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Wir waren Helden

Wir waren Helden

OT: We Were Soldiers
KRIEG: USA/DE, 2002
Regie: Randall Wallace
Darsteller: Mel Gibson, Madeleine Stowe, Sam Elliott, Greg Kinnear

STORY:

Lieutenant Colonel Harold G. Moore führt 1965 die Männer des 1. Bataillons des 7. Kavallerieregiments, 1. Kavalleriedivision (Airmobile) in das abgelegene Ia Drang-Tal um dort Feindkräfte der Nordvietnamesischen Armee zu bekämpfen. Doch die GIs sind zahlenmäßig unterlegen und bald in schwere Gefechte verwickelt. Der Einsatz wird zum Kampf ums Überleben.

KRITIK:

Der Vietnamkrieg ist einer der spannendsten und interessantesten Kriege des 21. Jahrhunderts - sowohl politisch als auch militärisch. Mehr als zwei Jahrzehnte währte der erbitterte Kampf um die Vormacht in Indochina - vom Kolonialkrieg der Franzosen bis zum Eingreifen der Amerikaner und schließlich deren bittere Niederlage. Der längste Krieg des 21. Jahrhundert war der erste kriegerische Konflikt, den die Amerikaner verloren geben mussten. Innen- und außenpolitisch war er für die USA ein einziges Debakel. Viele zehntausende GIs verloren ihr Leben, die Verluste der Gegenseite waren um ein Vielfaches höher, das Leiden der Zivilbevölkerung unermesslich.

Die Amerikaner mussten sich mit der Tatsache konfrontieren lassen, dass sie einen Krieg herbeigeführt hatten, dessen direktes Ziel es war, ein korruptes, unfähiges Regime in Süd-Vietnam zu festigen. Einen Krieg der das ganze Land ausblutete und dessen Auswirkungen noch heute zu spüren sind - bis zu 20% des vietnamesischen Staatsgebietes sind als direkte Folge des Krieges immer noch nicht nutzbar. Mitunter wurden in wenigen Tagen mehr Bomben abgeworfen, als im gesamten zweiten Weltkrieg - das Land wurde komplett umgepflügt. Tonnen des hochgiftigen Entlaubungsmittels Agent Orange zerstörten Nutzfläche und Regenwald, und sorgen noch heute für Fehlgeburten und Behinderungen.

Grauenvolle Massaker an der Zivilbevölkerung, Vergewaltigungen, all das waren nicht die Einzelfälle, als die sie die amerkanische Regierung so gerne verkaufen wollte, sondern die Tagesordnung. Fairerweise gilt es aber auch zu sagen, dass die Gegenseite - reguläre, aber vorallem auch irreguläre Truppen - kaum besser waren und die Zivilbevölkerung kaum besser behandelte. Und auch wenn diese schrecklichen Taten mit nichts zu entschuldigen sind, ist es zumindest nachvollziehbar, wo sie - auf amerikanischer Seite - ihren Ursprung hatten.

Die GIs kämpften in einem Krieg, den sie nicht verstehen konnten - dass sie ihn nicht wollten, lässt sich allerdings nicht behaupten, schließlich war zu Beginn des US-Einsatzes ein Großteil der Bevölkerung für den Krieg. Sie kämpften in einem Land das sie nicht kannten, gegen einen Feind, den sie nicht erkennen konnten und für eine Bevölkerung, die sie nicht im Land haben wollte, und die vom Feind kaum zu unterscheiden war.

Hinzu kamen riesige Verluste in sinnlosen Schlachten. Hügel mussten gestürmt und eingenommen werden, unter unmenschlichen Anstrengungen und auf Kosten der Leben vieler GIs, nur um kurze Zeit später wieder aufgegeben zu werden und dem Feind in die Hände zu fallen - eine dieser besonders tragischen Schlachten wurde im Film HAMBURGER HILL verarbeitet. Vietnam war ein riesiger, nie ruhender Fleischwolf. Desillusioniert, traumatisiert und durch die "Body Count"-Strategie der US-Militärstrategen, bei der militärische Erfolge an der Zahl der getöteten Gegner gemessen wurden, wobei zwischen Feind und Zivilist in den wenigsten Fällen ein Unterschied gemacht wurde, verroht, brach sich die Frustration der Soldaten in den brutalen Aktionen mitunter gegen die Zivilbevölkerung Bahn.

Militärhistorisch betrachtet, war der Vietnamkrieg der mobilst geführte Krieg, den die Welt bis dato gesehen hatte. Um im unwegsamen Gelände Vietnams einen Krieg ohne klare Fronten führen zu können, entwickelte die US-Armee eine neue Taktik um ihre Soldaten in die Einsätze transportieren zu können. Mit Hubschraubern wurden sie in Gruppen an den Einsatzort geflogen, und wurden auf gleichem Wege nachdem getaner Arbeit wieder in die Basis zurückgebracht. Die Mobilität der Truppen, die Erreichbarkeit der abgelegensten Winkel im Feindesland und der schnelle Abtransport von Verletzten, aber auch die Möglichkeit der schnellen Versorgung mit Nachschubgütern waren ein großer Vorteil der US-Soldaten.

Ein entscheidender Nachteil allerdings war die Abhängkeit der Soldaten von den Hubschraubern und der Vesorgung aus der Luft. Musste eine Landezone geschlossen werden, waren die Soldaten auf sich selbst gestellt - von der Unterstützung durch Artillerie und/oder Kampfflugzeuge abgesehen. Genau das passierte zeitweise auch während der Schlacht am Ia Drang-Tal, womit wir langsam aber sicher den Bogen zu Randall Wallaces Kriegsactioner WIR WAREN HELDEN schlagen.

Basierend auf dem Tatsachenbericht WE WERE SOLDIERS ONCE... AND YOUNG, beschreibt der Drehbuchautor der oscanominierten epischen William Wallace "Biographie" BRAVEHEART, das erste große Aufeinandertreffen der US-Armee mit den Soldaten der NVA (Nordvietnamesische Volksarmee). Und eins wird schnell deutlich - ebenso wie die Mehrheit der amerikanischen Gesellschaft ist Wallace ebensowenig bereit, Amerikas großes Trauma Vietnam sinnvoll und selbstkritisch aufzuarbeiten.

Stattedessen wählte er einen pathetischen Ansatz, der den Tod der Soldaten zwar detailliert zeigt, ihn aber durch die Gerechtigkeit der Sache relativiert. Die GIs sterben in dem Flusstal Ian Drang stets den Heldentod, ist er auch noch so elendig - und die klischeebeladenen letzten Grüße an die Frau dürfen natürlich nicht fehlen. Anders als in kriegskritischen Filmen wie FULL METAL JACKET, PLATOON oder HAMBURGER HILL, in denen die Soldaten elendig krepieren und jeglicher Pathos in Blut und Gedärm erstickt.

Nicht, dass die Darstellung der Gefechte, bwz. die Verwundungen und Tode, nicht realistisch wären - soweit das als Außenstehender, der nicht in Vietnam war zu beurteilen ist. Körperteile werden abgetrennt, Phosphorgranaten verursachen schlimme Verletzungen - das betroffene Fleisch wird vom Kameraden gleich mit dem Kampfmesser weggeschnitten -, Napalm verbrennt alles in seiner Nähe, Einschüsse töten oder verkrüppeln die Opfer. All das ist detailliert und realistisch inszeniert - Respekt an das Special Effects-Team -, aber es ist der Gedanke der dahinter steckt, der WIR WAREN HELDEN die Wucht nimmt.

Die Inszenierung ist actionreich, und trotz aller Details erscheinen die Verluste auf beiden Seiten fast so beliebig, wie sie den Entscheidern fernab der Schlachtfelder vorgekommen sein müssen, wenn sie die neusten Body Cound Kill-Listen und Verlustmeldungen vorgelegt bekamen. Nun muss ein Kriegsfilm nicht immer "Anti" sein, aber gerade für Nicht-Amerikaner wird so überdeutlich, wie sehr Wallace das Geschehen und damit den Krieg an sich, im amerikanischen Sinne, umzudeuten versucht - vom schmutzigen, blutigen Handwerk, hin zum Western-Szenario für eine gute Sache. Aber was soll man auch erwarten, von dem Mann der den Angriff auf PEARL HABOR in eine farbgefilterte Wichsvorlage für Patrioten verwandelt hat.

Das wird besonders deutlich anhand der Tatsache, dass Wallace in dem Moment Schluss macht, in dem die Reste des 1. Bataillons des 7. Kavallerieregiments (Airmobile) das Schlachtfeld räumen. Die GIs haben gewonnen, den Feind vernichtend geschlagen, die Kameraden sind für den Sieg ehrenvoll gefallen. In Wirklichkeit bekam die NVA jedoch am Tag darauf ihre Revanche. Als das 2. Bataillon der 7. Kavallerie sich in Marschformation, völlig abgekämpft und ausgelaugt, in eine Sicherheitszone begeben sollte, wurde es von Truppen der NVA überfallen und fast vollständig aufgerieben.

Natürlich ist WIR WAREN HELDEN, wie beschrieben kein Antikriegsfilm, sondern zu allererst ein Actionfilm im Setting des Vietnamkonflikts, und dramaturgisch mag das Weglassen dieses Nachspiels verständlich sein.  Dennoch lässt diese Aussparung die Intention des Films zweifelhaft erscheinen.

Zumal der Film auf Mel Gibson zugeschnitten ist und sich auf ihn konzentriert. Das ist an sich gar nicht verkehrt - in BRAVEHEART oder DER PATRIOT hat das wunderbar funktioniert. Hier allerdings - im von Gibsons Produktionsfirma mitproduzierten Film -, versucht er seine religiösen Überzeugungen zu verkaufen, weswegen er bei jeder sich bietenden Gelegenheit beten darf und sogar die unangenehme Situation meistern muss, dass seine (Film-)Tochter Methodistin werden will. Dieses Element wirkt so aufgesetzt und befremdlich, dass es kaum dazu beitragen kann, die heile Familienidylle vor dem Einsatz zu porträtieren.

Und gerade retrospektiv betrachtet birgt die Rede, die Gibson vor seiner Truppe hält, einen unfreiwilig humoristischen Charakter. Denn während er von der Gleichheit aller Soldaten predigt, dass es egal ist, ob jemand Schwarz, Jude oder Latino ist, drängen sich doch unbewusst Erinnerungen an Gibsons zahlreichen rassistischen Eskapaden auf. Dass diese - auch im echten Leben propagierte - Einheit in der US-Armee der 60er kaum vorhanden war, steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt.

Besonders lobenswert ist indes das gelungene Sounddesign, das den Zuschauer mitten hinein wirft ins Geschehen. Die vorbeifliegenden Kugeln, die Maschinengewehrsalven, Luftangriffe mit Bomben und Napalm - die Wucht der Schlacht wird so förmlich spürbar. Dazu bei trägt auch die sehr gute Kamerarbeit, durch die die Schlachtenszenen detailiert und spannend eingefangen wurden, die aber an die Intensität und Nähe eines FULL METAL JACKET, oder - im weiteren Sinne des Kriegsfilms - die Landungssequenz in DER SOLDAT JAMES RYAN nicht heranreicht.

Zugutehalten muss ich dem Film allerdings seine Detailtreue. Die Abläufe orientieren sich sehr genau an den wahren Geschehnissen und Abläufen, wie sie in der Buchvorlage beschrieben werden. Viele einzelne kleine Szenen und Geschehnisse sind von den Soldaten des 7. Kavallerieregiments genau so erlebt worden – dazu zählen zum Beispiel die Szenen nach dem Napalmabwurf über den eigenen Reihen; die Phosphorgranate, die einem GI brennendes Phosphor ins Gesicht schleudert, das dann mit dem Messer rausgeschnitten werden muss. Sogar die kleine US-Flagge, die die Soldaten auf einen Baumstumpf stecken, entstammt nicht der patriotischen Fantasie Wallaces. Ebenso authentisch ist die Einsatzleistung der Piloten und auch der Einsatz des Reporters Galloway, der sich mit den GIs ins Gefecht begeben hat.

Aber, obwohl die Vorlage nicht kriegskritischer ist, was sie oder der Film auch gar nicht sein müssen, ist sie... nennen wir es realistischer und bodenständiger. Von Moore geschrieben, konzentriert sich das Buch nicht so sehr auf Moore, sondern auf die Soldaten – im Gegensatz zu WIR WAREN HELDEN, der Mel Gibson zu sehr in den Mittelpunkt rückt. Das Kämpfen und Sterben im Ia Drang-Tal wird – obwohl aus der Sicht der GIs erzählt – nicht zum Heldenmythos verklärt – diese Untertöne schwingen nur in der Verfilmung mit, vermutlich um dem amerikanischen Publikum gerecht zu werden. Die brutalen Kämpfe werden nüchtern, aber mitreißend beschrieben, enthalten sich aber größtenteils einer Wertung – selbst einige Offiziere der Gegenseite kommen zu Wort, denn Moore und Galloway sprachen mit ihnen, als sie ihr Buch schrieben. Und das ganz ohne Groll, denn Soldaten starben auf beiden Seiten.

In diesem Sinne: "Dead or alive, we will all come home together. So help me, God."

Wir waren Helden Bild 1
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FAZIT:

WIR WAREN HELDEN ist ein durchaus gekonnt inszenierter Vietnamkriegsfilm, der auf Kosten einer realistischen Schilderung der Ereignisse zu sehr auf Action setzt, und statt einer filmischen Aufarbeitung, eine pathosreiche, heile Kriegswelt zu zeichnen versucht. Ein authentischerer, weniger schönfärberischer und pathetischer Blick auf die Schlacht hätte den Soldaten, die im Ia Drang-Tal litten und fielen, sicherlich mehr zur Ehre gereicht, als das patriotisch überhöhte Schlachtengemälde, das sowohl den Krieg selbst, als auch die Welt der Heimatfront, mitunter bizzar entstellt und den Vietnamkrieg zur John Wayne-Nummer erklärt.

Letztlich bleibt ein sehr spannend inszenierter Kriegs-Actionfilm, der viel mehr aus seinem Thema hätte machen müssen.

WERTUNG: 7 von 10 improvisierten Mörserkühlungen.
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