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Kaliber 38 - Genau zwischen die Augen

Kaliber 38 - Genau zwischen die Augen

OT: Quelli della calibro 38
POLIZIESCO: ITALIEN, 1976
Regie: Massimo Dallamano
Darsteller: Carole André, Marcel Bozzuffi, Fabrizio Capucci, Ivan Rassimov

STORY:

Bei einer Razzia kommt es zu einem Feuergefecht, bei dem Inspektor Vanni (Marcel Bozzuffi) den Bruder des gefürchteten Gangsterbosses Marsigliese (Ivan Rassimov) erschießt. Marsigliese rächt sich mit der Erschießung von Vannis Frau. Daraufhin wird bei der Polizei eine Vanni unterstellte Spezialeinheit gebildet, die Motorräder fährt und mit Revolvern des Kalibers 38 bewaffnet ist. Kurz darauf lässt Marsigliese zwei seiner Komplizen aus der Haft befreien und organisiert 70 Tonnen Sprengstoff, mit denen er die Stadt Turin um fünf Millarden Lira erpressen will...

KRITIK:

Massimo Dallamano ist ein Name, der das Herz eines jeden Giallo-Aficionados höher schlagen lässt. Hatte der Regisseur doch mit WHAT HAVE THEY DONE TO SOLANGE? (1972) und DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER (1974) zwei echte Klassiker des Genres geschaffen, die zusammen mit ORGIE DES TODES (1978) die bekannte Schulmädchen-Trilogie bilden. Zu letzterem Film hatte er allerdings nur das Drehbuch verfasst. Verfilmt wurde es von Alberto Negrini, da Dallamano zwei Jahre zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam.

Negrinis Film fällt dann auch gegenüber beiden Filmen von Dallamano qualitativ deutlich ab. Wie so viele andere Gialli der späten 70er versucht ORGIE DES TODES die mangelnde Inspiration in der Inszenierung durch den vermehrten Einsatz von Sleaze zu kompensieren. Das damals verbreitete Hochschrauben des Exploitationfaktors war aber auch eine Reaktion auf die zunehmende Konkurrenz durch neue populäre Genres, wie z.B. den Poliziesco.

Massimo Dallamano hingegen, hatte die Zeichen der Zeit schon frühzeitig erkannt. So war bereits sein Film DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER ein sehr gelungener Giallo-Poliziesco-Hybrid. Er ging diesen Weg konsequent weiter und schuf mit dem zwei Jahre später gedrehten KALIBER 38 einen reinrassigen Poliziesco - und was für einen!

Der Film katapultiert uns sofort mit Vollgas in das Geschehen hinein. Und bereits nach wenigen Minuten rasanter Aktion weiß der Zuschauer zwei Dinge ganz genau: Erstens, dass das Ganze auf eine harte Konfrontation zwischen den beiden ebenso harten Knochen Vanni und Marsigliese hinauslaufen wird. Und zweitens, dass hier absolut keine Gefangenen gemacht werden!

Und gerade in Sachen Aktion ist es unverkennbar, dass hier jemand seine Hausaufgaben gemacht hat. Wirkte eine Verfolgungsjagd in DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER streckenweise doch noch fast ein wenig niedlich, so punktet Massimo Dallamano in diesem Kracher mit Aktionszenen, die auch noch heute restlos überzeugen können!

Hinzu kommt, dass der Film von Dallamano, auch jenseits der Aktion, wieder gewohnt souverän inszeniert wurde. Und wie schon bei DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER hat Stelvio Cipriani erneut den Score beigesteuert. Die Musik war ja schon beim Vorgänger von KALIBER 38 genial, aber hier hat Cipriani sich noch einmal selber übertroffen und den wohl besten Score seiner gesamten Laufbahn abgeliefert!

Das einzige, was ich im Vergleich zu den beiden älteren Filmen bei KALIBER 38 ein wenig vermisst habe, sind die interessanten und gut ausgearbeiteten Charaktere. Diese werden hier eindeutig der Aktion und der Coolness geopfert. Ambivalenzen und Zwischentöne sucht man in diesem Film vergebens. Hier gibt es nur den archaischen Kampf von Gut gegen Böse. Das entspricht sicher auch dem Genre und tut dem allgemeinen Spaß auch gar keinen Abbruch. Aber so richtig trauern kann man eben nur um Protagonisten, die keine reinen Abziehbilder sind, und die man auch ein wenig besser kennengelernt hat...

Massimo Dallamano selber hat man nach den hier erwähnten drei Filmen allerdings bereits so gut kennengelernt, dass man darum trauern muss, dass hier einer der talentiertesten italienischen Genreregisseure viel zu früh verstorben ist. Denn leider kam der Regisseur bereits kurz nachdem er KALIBER 38 gedreht hatte, bei dem bereits erwähnten Verkehrsunfall ums Leben. Es war in jeder Beziehung ein Abschied mit Karacho!

Kaliber 38 - Genau zwischen die Augen Bild 1
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FAZIT:

Mit seinem letzten Film KALIBER 38 beweist der unterschätzte italienische Ausnahmeregisseur Massimo Dallamao, dass er nicht nur der Meister des Schulmädchen-Schlitzer-Films war, sondern dass er auch einen Aktion geladenen Poliziesco allererster Sahne abliefern konnte. So verabschiedet sich der Meister mit Vollgas und Stelvio Cipriani liefert den passenden Killerscore dazu!
Der Film wird am 15.1.2011 bei Anolis auf DVD erscheinen.

WERTUNG: 9 von 10 Schüssen aus Revolvern KALIBER 38!
TEXT © Gregor Torinus
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