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Massacre in Dinosaur Valley

Massacre in Dinosaur Valley

OT: Nudo e Selvaggio
EXPLOITATION: I, BRA, 1985
Regie: Michele Massimo Tarantini
Darsteller: Michael Sopkiw, Suzane Carvalho, Milton Rodriguez, Susan Hahn

STORY:

Wenn eine illustre Reisegruppe wie diese hier (vertreten sind unter anderem Paläontologen, Fotomodelle, Schnapsdrosseln und Söldner) mit dem Flugzeug im Amazonasbecken notlanden muss, dann bedeutet dies vor allem dreierlei: Barbusige Damen, Kannibalen und Exploitation bis die Schwarte kracht!

KRITIK:

Letztens bei mir im Heimkino. Mein alter Freund Müller ist auf einen Filmabend vorbeigekommen.

"Na, Müller?", frage ich, als ich vor den Regalen der Freude stehe, "was für ein Film darf es denn heute sein?"  Müller zieht die Stirn in Falten und macht erstmal "Hm". Dann überlegt er. Und überlegt. Dann meint er: "Eigentlich hätte ich ja Bock auf einen Bud Spencer und Terence Hill-Klopper." Guter Gastgeber und Filmvorführer, der ich bin, greife ich schon zur bereitstehenden Bud Spencer/Terence Hill-Monsterbox. Doch dann sagt Müller plötzlich: "Andererseits käme jetzt auch so ein dreckiger im Dschungel spielender Kannibalenfilm richtig geil." 

Häh? Ja, was nun? Bud Spencer oder Ruggero Deodato? Fröhlicher Haudrauf-Film oder Menschenfressergelage? Ich merke schon. Diesen Gast zufrieden zustellen würde kein Zuckerschlecken werden.

Dann fällt Müllers Blick in die Jess Franco-Ecke meines Filmregals. Er sieht Dyanne Thorne in gestrenger Uniform, eine nackte Lina Romay in Ketten und Eric Falk mit einer Peitsche. Plötzlich äußert Müller lautstark das Bedürfnis, einen schmuddeligen Frauengefängnisfilm zu gucken. Und ich steh vor einem noch größeren Problem. Nämlich vor dem gleichen unzähliger Mamas und Papas, wenn das Überraschungseikind wieder drei Dinge auf einmal haben will. Nun ist guter Rat wirklich teuer. Denn auch Müller will Spiel, Spaß und Spannung. Und alles gleichzeitig ... Wie erfülle ich nun mit einem einzigen Film auf einen Schlag die drei Wünsche meines Filmabendgastes?

Verzweifelt irrlichtert mein Blick über Abertausende von DVD-Hüllen. Vor meinen Augen verschwimmen dicke Schlägertypen, an Knochen nagende Eingeborene und barbusige Schönheiten hinter Gittern. Und plötzlich kommt die Erleuchtung. Wozu hat ein Römer namens Michele Massimo Tarantini im Jahre des Herrn 1985 nochmal einen Film namens NUDO E SELVAGGIO aka AMAZONAS aka MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY gedreht?

Richtig, damit der filmbegeisterte Nerd eine DVD hat, wenn es ihn gleichzeitig nach Hau-den-Lukas-Komödie, Kannibalenfilm und sleaziger Bambus(knast)kost gelüstet! Endlich hatte ich des Rätsels Lösung! Flugs besagten Silberling aus dem Regal gezogen und in den Player gesteckt. Der Filmabend konnte beginnen.

Ungeachtet des Gewaltverherrlichung versprechenden Cover und den blutroten MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY-Lettern im Vorspann wird letzterer mit fröhlicher Gute Laune-Musik untermalt, die alles verheißt, nur keinen Kannibalenreißer. Vielmehr erwartet man bei solchen Klängen, dass jeden Moment Terence Hill oder sein dicker Kumpel Buddy ins Bild springen, um irgendeinem Knallchargen eine saftige Kopfnuss zu verpassen. Die beiden kommen zwar dann doch nicht, aber die ersten Filmminuten gestalten sich in puncto Synchronisation, Musik und Kneipenschlägerei dergestalt, dass uns kaum aufgefallen ist, dass wir keinen Spencer/Hill-Klopper auf dem Schirm hatten. Ja, sogar der blonde und dreitagesbärtige Hauptdarsteller des Dinosauriertalmassakers Michael Sopkiw sieht hier aus wie ein Terence Hill für Arme.

Nun zeigt das Display des Players die Minute 14 an. Wir kommen vom Spaß zum (Liebes-)Spiel. Terence H... -ähem- Michael Sopkiw darf machen, was Hill in seinen Filmen nie durfte: Nämlich seine nackige Filmpartnerin von oben bis unten abschlecken. Kumpel Müller klatscht voll Anerkennung mit mir ab. Bei aller Bescheidenheit: Meine Filmwahl - ein Husarenstreich! Sind nun schon zwei Wünsche meines Gastes (Wir erinnern uns: Sleaze, Spaß und Spannung) erfüllt. Für den Sleaze sorgen die zeigefreudigen und willfährigen Models und für den Spaß eine u.a. von dem unvergessenen Gottfried Kramer eingesprochene göttlich-trashige deutsche Synchronisation.

Ein paar Kostproben? Hier Müllers und meine Lieblingszitate aus dem Munde der Hauptfiguren, die nach einer Viertelstunde mit ihrem Flugzeug ausgerechnet im Gebiet primitiver Kopfjäger notlanden müssen:

"Wir landen im Tal der Dinosaurier in etwa 40 Minuten!" (Der Pilot ca. zwei Minuten vor dem Absturz...)

"Banane gefällig?" (Unser potenter Held, Paläontologe und Terence Hill-Imitator).

"Ich war in der Hölle von Vietnam. Ein paar Indios werde ich jetzt auch noch überleben!" (Unser unsympathischer, Tarnfleck tragender, rassistischer Kriegsveteran und Ehemann einer botoxgesichtigen Alkoholikerin. Er nennt sich Captain John Heinz, hihi...).

"Der Fluch des Dinosaurier-Tals beginnt schon zu wirken. Stimmt`s, Professor? Darauf trinke ich einen!" (Besagte geliftete Schnapsdrossel während sich das Flugzeug bereits im Sturzflug befindet).  

"Also rote Indios statt gelber Vietcong. Das Überlebenstraining der Green Berets ist für alles gut! Der Dschungel ist gleich! Überall auf der Welt! Er verliert seine Schrecken durch ... (gewichtige Pause) ... Spezialtraining!" (Nochmal unser Möchtegern-Rambo).

Ich hätte noch gerne den Ratschlag von Captain John -hihihi- Heinz aufgeführt, den er später seiner Frau gibt, als deren Arm nach einer Flußdurchwatung voll mit Blutegel hängt, aber das würde den Rahmen sprengen. Wenn ihr allerdings an dieser Stelle Zitate der Fotomodels oder der hübschen Professorentochter vermisst; sorry, aber leider hat das Drehbuch für die Damen keine großen Worte vorgesehen. Sie müssen nur kreischen, wenn irgendwo eine Schlange herumkriecht oder "Ich kann nicht mehr!" stöhnen oder sich die ohnehin fast durchsichtigen Blusen im Dschungel so in Fetzen reißen, dass der Zuschauer endgültig freie Sicht auf die Nippel hat.

In Sachen Trash stehen die Bilder dem Ton (zunächst) in nichts nach. Nach einem unglaublichen Flugzeugabsturz (in Klammer: Ein Modellflugzeug wird in den Matsch geschmissen), der in der -autsch!- "Grünen Hölle" endet, geht es mit Discomucke erstmal schnurstracks über die Blutegelsümpfe und durchs Schrumpfkopfmarschland ins Kannibalengebiet.

Wobei sich das MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY fortan in drei Teile gliedert. Dabei findet sich die größte Kurzweil in den ersten beiden Dritteln. Konkret in den Passagen, wo es gilt, die Gefahren des Dschungels (Herr Piranha, Frau Krokodil und Gevatter Treibsand) oder einen unfreiwilligen Aufenthalt bei den Kannibalen zu überstehen (oder eben nicht überstehen).

Dabei gibt es zwar ein bisschen Blood & Guts & angenagte Knochen, aber im Vergleich zu anderen Menschenfresserfilmen in gemäßigter Form. Das MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY lässt die Grimmigkeit der großen, fiesen Brüder MAKE THEM DIE SLOWLY und CANNIBAL HOLOCAUST zwar vermissen, hält sich dafür aber auch in Sachen Tiersnuff zurück.

Nach dem Intermezzo mit den Kannibalen gehen jedoch nicht nur die Kleider der Damen, sondern leider auch der (unfreiwillige) Humor verloren. Deutlich unlustiger, aber dafür umso schmieriger lässt Regisseur Tarantini den letzten Akt im Sklavenlager begehen. Sklavenlager? Richtig gelesen! Das gibt es nämlich auch noch! Müller hat schon ein bisschen Augen gemacht, als meine Filmwahl zum Schluss sogar noch einen Hauch von AMAZONAS JAIL durchs Heimkino wehen ließ. Inklusive unverhohlener Frauenfeindlichkeit, lesbischen Spielchen, Vergewaltigung, Gewalttätigkeiten und dumm-dreisten Chauvinismus aller Art.

Leider frönt Tarantini der sleazigen Exploitation längst nicht so gekonnt wie etwa der Meister Franco, so dass der Unterhaltungswert gegen Ende etwas abbaut und mit dem peinlichen Schluss samt dessen fast schon körperlich schmerzenden Kalauern dann völlig in den Keller rauscht. Schade, schade. Doch der Filmabend war nicht zuletzt wegen einer köstlichen Stunde Trash voller doofer Dialoge, unterirdischer Schauspielkunst, grandios schlechter Flugzeugabstürze, Nackedeis und Kannibalen ein feucht-fröhliches Ereignis. Und schließlich hat Müller in nur 85 Minuten bekommen, was er wollte: Sleaze, Spaß und (wenigstens ein bisschen) Spannung!

Massacre in Dinosaur Valley Bild 1
Massacre in Dinosaur Valley Bild 2
Massacre in Dinosaur Valley Bild 3
Massacre in Dinosaur Valley Bild 4
Massacre in Dinosaur Valley Bild 5
Massacre in Dinosaur Valley Bild 6
FAZIT:

Das MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY fängt wie ein Bud Spencer/Terence Hill-Film an, mündet dann in kruden Kannibalentrash und endet als Bambus-WIP. Außer den im Titel versprochenen Dinosauriern hat man also fast alles im Angebot. Das ist nicht nur ein Wechselbad der Genres, sondern auch ein Wechselbad der Gefühle. Was lange Zeit amüsant-trashig, unfreiwillig komisch bis krude-spratzig kurzweilig anspruchslos unterhält, wird gegen Ende schmierig und ganz zum Schluss peinlich. Das MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY kann trotzdem empfohlen werden; insbesondere als lustige Vorspeise zum ultimativen Kannibalenschlocksleaze-Leckerbissen, der da heißt NACKT UNTER KANNIBALEN! Bad Taste-Köstlichkeit oder doch bloß ein Machwerk? Entscheidet selbst! Müller warnt jedenfalls vor dem übel spoilernden Trailer und skandiert

WERTUNG: 6 von 10 Styroporschrumpfköpfe
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
toxic | 10.10.2011 20:49
Yeah, Müller is cool.
Noch mehr Schmutz! Bitte!
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Mauritia M. | 09.10.2011 12:23
Herrlich lustiges Review. Danke, Chris. Ich kenne den Film nicht, aber er klingt ähnlich lustig wie "Zombies unter Kannibalen". Der nichtvorhandene Tier-Snuff ist jedenfalls ein Plus-Punkt. Werd ich mir wohl mal ansehen...
Chris | 09.10.2011 14:28
Die lustigsten Reviews schreibt immer noch das wahre Leben. : ))
Aber AMAZONAS (oder MASSACRE IN DINOSAUR VALLEY) ist schon
eine Reise wert. Der Trööler, der spoilert wie Hölle und alle guten
Szenen brühwarm auftischt, verheißt zwar einen fiesen Exploiter,
aber alles in allem bewegt man sich doch nahe am
Unterhaltungswert eines ZOMBIES UNTER KANNIBALEN. Wobei ZUK
in Sachen hemmungslosem, bierernst vorgetragenem Unsinn und
seinem Hang zur krude-lustiger, gewaltverherrlichender Splatterei
aber immer noch ungeschlagen bleibt.
Mauritia M. | 09.10.2011 19:22
Hihi, ZUK ist wohl einer der größten Trash-Klassiker seiner Zeit ;)
Harald | 09.10.2011 22:08
Den durfte ich sogar einmal im Kino erleben. Ja, das waren noch Zeiten ;-)
Erich H. | 10.10.2011 14:06
Will auch dein Filmgast sein, Chris.
Schon allein deine geschilderte Suche in der Heimvideothek verspricht besondere Erlebnisse.
Sehr unterhaltendes, auf alle Fälle den Film (den ich nicht kenne, obwohl, irgendwie liefen sie ja alle so) würdigendes Review.
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