ZOMBIE: USA/MT, 2013
Regie: Marc Forster
Darsteller: Brad Pitt, Mireille Enos, Daniella Kertesz, Ludi Boeken, Fana Mokoena, James Badge Dale
Gerry Lane sitzt nichtsahnend beim Frühstück. Die Bilder im obligatorischen Küchen-TV einer amerikanischen Kleinfamilie deuten ansatzweise darauf hin, was da noch kommen wird. Wenig später befindet sich der ehemalige UN-Sonderbeauftragte auf einer mörderischen Reise um den Globus. Sie dient dazu "Patient Null" ausfindig zu machen, um so der drohenden Pandemie vielleicht Einhalt zu gebieten ...
"Daddy, what's martial law?"
Das Notstandsrecht, so erklärt der italienische Philosoph Giorgio Agamben, erweise sich in der Politik der Gegenwart immer mehr als das herrschende Paradigma des Regierens. Erstaunlicherweise steht Gerry Lanes (Brad Pitts) Erklärungsversuch, beim Ausnahmezustand handle es sich um Spielregeln die für alle gelten würden, im direkten Näheverhältnis zu Agambens Definition. Weil ich Agamben gelesen habe, befürchtete ich also in den ersten Filmminuten schon das Schlimmste. Entweder würde das jetzt einer dieser pseudokritischen Verschwörungsfilme sein, oder aber die USA würden wieder einmal die Welt retten.
Als wenig später die gesamte US-Regierung für tot erklärt wird, fiel mir ein Stein vom Herzen! Der Film erzählt zwar eine klassische Heldengeschichte, aber wenigsten ohne dabei in einen überpolitischen Pathos zu verfallen. Die UN, beziehungsweise der stellvertretende Generalsekretär Thierry Umutoni (Fana Mokoena), in seiner Rolle als "Schirmherr" für Lanes Aktivitäten, tangiert, wie alle Charaktere außer eben Gerry Lane, die Story kaum und scheint beinahe notwendig um den Protagonisten auf seine Reise zu schicken und darin vorantreiben zu können.
Diese fängt zunächst einmal richtig atemberaubend an, denn der Film verzichtet auf lange Erklärungen und geht sofort in die Vollen. Dass dabei eine komplexe Handlung und die konsequente Ausarbeitung von Charakteren auf der Strecke bleiben, scheint klar und ist WORLD WAR Z aufgrund der exzellenten visuellen Arbeit zu verzeihen. Denn jedes Mal wenn Lane seine Tour des Grauens fortsetzt, macht sich die Kamera zu ungeahnten Höhenflügen auf. Marc Forster inszeniert hier Massenpanikszenen auf allerhöchstem Niveau. Immer wenn man denkt, das müsste jetzt eigentlich die Totale sein, erweitert sich das Bildfeld noch ein Stück und so entstehen wahre "Weltuntergangspanoramen". Auch innerhalb der sonstigen Actionsequenzen funktioniert die Bildsprache weitgehend sehr gut, das Publikum weiß jedenfalls (trotz oder gerade wegen nachträglicher 3D-Konvertierung) immer wo es hinzuschauen hat.
Dadurch fangen aber auch die Probleme des Films an aufzufallen. Der geübte Zombiefilm-Seher hat eben ein Auge dafür, wann das Blut spritzen sollte. Blut? Organe? Rollende Köpfe? Abgerissene Arme? Oder gar ein wenig Gore? Das alles sucht man in WORLD WAR Z vergeblich - verdammte PG-13 Freigabe! Die ganzen Schnitte mussten wahrscheinlich sein, um ein finanzielles Desaster abzuwenden, dafür sind sie auf künstlerischer Ebene der (Beinahe-) Tod. Denn auch trotz Verzicht auf solche "Horror-Schmankerln" hätte es der sinistren Thematik des Films - immerhin droht die pandemische Apokalypse - gut getan, etwas zu schockieren. So aber ist Forsters Film als reiner Actionblockbuster einzustufen, der sich zwar an klassischen Zombieschockern orientiert, jedoch in keinem Augenblick an diese heranreicht.
Immerhin vermag es Brad Pitt, innerhalb seiner "Tour de Force" - wer hätte das gedacht - weitgehend zu überzeugen. Er spielt seine Rolle als liebender Familienvater, der auch mit einem eklatanten Zombieproblem umgehen kann, weitgehend glaubhaft, ohne dabei übertrieben hart oder ausufernd gefühlsduselig zu wirken. Auch ohne ausgefeilte Hintergrundgeschichte ist der ganze Film generell auf Pitt und somit Lane ausgerichtet. Dieser Figur wurde die vollste Aufmerksamkeit des Regisseurs und der Drehbuchautoren zuteil - leider zu Ungunsten anderer Charaktere, wie zum Beispiel Karin Lane (Mireille Enos), Segen (Daniella Kertesz) oder Jurgen Warmbrunn (Ludi Boeken), die zu reinen Statisten verkommen. Irgendwie erinnert die Dramaturgie von WORLD WAR Z an ein Computerspiel, in dem der Protagonist keine Beziehungen zu seinen Helfern aufbaut, sondern diese nur benötigt um ins nächste Level aufsteigen zu können.
Zusammengefasst kann Pitts und Forsters Werk als funktionierendes Popcorn-Kino eingestuft werden, das sich durchaus anzusehen lohnt. Allerdings nur im Kino! Eine große Leinwand ist nämlich für die Entfaltung der geballten Bildgewalt essentiell notwendig. Und auch nur als Unterhaltungsfilm! Wer sich nämlich atmosphärische Horrorelemente, schockierende Szenen oder düstere Stimmungen erhofft, ist hier leider fehl am Platz.
WORLD WAR Z entlehnt sich zwar einige Elemente von klassischen Meilensteinen des Zombiegenres, reicht aber niemals an diese heran. Betrachtet man ihn als reinen Unterhaltungsfilm, ist er aufgrund der phänomenalen "Weltuntergangspanoramen" und der treibenden Handlung durchaus sehenswert. Erwartet man sich aber einen atmosphärischen Endzeitfilm oder düsteren Zombieschocker, ist das Geld für Kinokarten anderswo sicherlich besser angelegt.