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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Vorname Carmen

Vorname Carmen

OT: Prénom Carmen
EXPERIMENTALFILM: F, 1983
Regie: Jean-Luc Godard
Darsteller: Matuschka Demeters, Jaques Bonnafe

STORY:

Regisseur Jean (Jean-Luc Godard) sitzt in der Nervenheilanstalt. Seine Nichte (Maruschka Demeters) besucht ihn und möchte sich von ihm eine Wohnung ausborgen um einen Film zu drehen. In Wahrheit plant sie mit ein paar Freunden einen Banküberfall und ein paar terroristische Aktionen...

KRITIK:

Regisseur (und mein persönlicher Gott) Jean-Luc Godard "vergodardisiert" also die Oper Carmen. Zur Erinnerung: Ein Wachmann verliebt sich in eine Zigeunerbraut und schließt sich dafür sogar ihrer Schmugglerbande an. Sie spielt jedoch mit seinen Gefühlen, sodass er sie am Ende rasend vor Eifersucht erdolcht. Eine Geschichte wie geschaffen für Revoluzzer. Ein Mensch, der sich der Liebe wegen seinem geregelten Leben entzieht, aber im Endeffekt nicht damit fertig wird.

Hier wird der arme Teufel von einem jungen Polizeibeamten gespielt. Seine Carmen ist entsprechend modernisiert, eine hübsche, äußerst freizügige Studentin, die sich einerseits von niemandem "fangen" lässt, aber mit allen Männern spielt, sogar mit ihrem armen im Irrenhaus sitzenden Regisseursonkel, den sie schon als "unschuldiges" Kind zu manipulieren wusste.

Man stelle sich vor, Godard spielt eine Version seiner Selbst und gibt dann gleich einen ständig Regieanweisungen gebenden, latent pädophil-inzestiösen, nervenkranken Onkel (!).

Genau diese Mischung aus Zynismus und Humor (oder ist das eh dasselbe?) macht diesen Film sehr sehenswert und markiert eine erneute Wende im Schaffen Godards, der sich in den Jahren davor völlig vom Kinopublikum verabschiedet hatte, um inhaltlich und formal revolutionäre (ja, noch revolutionärer als vorher), meistens jedoch niemals aufgeführte Werke zu produzieren.

Mit diesem Film kehrt er ein wenig zu seinen Anfängen und zum Publikum zurück, ganz nach seinem berühmten Motto: "All you need for a movie is a girl an a gun." Herausgekommen ist ein kleiner, feiner, ironischer und bewährt absurder Film, über Liebe, Terrorismus und jugendliche(n) Naivität/Freiheitsdrang, "in memoriam small films" wie am Ende zu lesen ist

Vorname Carmen Bild 1
Vorname Carmen Bild 2
Vorname Carmen Bild 3
Vorname Carmen Bild 4
FAZIT:

Godard as usual, nur ein bisschen derber und freizügiger. Für Godardkenner daher nix neues, aber für Neulinge ein bestens geeigneter Einstieg in Godards Welt bzw. Ausstieg aus der allmächtigen Hollywood-Syntax.

WERTUNG: 7 von 10 Geigenquartetts
TEXT © Ralph Zlabinger
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