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Only God Forgives

Only God Forgives

DRAMA: THAILAND/F, 2013
Regie: Nicolas Winding Refn
Darsteller: Ryan Gosling, Kristin Scott Thomas, Vithaya Pansringarm, Tom Burke

STORY:

Gott, das ist ein Rachegott in Polizeiuniform. Dieser Gott vergibt nicht, sondern richtet die Bösen mit dem Schwert. Die Bösen, das sind der schöne Boxclub-Betreiber Julian, sein verhaltensauffälliger Bruder Billy, der eine minderjährige Prostituierte ermordet hat, und seine eiskalte Mutter, die ein gutgehendes Drogenkartell leitet. Billy muss für seine Untat als Erster büßen. Die Mutter schickt Julian los, auf dass er ihr den Kopf des Mörders ihres Sohnes auf einem verdammten Tablett serviert. Was wiederum den Rachegott auf den Plan ruft. Und die neonleuchtenden Straßenschluchten Bangkoks färben sich blutrot ...

KRITIK:

Nein, kein DRIVE 2 - BANGKOK DRIFT. Der unerwartete Riesenerfolg von everybody's Lieblingsfim DRIVE muss Nicolas Windin Refn irgendwie unheimlich geworden sein. Jedenfalls könnte der Kontrast zum Nachfolgefilm härter nicht mehr sein. ONLY GOD FORGIVES ist fast schon eine Provokation in Sachen meditativer Langsamkeit. Wer sich Actionkino im herkömmlichen Sinne erwartet, sollte das Geld lieber bei einem der üblichen Sommerblockbusterverdächtigen anlegen, hier zum Beispiel oder hier.

Das dürften sich viele gedacht haben, blöderweise erst nachdem sie eine Karte für ONLY GOD FORGIVES gekauft haben: Gott, ich habe noch nie dermaßen viele Leute vorzeitig aus dem Saal gehen sehen. Und im Falle der jungen Dame, die direkt neben mir saß und eine halbe Stunde lang autistisch über ihr blau leuchtendes Smartphone-Display wischte - Kino ist schließlich dazu da, um den Facebook-Status zu checken, nicht wahr - war ich auch keineswegs beleidigt.

Der Rest hingegen wurde vom brutalen Ästhetik-Diktator Nicolas Winding Refn förmlich in den Kinosessel genagelt: Wahnsinn, wie stark der Film auf die Kraft seiner Bilder setzt, auf meditative Kamerafahrten durch (blut)rot ausgeleuchtete, geometisch exakt austarierte Raumgeometrien. Und der Sound: Wie schon in DRIVE oder zuletzt SPRING BREAKERS hat Cliff Martinez minimalistisch pulsierende Electro-Klangwelten erschaffen, die sich mit den Bildern zu einem visuell-akustischen Gesamtkunstwerk verbinden.

Leben tut der Film natürlich von seinem Hauptdarsteller - der lustigerweise nicht einmal die Hauptrolle spielt. Und doch reißt Everybody's Darling Ryan Gosling jede Szene an sich. Wobei ich vermuten würde, dass er mit dieser Rolle den einen oder anderen Sympathiebonuspunkt bei jungen Frauen verspielt hat. Schon seine Figur in DRIVE, da brauchen wir uns nichts vorzumachen, reiht sich ein in eine lange Liste an Filmpsychopathen, die auf Ewigkeit von einem Taxifahrer namens Robert de Niro angeführt wird.

Auch in ONLY GOD FORGIVES gibt Gosling einen (asexuellen) Psycho, um den man im echten Leben - schönes Gesicht hin, maskuline Lässigkeit her - besser einen Bogen machen sollte. War DRIVE in Sachen expliziter Gewaltdarstellung schon mehr, als manche/r Zuseher/in ertragen konnte - es aber dem schönen Ryan zuliebe dann doch irgendwie ertrug - werden in ONLY GOD FORGIVES Gewaltspitzen zelebriert, die selbst abgebrühte Vielseher sprachlos machen.

Dass dieses Role Model der männlichen Zerrissenheit, dieser Posterboy der asexuellen Leere auch hier der Liebe vergebens nachläuft, wird niemanden überraschen. Aber es wird schlimmer kommen, viel schlimmer. "Etwas Schönes kaputt machen" lautete ein zentrales Zitat aus FIGHT CLUB, das auch das Schicksal von Goslings Film-Figur vorwegnimmt. Aber keine Spoiler hier, schaut euch lieber den Film an ...

Only God Forgives Bild 1
Only God Forgives Bild 2
Only God Forgives Bild 3
Only God Forgives Bild 4
Only God Forgives Bild 5
Only God Forgives Bild 6
FAZIT:

Radikaler kann man mit den Konventionen des modernen Hochgeschwindigkeits-Actionkinos nicht mehr brechen. Okay, das habe ich bei ZERO DARK THIRTY auch schon geschrieben. Aber Nicolas Winding Refn geht in Sachen meditativer Langsamkeit noch weiter. Irgendwo zwischen den surrealen Bilderwelten eines David Lynch, den Gewaltexzessen eines Takashi Miike und der ästhetischen Strenge und Konsequenz eines Michael Haneke entspinnt sich ein Drama um männliche Zerissenheit und emotionale Leere. Gut der Hälfte der Zuseher hat vorzeitig den Saal verlassen, der Rest ist wie hypnotisiert bis zum Ende des Abspanns (in thailändischen Schriftzeichen!) sitzengeblieben. Love it or hate it. Das Publikum spalten. Refn hat's einfach drauf.

WERTUNG: 8 von 10 Schwerthiebe
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Dein Kommentar >>
Gregor | 03.08.2013 23:50
Schöne Kritik. Ich würde sogar noch weitergehen und dem Film mindestens 9/10 blutrot funkelnde Punkte geben. Schließe mich denen an, die den Film für ein eindeutiges Meisterwerk halten. Mit gewöhnlichen Kriterien wird man diesem Film eh nicht gerecht. Aber bei aller Liebe fand ich das Ende dann doch zu zu prätentiös und zu unstimmig und die abschließende Widmung unpassend und leicht größenwahnsinnig. Berauschend schönes und magisches Kino im Geiste der dicken Hose.
Harald | 04.08.2013 00:00
Die Widmung hab ich auch nicht verstanden. Sie ist
m.E. auch völlig unzutreffend. Hätte er Jean-Jacques
Beineix, Takeshi Kitano, Takashi Miike oder David
Lynch geschrieben, wär's zwar nicht minder
größenwahnsinnig, aber zumindest nachvollziehbar
gewesen. Anyway, vielleicht hilft er damit
Jodorowsky bei der Vermarktung seines neuen Films.
Bis jetzt gibt's ja noch keine Anzeichen für einen
deutschen oder gar österreichischen Starttermin von
"La Danza de la Realidad"
Gregor | 04.08.2013 12:03
Habe gestern gelesen, dass es sich dabei um einen Schlagabtausch bzw. Schwanzvergleich mit Lars von Trier handelt, der ANTICHRIST Tarkowski gewidmet hatte. Ich würde sagen, "da ist was faul im Staate Dänemark!"

Ja Jodorowsky ist jeder Erfolg zu wünschen. Ist schließlich das heißestersehnte Comeback seit "Der schmale Grat." Im Gegensatz zu Malick wird der wohl leider auch nicht mehr allzu viele Filme machen.
>> antworten
lalilulelo | 31.07.2013 20:18
das gute an drive war das essensgespräch beim nachbarn: "wir haben jetzt einen neuen familienfreund!", oder der augenblick in dem er dem nachbarsjungen die patrone aus der hand nimmt um sie aufzubewahren. die heimfahrt/der ausflug mit der nachbarsfamilie. das gespräch mit dem guten werkstadtbesitzer: "verlasse sofort die stadt und komme nie wieder zurück".
das war der kontrast zu den "verrückten" scenen in drive.
und in diesem streifen war ein jeder ein psychopath, das war mir zu wenig. schließlich reicht ein psychopath(joker) aus um einen billigen/schlechten 3std actionsteifen interessant zu machen.
lalilulelo | 31.07.2013 20:35
in drive war der protagonist superman ohne superkräfte in einer verrückten welt. und die gewalt war so wie sie ist: brutal.
und hier hat einfach nur ein jeder einen kopfdoktor nötig, wie gesagt: langweilig
an | 03.08.2013 13:03
wieso überhaupt der Verglech? oO
>> antworten
Tim | 28.07.2013 23:35
Großartiger Film. Rauschhaft triffts wohl am ehesten. Und auch ne starke Leistung von Kristin Scott Thomas( hat mich ständig an Ellen Barkin erinnert - oder gings nur mir so?). So ne Mutter gönne ich niemanden. Pfui.
Deshalb auch von mir 8 von 10 locker gewonnenen Schlägereien.
>> antworten
Mauritia M. | 28.07.2013 14:04
Meiner Meinung nach besser als "Drive".
Ein toller Film, den ich sicher nicht das letzte Mal gesehen habe. Sowohl auf der psychologischen Ebene (mit der offensichtlichen Missbrauchsthematik und den anhand der Beziehungsunfähigkeit der Brüder dargestellten Folgen) als auch was den von dir schön beschriebenen Farbenrausch, die langsamen Kamerafahrten und die Filmmusik angeht, etwas ganz Außergewöhnliches.
Besonders beeindruckend fand ich den eleganten und charismatischen "Rachegott in Polizeiuniform". Den würde ich gern öfters sehen...
Würde auch 8 von 10 Amputationen vergeben.
>> antworten
an | 27.07.2013 00:43
Der Sound, die Bilder die Szenen, die ganze..
Es gibt kein gut oder böse sondern nur böse denn alles Spieltsich in Bankocks Hölle ab..versuchungen,
Leid, Hass, Rache, Schmerz, Blut .. der Sensenman hat jetzt eine machete..
Dieser Film ist eine Klasse für sich und für viele Mainstreamkonsumenten eine Abschreckung. :P
Nicolas Winding Refn ist schon seit Pusher u. Bleeder in meiner Top 15 auf meiner Persönlichen Regieseurenliste bin bis jetzt noch nicht entäsch worden.
von mir 8/10 fritierte Gesichter mit Pfannentherapie :D
an | 27.07.2013 00:45
PS: soo brutal find ich den jetzt aber auch nicht
Harald | 27.07.2013 09:01
Du bist abgebrüht :)
an | 03.08.2013 18:11
Muhahahaha ):D
>> antworten
nic | 22.07.2013 00:31
????
nic | 22.07.2013 00:34

>> antworten
Pat Bateman | 21.07.2013 23:29

Sperriger als Drive, dabei aber noch rauschhafter und wirkt länger nach. Seit Amer keine so herrlich expressiv ausgeleuchteten Bilder gesehen, da lacht das Herz des Gialllo-Freundes.

8 von 10 zweckendfremdeten Haarnadeln
Harald | 27.07.2013 09:02
Stimmt, ein bissl Argento auf Thailandurlaub.
>> antworten
DriesVanHegen | 20.07.2013 11:38
Gestern gesehen und noch weiß ich nicht, was ich
exakt davon halten soll.
Nah den ersten Trailer hatte ich ja befürchtet, dass
er einfach Drive nach Bangkok verlegt - aber
glücklicherweise musste ich dann feststellen, dass
die einzigen Überbleibsel die grandiosen
darstellerischen Leistungen, der klasse Score und
die eleganten Bilder waren.
Alles in allem wurde ich hier mehr an Valhalla
Rising als an Drive erinnert.

Ich hoffe nur, dass er nochmal in einem anderen Kino
im OmU läuft, denn die Synchronisation fand ich
stellenweise doch relativ störend...
Johnny Favorite | 24.09.2013 15:46
kann dem film überhaupt nichts abgewinnen...
für mich macht winding refn hier einer auf david lynch und geht total baden damit!
>> antworten