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Warfare

Warfare

KRIEGSFILM: USA, 2025
Regie: Alex Garland, Ray Mendoza
Darsteller: Michael Gandolfini, Joseph Quinn, Cosmo Jarvis, Kit Connor, Noah Centineo

STORY:

Ramadi, Irak, 2006: Ein Trupp Navy-Seals dringt in ein Wohnhaus ein, um einen Spähposten zu errichten. Der Feind trägt keine Uniformen, er ist überall, und es dauert nicht lange, bis die erste Granate durchs Fenster fliegt. Dann bricht die Hölle los ...

KRITIK:

Nach der erschütternden Dystopie CIVIL WAR wollte Alex Garland eigentlich nicht mehr Regie führen. Ray Mendoza, der bei CIVIL WAR als militärischer Berater tätig war, erzählte Garland von einem besonders traumatischen Einsatz als Navy SEAL im Irak. "Based only on memories" heißt es im Vorspann zu WARFARE. Der Film beginnt mit einem Videoclip. "Call on Me" von Eric Prydz dröhnt über die Soundanlage, Aerobic-TänzerInnen räkeln und shaken sich auf der Leinwand. Ob das noch sexy oder schon sexistisch ist, interessiert hier niemanden. Eine Gruppe junger Soldaten stimmt sich mit dem Clip auf den Einsatz ein, man kann das Testosteron förmlich riechen.

Szenenwechsel. Die Soldaten schleichen bei Nacht eine heruntergekommene Straße entlang, dringen in ein Wohnhaus ein. Eine Wand muss durchgebrochen werden, eine Familie wird aus dem Schlaf gerissen und sitzt die restliche Laufzeit des Films vor Angst zitternd auf einem Bett. Die Soldaten richten sich in der Wohnung einen Beobachtungsposten ein. Doch sie wissen nicht, dass sie es sind, die beobachtet werden.

Auch wenn im Film relativ lange nichts passiert, ist die Anspannung gewaltig. Weil man weiß, dass hier jederzeit die Hölle losbrechen wird. Der Film zeichnet einen desaströsen Einsatz der Navy SEALs im Irak in Echtzeit und mit größtmöglicher Authentizität nach. Größtmögliche Authentizität bedeutet: Dass die Schüsse nicht abgemischt werden, sondern realistisch klingen. Ohrenbetäubend nämlich. Dass die halb zerfetzten Gliedmaßen eines verwundeten Soldaten echt aussehen. Dass die verletzten Männer viechisch brüllen und dass das Brüllen einfach nicht aufhört, eine gefühlte Stunde lang. Bis die Morphiumspritze endlich wirkt.

Ja, mag schon sein, dass ihr abgebrühten Edgelords da draußen euch echte Kriegsvideos reinzieht und das Gezeigte eh nicht so schlimm findet. Der Autor dieser Zeilen tut das nicht - aus Selbstschutz. Und fand den Film stellenweise tatsächlich unerträglich in seiner Intensität. WARFARE ist möglicherweise der radikalste aller "Krieg-ist-die-Hölle"-Filme.

So immersiv und verstörend der Film auch wirkt, formal ist er brillant gemacht. Alex Garlands Markenzeichen sind sorgfältig komponierte, durchdachte Bilder. Auch im kompletten Chaos, wo alle durcheinander brüllen und gestandene Männer die Nerven wegwerfen, wirkt jede Einstellung wohlüberlegt, jeder Schnitt präzise, jeder Kamerawinkel sinnvoll. Und erst der Sound: Brachial ist gar kein Ausdruck. Ein immersives, körperlich spürbares Kino-Erlebnis, für das es fast schon eine Triggerwarnung bräuchte.

Mich hat der Film jedenfalls noch Tage lang beschäftigt. WARFARE ist einer dieser erschütternden und beklemmenden Filme, die man ein Mal gesehen haben soll und kein zweites Mal mehr sehen will. Was man vielleicht auch soll: Dankbar sein, in der längsten Friedensphase der Menschheitsgeschichte leben zu dürfen. Und sich bewusst machen, dass dieser Frieden von einem rücksichtslosen Diktator bedroht wird. Dessen Anhänger auch hier unter uns leben. Von seiner Propaganda vergiftet werden. Und sein Propagandagift vorsätzlich weiter verspritzen. Wenn sie scheinheilig von "Frieden" reden und Kapitulation (der Ukraine) meinen. Wenn sie alle als "Kriegstreiber" diffamieren außer den Kriegstreiber selbst. Ja, ich meine Euch, ihr Putin- und Wagenknechte am rechten und linken politischen Rand. Ich verachte euch für eure Dummheit und für eure Denkfaulheit, und, ja für eure Niederträchtigkeit. Ich verachte euch dafür, dass ihr nicht verstehen wollt, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist, sondern gesichert und verteidigt werden muss. Dass Verteidigung auch etwas kostet. Vor allem, wenn man von einem Diktator bedroht wird, der auf Expansion drängt und auf Kriegswirtschaft umgerüstet hat. Ich verachte euch dafür, dass ihr seine Propaganda nachbetet und ausgerechnet die westlichen Demokratien, in denen wir seit 80 Jahren in Frieden leben, als Bedrohung für den Frieden seht. Und nicht die faschistische Autokratie, die Nachbarländer bedroht und überfällt. Ich verachte euch, weil ihr die Demokratie verachtet. Und die Diktatur herbeiwünscht. Ich frage mich, wie es dazu kommen konnte: Dass immer größere Teile der Bevölkerung in der Gegenteil-Welt leben, in upside down quasi. Ich wünsche mir für die nähere Zukunft nur eines: Dass das endlich aufhört. Dass zumindest ein Teil dieser Leute irgendwann doch zur Besinnung kommt. Große Hoffnung habe ich freilich nicht, als bekennender Pessimist, was den Zustand der Menschheit angeht.

In diesem Sinne: Ab ins Kino!

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FAZIT:

Nach CIVIL WAR zieht Alex Garland noch einmal in den Krieg: WARFARE ist einer dieser erschütternden und beklemmenden Filme, die man ein Mal gesehen haben soll und kein zweites Mal sehen will. Vielleicht der radikalste aller "Krieg-ist-die-Hölle"-Filme.

WERTUNG: 8 von 10 Morphiumspritzen
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