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Was du nicht siehst

Was du nicht siehst

PSYCHOTHRILLER: D/A, 2009
Regie: Wolfgang Fischer
Darsteller: Ludwig Trepte, Frederick Lau, Alice Dwyer, Bibiana Beglau, Andreas Patton

STORY:

Missmutig hockt der 17-jährige Anton am Rücksitz des schicken Geländewagens, mit dem seine Patchworkfamilie Richtung Bretagne unterwegs ist. Im schicken Ferienhaus packt Paul, der neue Lover von Antons überspannter Mutter, das schicke Mac-Book aus vergräbt sich in die mitgenommene Arbeit. Traumurlaub sieht anders aus. Bis Anton die Bekanntschaft von David und Katja macht, deren sexuell aufgeladene Aura Anton in höchstem Maße anziehend findet. Und bald findet sich Anton in einem Strudel aus emotionaler Verwirrung, gefährlichen Mutproben, subtiler Verführung und erschreckender Gewalt wieder. Wenn das nur mal gut geht …

KRITIK:

Sagen wir's mal so: Einfühlsame Dramen, die einen realistischen Blick in die Abgründe der gequälten Teenager-Seele werfen, sind ja nicht gerade die Kernkompetenz des heimischen Kinos. Nämliches gilt für unheimliche, atmosphärische Psychothriller.

Um so größer die Überraschung. WAS DU NICHT SIEHST überzeugt tatsächlich als düsterer Hybrid aus Coming of Age-Drama und psychologischem Thriller. Okay, zugegeben, es ist kein wirklich österreichischer Film, sondern eine deutsch-österreichische Ko-Produktion (wie im übrigen auch "unser" großer Oscar-Film von 2009). Was aber meiner rein auf Film und sonst gar nix bezogenen patriotischen Freude keinen Abbruch tut.

Vom ersten Augenblick an liegt ein ungutes Gefühl von Anspannung und unterschwelliger Bedrohung in der Luft. Kameramann Martin Gschlacht ("Revanche") findet stets die richtigen für die Gefühlswelt eines verstörten Jugendlichen: Abgründe tun sich da auf in Form der schroffen, steil abfallenden Atlantik-Klippen, ein verwesendes Reh schwimmt in einem pittoresken Moorsee, ein nebelverhangener Wald - der übrigens eher nach Waldviertel als nach Bretagne aussieht, aber egal :-) - droht die Protagonisten beinahe zu verschlucken.

Großartige Naturaufnahmen also und ein Maximum an Atmosphäre, das mir so machen kalten Schauer über den Rücken gejagt hat. Braucht's noch weitere Argumente für den Kinobesuch?

Vergleiche vielleicht? Der Lars von Trier'sche Zauberwald, die schwebende Traumwelt, in der sich auch ein Donnie Darko gemütlich eingerichtet hätte, all das in einem mediterranen, sonnendurchfluteten Setting, das sich dem französischen Thrillerkino zugehöriger fühlt als der möchtegernintellektuell überfütterten Sprödheit so mancher junger heimischer Film-Produktion.

Die Schauspieler wurden mit Bedacht gecastet und fügen sich perfekt in ihre Rolle ein. Vor allem David, dargestellt von Frederick Lau, hat eine unheimliche, bedrohliche Leinwand-Präsenz.

Viel Licht also in einem Film, der auf alle Fälle empfohlen werden muss. Doch wo viel Licht ist, fallen die Schatten umso stärker auf: Es ist jammerschade, dass Regie-Debutanten offensichtlich gezwungen werden, mit prekären Budgets und zweitklassigem Equipment zu arbeiten. Gerade weil hier jemand den Mut hat, auf große, eindringliche Kino-Bilder zu setzen, tut diese billige "Energiesparlampen-Beleuchtung" vor allem in den Nachtszenen fast schon weh.

Und ja, so gut mir das gemächliche Erzähltempo gefallen hat, so wenig hätte ich auch gegen ein paar wirkliche Schock-Momente einzuwenden gehabt. Im (durchaus vorstellbaren) Hollywood-Remake von Alexandre Aja vielleicht …

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FAZIT:

Erwachende Sexualität, Teenage Angst, mysteriöse Begegnungen, Verstörung und Gewalt: Der deutsch-österreichische Thriller WAS DU NICHT SIEHST schlägt ungewöhnliche Töne an und überzeugt (fast) auf ganzer Länge. Warum so etwas gerade mal in 2 (in Worten: zwei) Kinos startet? Gibt es eine Klausel, die es kleinen, ungewöhnlichen Filmen verbietet, Harry Potter Konkurrenz zu machen? Wie auch immer; ihr schaut Euch das jetzt an! Im De France oder Village.

WERTUNG: 7 von 10 narrischen Schwammerln
Dein Kommentar >>
Gregor | 23.07.2011 18:28
eah ene echte Entdckung und Hoffnung für den deutschsprachigen Film. Mehr als die dürftige Beleuchtung störte mich allerdings das dürftige Drehbuch. Aber die Bilder, die Atmosphäre und die Schauspieler machen das wieder wett...
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