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Am Anfang war das Licht

Am Anfang war das Licht

DOKUMENTARFILM(?): A, 2010
Regie: P.A. Straubinger
Darsteller: Pater Josef Banz, Ute Baumgarten, Rüdiger Dahlke

STORY:

Die Esoterik-Dokumentation von Ö3-Filmchef P.A. Straubinger geht der Frage nach, ob es Menschen gibt, die völlig ohne zu essen und trinken (über)leben können, um diese auch gleich mit einem fetten JA zu beantworten.

KRITIK:

Das ist ernst gemeint.

Die Anwesenheit von Alf Poier und den Science Busters bei der Premiere ist daher auch nicht als Höflichkeitsbesuch unter Arbeitern der Spaßbranche zu werten.

P.A. Straubinger beherrscht sein Handwerk, aber er beherrscht es nicht besonders gut. Schon möglich, dass sich manch einer bei gelassener Berieselung von den vorgestellten Phänomenen beeindrucken lässt, aber schon mit ein wenig Konzentration wird die Manipulation schnell evident.

Es ist in erster Linie bemerkenswert, was in dieser Dokumentation alles fehlt. Er spricht von vielen Fällen von Lichternährenden in der Geschichte, auf allen Kontinenten, in allen Religionen, um dann nicht einmal eine Handvoll als Beispiele zu bringen. Auffällig ist auch, dass er es mit zehn Jahren Recherche nicht fertig bringt, wirklich skeptische Gegner seiner Hypothese zu finden. P.A. Straubinger behauptet immerhin, dass es Menschen gibt, die nicht Essen und Trinken müssen, jahrelang, jahrzehntelang.

Das wäre an sich leicht zu beweisen, wenn sich nur eines der gezeigten Exemplare dieser menschlichen Perpetua Mobilia ordentlich untersuchen ließe. Die meisten lehnen das bewusst ab, weil sie ja niemandem etwas beweisen müssen. Sie machen das für sich, es reicht ja zu glauben. Ein sehr religiöses Argument. Manche der vorgeführten Hungerkünstler, wie z. B. eine schwer übergewichtige Russin mit daraus resultierenden, motorischen Defiziten, sind ganz offensichtliche Gaukler. Da nützt es auch nichts als Beleg eine Kirlian-Fotografie (!) vorzulegen, die die dicke Frau als kerngesund ausweist, obwohl sie behauptet seit 10 Jahren nicht zu essen und zu trinken.

Schlussendlich gibt es doch zwei Freiwillige die sich zum Schaufasten unter ärztlicher Kontrolle für ca. zehn Tage in ein Spital legen. In dieser Zeit essen sie nicht und trinken angeblich auch nichts. Aber das reicht als wissenschaftlicher Beweis einfach nicht aus. Der Zeitraum ist viel zu kurz im Vergleich zu der Behauptung 75 Jahre nichts zu sich genommen zu haben. Die Weltrekorde im Fasten (inkl. trinken) liegen übrigens bei ca. 50 Tagen.

Die dergestalt als wissenschaftliche Beweise abgefeierten Studien werden mit abtrünnigen Schulmedizinern und bekehrten Skeptikern untermauert. Vollends lächerlich wird es gegen Ende der Dokumentation aber als das CERN in Form eines Pressevideos (wie es wohl hier runtergeladen werden kann) mit dem Hinweis auf die Quantenphysik als Zeuge ins Spiel gebracht wird.

Spätestens an diesem Punkt entlarvt sich P.A. Straubinger als plumper Propagandamaschinist, der einerseits gerne seinen wissenschaftlichen Zugang betont, aber dann hin- und hergerissen ist zwischen einer Maskierung des Phänomens als Glaubensfrage (Sinngemäße Argumentation in der Diskussion nach der Premiere: Beweise eigentlich unnötig, weil Glaube reicht.) und schlichter Verunglimpfung wissenschaftlicher Methodik:

"Das ist leider auch meine Beobachtung, dass die klassische Naturwissenschaft wie eine Religion funktioniert; du hast die Päpste, du hast die heiligen Schriften, du hast die Eliten, die beschließen, was wissenschaftliche Wahrheit ist und was nicht - völlig unabhängig, von dem was in Wirklichkeit passiert.”
(aus einem Interview in The Gap)

Die Dokumentation ist v.a. deswegen dennoch sehenswert, weil sie uns vor Augen führt, dass wir in der Beweisführung von schwer erklärbaren Phänomenen eben doch den ganzen Weg gehen müssen. Diese an einem gewissen Punkt abzubrechen und zu behaupten es ginge eigentlich um etwas ganz Anderes, um geheime Energien und Felder zwischen Himmel und Erde, den Nachweis, dass es eine verborgene, mystische Welt gebe, usw. usf., ist genau der billige Ausweg mit dem uns die Religionen seit Jahrhunderten versuchen dumm zu halten: Es gibt Dinge, die unbeweisbar sind, aber du kannst ja einfach daran glauben.

Wir müssen den Rattenfängern entgegentreten.

Sapere Aude.

Am Anfang war das Licht Bild 1
Am Anfang war das Licht Bild 2
Am Anfang war das Licht Bild 3
Am Anfang war das Licht Bild 4
Am Anfang war das Licht Bild 5
Am Anfang war das Licht Bild 6
Am Anfang war das Licht Bild 7
Am Anfang war das Licht Bild 8
FAZIT:

Kann man jahrelang ohne Essen und trinken überleben? Diese Doku glaubt die Antwort JA zu kennen und bleibt doch jeden stichhaltigen Beweis schuldig. Aber wer braucht schon Beweise, wenn man einfach daran glauben kann? Sehenswert als besonders schillerndes Beispiel von esoterischer Propaganda im pseudowissenschaftlichen Mantel, die dem Zuseher die manipulativen Praktiken des "esoterisch-religiösen Komplexes" deutlich vor Augen führt.

WERTUNG: 5/10
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Dein Kommentar >>
Bernhard | 23.09.2010 12:10
Hervorragende Kritik/Analyse, Niko sollte öfter mal Gastreviews für filmtipps zur Verfügung stellen ;)
>> antworten
patrick | 22.09.2010 22:20
Wer an die Schulmedizin glaubt, der ist naiv und wurde an einer Gehirnwäsche unterzogen.
Dieser Film grenzt sich von allen Dokumentarfilmen ab.abzustempeln was nicht
Ralph | 28.09.2010 10:27
Aber an Lichtfressen zu glauben ist weniger naiv, oder wie?
>> antworten
armin | 18.09.2010 22:15
Da du erwähnt hast, dass die Science Busters bei der Premiere waren, würd's mich interessieren, ob sich Prof. Oberhummer zum Film geäußert hat. Wie seine Meinung zu Themen wie Homöopathie und Schüsslersalzen ist konnte man ja schon auf lustige Weise bei den SB hören.
>> antworten
Nic | 18.09.2010 16:01
der is sicher witzig..wird angesehn!
>> antworten