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Wrong Turn 6: Last Resort

Wrong Turn 6: Last Resort

HORROR: USA, 2014
Regie: Valeri Milev
Darsteller: Sadie Katz, Roxanne Pallett, Anthony Ilott, Aqueela Zoll, Rollo Skinner

STORY:

Danny erbt aus heiterem Himmel ein abgelegenes Sanatorium irgendwo in den Wäldern West Virginias. Um sich den neuen Besitz anzuschauen, beschließt er mit ein paar Freunden für einige Tage dort abzusteigen.

Doch das Erbe hält noch einige Überraschungen für die ganze Truppe bereit...

KRITIK:

Zwei Jahre nach dem fünften Teil der nicht kaputt zu kriegenden Kannibalen-Reihe war es wirklich langsam an der Zeit, mal wieder ein paar menschliche Schnitzel in die abgelegenen Wälder des amerikanischen Hinterlands zu verfrachten. Da die Verantwortlichen der Studios mit Declan O'Brien wohl nicht mehr zufrieden waren, wurde das Kreativteam ausgetauscht um etwas neuen Schwung reinzubringen. Vermutlich war einer der Gründe auch, dass er eigentlich bloß gröbsten Schwurbel fabriziert hatte. So nett ich den Kerl auch finde, das lässt sich leider nicht leugnen.

Den Wechsel des Kreativteams merkt man WRONG TURN 6 bereits nach kürzester Zeit deutlich an. Nicht zwangsläufig am Setting, der Atmosphäre oder rein filmisch. Auch nicht daran, dass das Kannibalen-Makeup jetzt besser aussehen würde - was es definitiv nicht tut. Das ist es alles nicht. Man merkt ganz deutlich, dass Declan O'Brien ersetzt wurde, wenn man den Zähler mitlaufen lässt. Ganze 2:30 Minuten dauert es nun nämlich bis die erste weibliche Darstellerin ihre dralle Pracht in die Kamera halten darf. In WRONG TURN 5 hatte das noch keine Minute gedauert.

Aber, bloß nicht verzagen, denn auch wenn man sehr viel länger auf nackte Haut warten muss - und 2:30 Minuten sind schon verdammt lange, wenn's um Möpse geht -, so bekommt man als Wiedergutmachung dafür potentiell mehr gratuitous nudity als noch in den vorherigen Filmen. Zum einen machen sich hier wirklich alle weiblichen Darstellerinnen früher oder später nackig - keine Sorge, die alten Damen der Seniorenresidenz nicht. Zum anderen sind diese Szenen weitestgehend über den gesamten Film verteilt, so dass es immer was zu gucken gibt.

Ansonsten bleibt jedoch erstmal alles beim Alten. Eine Gruppe junger Leute - der Quotenkiffer darf natürlich nicht fehlen und die Weiber sind alle naturgeil - fahren ein paar Tage raus in ein altes Sanatorium und sind dort abgeschnitten von der Außenwelt. Die Kannibalen haben also leichtes Spiel. Soweit, so Teil 4. Doch keine Sorge, WRONG TURN 6 benutzt zwar im Grunde das Setting des vierten Teils, spielt dieses aber anders aus. Allerdings nicht, ohne bei der Gelegenheit noch einmal an der Herkunftsgeschichte der Kannibalen zu schrauben.

Jetzt ist es bei WRONG TURN ja generell so, dass bei den Studios bisher niemand dafür verantwortlich gewesen zu sein schien darauf zu achten, dass das Franchise eine konsistente Hintergrundgeschichte bekam. Während man im ersten WRONG TURN noch nichts über die Vergangenheit der Kannibalen-Tüpen erfährt, schusterten die Macher von Teil 2 die Geschichte von der umweltverseuchenden Fabrik zusammen, um zu erklären, warum auf einmal eine ganze Familie degenerierter Menschenfleischliebhaber durch die Wälder zog. In WRONG TURN 4 wiederum, der als Prequel konzipiert war, wurden One-Eye, Saw-Tooth und Three Finger irgendwo in der Wildnis gefunden und in ein Heim eingewiesen - schienen also die einzigen ihrer Art zu sein. Im sechsten Teil wird vieles davon nun zusammengeworfen und um einige - eher unlogische - Details erweitert, ohne wirklich einen Brückenschlag zwischen den verschiedenen Versionen zu erstellen. Im Endeffekt hat Frank H. Woodward einfach nur seine eigene Version zum Pantheon an Herkunftsgeschichten hinzugefügt.

Dass diese nicht ohne einige Logiklöcher auskommt, dürfte sich von selbst verstehen. So stellt sich natürlich die Frage, wie es sein kann, dass Teile der Familie ohne genetische Mutation auskommen, obwohl sie sich doch ausschließlich inzestiös vermehren. Immerhin erklärt das, wieso der Vater aus Teil 2 völlig normal aussieht, jedoch nicht, wie das funktioniert. Auch wie es dazu kam, dass Danny weitab der Wälder in der Zivilisation aufgewachsen ist, bleibt ein Geheimnis Woodwards. Näheres dazu erfahren wir nicht. Auf die Frage, wieso die Polizei nicht auf die Idee kommt und sich im Sanatorium umsieht nachdem schon mehrere Leute dort verschwunden sind - was vielleicht eine bessere Lösung wäre, als Wildfremden eine Vermisstenanzeige in die Hand zudrücken -, will ich gar nicht weiter eingehen. Der Arm des Gesetzes hat sich WRONG TURN ja noch nie von seiner kompetenten Seite gezeigt.

Das alles liest sich jetzt vermutlich schlimmer als es ist. Klar, die zahlreichen Logikbrüche sind nicht zu leugnen und fallen auch auf. Aber seien wir ehrlich - welcher (Backwood-)Slasher kommt schon ohne aus? Eben. Wichtiger ist doch, dass Woodward eine trotz allem spannende und für sich genommen durchaus noch nachvollziehbare Geschichte erzählt. Dabei schafft er es sogar, dass diese zumindest teilweise von den Figuren selbst getragen wird. Vor allem Danny und seine Freundin Toni haben eine gewisse Tiefe und sind fernab der klischeehaften Abziehbilder, mit denen O'Brien uns zu "erfreuen" versuchte. Im Endeffekt sind wir was die Protagonisten betrifft also sehr viel näher an WRONG TURN als an einem der Sequels. Dass die restliche Truppe zwar nicht ganz platt daher kommt, aber letztlich doch aus Archetypen wie "Der Kiffer" und die "Geile Schlampe" besteht, ist zu verschmerzen. Immerhin ist es möglich sie auseinanderzuhalten - und damit hatte ich ja gerade bei WRONG TURN 4 so meine Probleme - und bei dem ein oder anderen fiebert man sogar mit.

Dass es trotz einiger Ausrutscher fast durchweg spannend bleibt, ist aber auch der durchaus ansprechenden Regie von Valeri Milev zu verdanken. Noch ist seine imdb-Filmographie, mit gerade mal drei Einträgen, recht überschaubar, aber ich denke in Zukunft kommen noch Einige mehr dazu – wünschen würde ich es ihm jedenfalls. Nach ganz großem Kino sieht WRONG TURN 6 zwar nicht aus, steht aber deutlich über der Direct to DVD-Konkurrenz. Einige schöne Einfälle und nette Kameraspielereien machen deutlich was her und auch wenn es manchmal arg platt wird, ist das alles weit weg von "bloß abgefilmt".

Kinematographische Finesse hin oder her, das wichtigste an einem WRONG TURN-Film sind immer noch die derben Splattereien. Und die sind auch diesmal wieder nicht von schlechten Eltern, wenn auch nicht so fies wie noch in den Filmen zuvor. So bekam WRONG TURN 6 eine FSK-18 Freigabe und eine ungeschnittene deutsche Veröffentlichung – somit die erste seit Teil 1 oder anders ausgedrückt, die erste seit 11 Jahren. Die Matschereien sind wie gesagt durchaus nicht übel und zum Großteil sogar echte Handarbeit. Jedenfalls was den Gore angeht, Splatter wurde leider wieder einmal mit CGI verhunzt. Beides zusammen fügt sich allerdings ganz gut zusammen und fällt daher nicht übermäßig negativ auf. Gerade der erste Mord gefällt mir sehr gut und ist handwerklich 1-A umgesetzt.

Etwas peinlich wird es gegen Ende, wenn die Kannibalen den Kiffer als menschlichen Wasserballon missbrauchen, aber ein bisschen spätpubertärer Humor hat schließlich noch niemandem geschadet. Wieder einmal fällt auf, dass der Kannibalen-Aspekt, der WRONG TURN eigentlich ausmachte, etwas ins Hintertreffen geraten ist und die Opfer kaum verspeist, sondern hauptsächlich einfach sadistisch und möglichst brutal ermordet werden – im Gegensatz zu Teil 5 wird auf die eine oder andere Weise dennoch immer wieder auf diesen Umstand hingewiesen.

Von schauspielerischer Seite gibt es – wer hätte das geglaubt – nicht wirklich was zu bemängeln. Sadie Katz als durchgeknallte Inzest-Nutten-Schwester spielt überzeugend, auch wenn sie im Finale etwas arg dick aufträgt. Anthony Ilot spielt einen angenehm ruhigen, wenig aufdringlichen Danny. Er trägt den Film recht locker auf seinen Schultern. Als seine Freundin spielt Aqueela Zoll, von der ich gerne noch mehr sehen würde – nicht das, was ihr wieder denkt. Das hab ich schon im Film gesehen, hrhr. Vom Rest der Truppe darf man nicht allzu viel erwarten, aber ihre Rollen geben eben auch nicht allzu viel her. Es gibt erstaunlicherweise wenig Overacting oder sonstige Totalausfälle.

In diesem Sinne: „Du wirst in mir sein. So oder so!“

Wrong Turn 6: Last Resort Bild 1
Wrong Turn 6: Last Resort Bild 2
Wrong Turn 6: Last Resort Bild 3
Wrong Turn 6: Last Resort Bild 4
Wrong Turn 6: Last Resort Bild 5
Wrong Turn 6: Last Resort Bild 6
FAZIT:

Die letzten drei WRONG TURN-Fortsetzung waren ja schon ziemliche Rohrkrepierer, wobei WRONG TURN 4 immerhin noch etwas überzeugen konnte. Glücklicherweise stampften die Studios die Reihe nicht ein, sondern sorgten für einen Wechsel hinter der Kamera, was die richtige Entscheidung war. Das neue Team sorgt für frischen Wind und schafft es das Franchise von der miefigen „5 Sekunden Titten, sinnfreier Gore und null Handlung“-Prämisse der Vorgänger wegzuführen. Natürlich hat auch diese Geschichte viele Logiklöcher und trägt nicht unbedingt zu einer einheitlichen Hintergrundgeschichte bei, aber alles in allem erzählen Woodward und Milev eine im Kern spannende Geschichte, bei der getreu dem WRONG TURN-Franchise nicht sicher ist, dass das Final Girl auch das Finale des Films überlebt. Mitfiebern sei also erlaubt, was durch halbwegs nachvollziehbare Figuren auch gar nicht allzu schwer fällt. Garniert mit reichlich gratuitous nudity und einigen derben Splattereien steuert die Reihe mit WRONG TURN 6: LAST RESORT endlich wieder in die richtige Richtung.

WERTUNG: 7 von 10 kannibalistisch-genialen Geschäftsideen.
Dein Kommentar >>
Nic | 30.03.2015 21:23
unglaublich wieviele sequels in so kurzer zeit gedreht wurden. das stellt jede andere filmreihe des genres in den schatten! argh.
>> antworten
1 | 30.03.2015 01:19
Eigentlich gute Seite mit interessanten Besprechungen.
Nur in deutschsprachigen Texten etwas von "gratuitous nudity" zu schreiben, ist wirklich nicht mehr an Peinlichkeit zu überbieten.;)

Solche Vergewaltigungen der Sprache fallen mir hier in letzter Zeit in gehäufter Form auf und sollten dringend unterlassen werden, wenn man sich selbst nicht der Lächerlichkeit preisgeben möchte.

Die Unfähigkeit (ß) sich in seiner Muttersprache adäquat auszudrücken, ist schon bedenklich.
1 | 30.03.2015 01:20
Unfähigkeit (?)
Harald | 30.03.2015 10:34
Erstmal Danke fürs Feedback und fürs aufmerksame Lesen unserer
Texte.
Ich bin selbst kein großer Freund von Anglizismen, würde mich aber
andererseits auch nicht drüber künstlich aufregen. Schon gar nicht
über Begriffe, für die es keine adäquate deutsche Übersetzung gibt.
Oder willst du, dass das Final Girl "Letztes Mädchen" heißt, aus
Continuity "Fortsetzungsstimmigkeit" wird, das Storyboard zum
"Geschichtenbuch" mutiert, und den Filmtitel hier deutschen wir ab
besten auf "Falsche Abzweigung" ein. Und schon sind wir im RTL2-
Land.
Mr. Majestyk | 31.03.2015 13:20
Also hier in "Preußen" haben wir durchaus sinnvolle Übersetzungen wie Kontinuität oder überflüssiges Entblößen. Es geht durchaus auch anders, wenn man denn will.

Aber da ja eh keiner mehr will und es die Mehrheit nicht interessiert, warum dann Ihr.

Storyboard lasse ich gelten, die meisten vermeintlich feststehenden Begriffe sind einfach nur schleichend übernommen worden.
Nicht umsonst ?Principiis obsta?, aber wahrscheinlich ist es ohnehin bereits viel zu spät.

Johannes | 31.03.2015 13:44
Ich verzichte in Zukunft wohl doch besser auf den Ausdruck "gratuitous nudity". Dann kann der auch nicht mehr als "überflüssige Nackheit", und damit falsch, gedeutet werden. Überflüssig ist die Nackheit ja in keiner Weise. Grundlos trifft es da eher und der Ausdruck ist in diesem Zusammenhang auch gleich positiv besetzt. Denn einen Grund sollte es nicht geben müssen, um nackte Frauen zu zeigen. ;)

Ich persönlich ärgere mich auch, in z. B. der cinema von Movies, Fights und Fightern lesen zu müssen, da wir im Deutschen die schönen Worte Filme, Kämpfe und Kämpfer haben. Aber gratuitous nudity, genau wie Sleaze, Sexploitation oder Trash, sehe ich eher als etablierte feststehende Begriffe. Schließlich sind diese Art Filme ja internationales Kulturgut und die Begriffe in Besprechungen weitläufig bekannt. Aber natürlich können wir in Zukunft auch schmieriger Film (oder schmieriges Setting etc.), Sex-Ausbeutungsfilm oder Müllfilm schreiben. Bloß liest sich das nicht so schön.

Aber gut, ich werde mich jetzt erstmal zurückziehen, ein Röstbrot essen, ein paar Seiten mit meinem Lichtbildabtaster abtasten und mich anschließend dafür schämen unsere Sprache vergewaltigt zu haben. Ich gelobe Besserung...
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