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Die Insel der blutigen Plantage

Die Insel der blutigen Plantage

DEUTSCHPLOITATION: D, 1982
Regie: Kurt Raab
Darsteller: Udo Kier, Barbara Valentin, Karen Lopez, Mike Monty, Peter Kern

STORY:

Der ehemalige Nazi Otto Globocnik hat es sich auf einer paradiesischen Südseeinsel gut eingerichtet. Als Diktator von eigenen Gnaden herrscht er mit eiserner Faust und mithilfe seiner untreuen Gattin, der "blutigen Olga" (Barbara Valentin) über eine Hundertschaft an weiblichen Untertanen, die er auf der titelgebenden Plantage Sklavenarbeiten verrichten lässt. Als der Wachtmann Hermano (Udo Kier) sein Herz an die Inselschönheit Cora verliert und die Frauen bei einem Fluchtversuch unterstützt, bricht die Hölle los …

KRITIK:

Die Insel der blutigen Plantage stellt das sympathische Unterfangen einer Handvoll ehemaliger Fassbinder-Weggefährten dar, einen billigen deutschen Exploitation-Kracher auf den Philippinen zu drehen, ordentlich Kasse zu machen und das Geld später in echte Kunstfilme zu investieren.

So war zumindest der Plan. Leider kam alles anders.

Schon bei der Ankunft in Manila musste Produzent Peter Kern (ja, dieser Peter Kern) feststellen, dass von den örtlichen Produktionspartnern übel abgezockt wurde. Das versprochene Set war nicht errichtet, der angeheuerte Regisseur unfähig, die lokale Produktionsgesellschaft pleite, das Essen salmonellenverseucht und und die Behörden feindselig.

Die Dreharbeiten arteten in ein Chaos aus, das den albtraumhaften Erfahrungen, die Francis Ford Coppola auf den Philippinen durchgemacht haben soll, durchaus nahe kam - und von Regisseur Peter Raab, der den gefeuerten einheimischen Regisseur ersetzte, in einem Tagebuch festgehalten wurde. Kostproben - entnommen aus dem Booklet der DVD:

"Wir können nicht mehr auf der Insel drehen, weil deren Besitzer uns erpresst mit neuen, sehr hohen Drehgebühren."

"Ein Taifun nähert sich. Wolkenbrüche."

"Der Special Effects-Mann kann keine Explosionen machen, weil er vergessen hat, Dynamit zu kaufen."

"Der Generator, einzige elektrische Quelle auf der Insel, explodiert. Wir sind mitten in den Szenen, die in der Nacht spielen. Ausfall für zwei Tage."

"Am vorletzten Drehtag ein Erdbeben. Todesangst ..."

Spätestens seit der Dokumentation LOST IN LA MANCHA kommt mir ja jeder jemals fertig gestellte Kinofilm wie ein Wunder vor. Dieses Wunder deutscher Autorenfilmkunst muss man sich vorstellen wie eine Kreuzung aus APOCALYPSE NOW und Francos FRAUENGEFÄNGNIS - minus Budget des Ersteren und minus allzu misogyner Exzesse des Zweiteren.

Auch wenn das Versprechen eines spekulativen, simpel gestrickten Unterhaltungsfilms mit hinreichend Sex und Gewalt weitgehend eingelöst wurde, konnten die deutschen Autorenfilm-Buddies doch nicht ganz über ihren Schatten springen. Das Ergebnis ihrer redlichen Bemühungen, im asiatischen Dschungel die deutsche Sau rauszulassen, wirkt immer noch irgendwie kunstvoll: Die Farben strahlen in sattestem Technicolor, die Kameraarbeit ist solide, die Bilder Cinemascope, die Darsteller namhaft, die Dialoge angemessen hart, aber irgendwie herzlich.

Es ist nämlich so, dass die Liebe der Grausamkeit in die Quere kommt und am Ende das Gute über das Böse siegt. Nach 84 kurzweiligen Minuten ist der Kraut-Exploitation-Trip auf die Insel auch schon wieder zu Ende, und meine Filmliste um eine Kuriosität reicher …

Die DVD ist 2002 beim Schweizer Label MEDIA WITH CLASSICS (Vertrieb: Splendid) erschienen, gilt mittlerweile als Rarität und kann noch bei beyond-media.at bestellt werden. Garniert wird die rundum erfreuliche Veröffentlichung mit einem umfangreichen Booklet und einem höchst sehenswerten Interview mit Peter Kern.

Die Insel der blutigen Plantage Bild 1
Die Insel der blutigen Plantage Bild 2
Die Insel der blutigen Plantage Bild 3
Die Insel der blutigen Plantage Bild 4
Die Insel der blutigen Plantage Bild 5
Die Insel der blutigen Plantage Bild 6
Die Insel der blutigen Plantage Bild 7
FAZIT:

Rarer, unter chaotischen Bedingungen auf den Philippinnen heruntergekurbelter Kraut-Exploitation-Kracher, angerichtet von den ehemaligen Fassbinder-Weggefährten Peter Kern und Kurt Raab. Ein Kultfilm, wie man so schön sagt.
In diesem Sinne: "Ich hasse stumpfsinnige Vögeleien!"

WERTUNG: 7 von 10 tödlichen Spinnenbissen
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Dein Kommentar >>
Chris | 11.12.2010 01:46
"DIE INSEL DER BLUTIGEN PLANTAGE - Sadistische Desperados haben auf einer paradiesischen Südseeinsel ein Sklavencamp errichtet und beuten Hunderte von wehrlosen Mädchen rücksichtslos aus..."
Kaum zu glauben, dass solche Trailersprüche mal durch deutsche Kinosäle hallen durften...: )
Klasse Review, Klasse Trailer, unschlagbarer Filmtitel und ein in punkto Rollenwahl wie immer willenloser Udo Kier. Guilty Pleasure!
Harald | 11.12.2010 14:47
Danke ;-)
Was den Trailer anbelangt, fürchte ich, dass früher oder später ein Sittenwächter den Verstoß gegen die puritanischen YouTube-Regeln melden wird :(
Chris | 11.12.2010 15:40
Ja, ist echt ein Kreuz mit diesen selbsternannten Moralaposteln. Und wenn sie mal abends in Wien Ubahn fahren würden, würden sie sehen, zu welchen Resultaten ihre Zensurmaßnahmen führen... ; )
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