laufe der Arbeit daran (wie es Lynch übrigens oft in seinen Filmen macht). Meist ergeben spontane Ereignisse eine ganz neue Wendung, die Lynch dann mit aufnimmt in sein Werk und es somit in eine ganz neue Richtung lenkt.

In Twin Peaks zum Beispiel kam der Charakter des Killers Bob nur durch einen Zufall zustande. Frank Silva, der Bob spielt, war ursprünglich für das Set zuständig. Er war gerade dabei es vorzubereiten, als Lynch auf eine Idee kam. Er filmte eine Szene mit Silva für die er noch gar keine Verwendung hatte. Bei einer anderen Szene, mit der grossartigen Grace Zabriskie steht Silva etwas unglücklich im Weg, als der Kameramann gerade schwenkt und somit ist Frank Silva ist im Spiegel zu sehen. Für jeden anderen Regisseur ein Grund die Szene nochmal zu drehen, aber nicht für Lynch, er baute es einfach in die Handlung mit ein. Dadurch und durch noch ein paar andere glückliche Zufälle entstand überhaupt erst die Figur des Killers Bob, wie sie heute in der Serie zu sehen ist. Und die Szene ist einfach großartig und jagt einem einen kalten Schauer über den Rücken.

Für die Serienvielfalt, wie sie heute existiert, war Twin Peaks ausschlaggebend. Die Serie war Wegbereiter für zum Beispiel Akte X, die maßgeblich durch Twin Peaks beeinflusst wurde. Endlich bekam das Publikum nicht mehr nur die Nöte der Reichen und Schönen zu sehen, sondern Mystery im Serienformat.

Lynch versuchte noch einmal an den Erfolg von Twin Peaks anzuknüpfen, in dem er den Film Twin Peaks - Fire walk with Me drehte. Der Prequel zur Serie ist. Der Erfolg blieb allerdings aus. Für mich nur verständlich. Der Film schafft es nicht die gleiche Atmosphäre wie in der Serie aufzubauen. Ein weiteres großes Problem: Viele der Darsteller aus der Serie wollten nicht am Film beteiligt sein. Weshalb sie entweder gar nicht auftauchen, oder wie im Fall von Laura Palmers bester Freundin (in der Serie gespielt von Lara Flynn Boyle), einfach durch andere Schauspieler ersetzt wurden. Das ist in meinen Augen ein Unding und kann nicht funktionieren.

Twin Peaks ist David Lynch in Höchstform. Seine Sensibilität für verschrobene Charaktere und Situationskomik kommt hier zur vollen Geltung. Sein Gespür für die Skurrilität die in Alltagssituationen steckt ist einzigartig und seine Liebe für die Abgründe der Menschen, für den Schein unter dem Sein, kommt in Twin Peaks grandios zum Ausdruck. Es gibt so viel zu entdecken und zu deuten. Ein Fest für jeden Lynch-Liebhaber. Unglaublich viele Szenen sind wahnsinnig inspirierend, ich denke da vor allem an die letzte Folge im roten Zimmer. Bis heute für mich ein AHA-Moment und ganz große Kunst.

Twin Peaks ist für jeden Serienjunkie, der nicht auf das Herkömmliche steht, ein Hochgenuss. Tolle Schauspieler, großartige Musik (Julee Cruise, Angelo Badalamenti), eine einmalige Atmosphäre, skurrile, verschrobene Figuren und unglaubliche Situationskomik.

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FAZIT:

David Lynchs Serie Twin Peaks war ein Meilenstein in der Geschichte des Mystery-Serien-Formats und hat auch knapp 20 Jahre später nach ihrer Erscheinung nichts an Faszination verloren. Eine absolute Perle, die durch ihre Charaktere, eine wahnsinnige Atmosphäre, Surrealem und Alltäglichem eine unglaubliche Spannung erzeugt. Das Eintauchen in die Kleinstadt Twin Peaks lohnt sich zu 100 Prozent!

WERTUNG: 10 von 10 verdammt guten Kaffees
TEXT © Nicky
Dein Kommentar >>
Marcel | 26.02.2012 00:35
Meine Lieblingsserie. Und ja, ich mag auch die Staffeln nach der Aufklärung. Übrigens - ein Punkt, warum Twin Peaks nicht wirklich fassbar bleibt: die Geschichte spielt maximal innerhalb eines Monats - aber es ist nie klar, in welcher Jahreszeit. Es könnte Herbst oder Frühling sein, in manchen Episoden vielleicht auch Spätsommer.
hanswurst | 26.02.2012 11:02
welche Stafflen nach der Aufklärung? es gab nur zwei Staffeln und in der zweiten ist die Aufklärung.
Marcel | 26.02.2012 19:10
Ich meinte alles, was kommt, nachdem die Ermittlung an Laura Palmers Tod abgeschlossen ist. Um das Wort Staffel rauszulassen, sagen wir, die zweite Hälfte der Serie.
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