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The Complex

The Complex

OT: Kuroyuri Danchi
J-HORRORDRAMA: Japan, 2013
Regie: Hideo Nakata
Darsteller: Atsuko Maeda, Hiroki Narimiya, Masanodu Katsumura, Naomi Nishida

STORY:

Als ein unheimlicher alter Mann in der Nachbarswohnung stirbt, wird die junge Schwesternschülerin Asuka buchstäblich von den Geistern der Vergangenheit eingeholt. Der heruntergekommene Apartment-Komplex wird zum Pandämonium der Schuld- und Verlustbewältigung...

KRITIK:

THE COMPLEX stellt nicht nur Hideo Nakatas Rückkehr zu seinen Wurzeln dar, sondern wohl auch den Versuch an seine größten Erfolge anzuknüpfen. Diese liegen eine starke Dekade zurück; in jener Zeit kurz vor und nach der Jahrtausendwende, als die Neue Welle des japanischen Geisterfilms das Schaudern in den Horrorfilm zurückgebracht hat. Die maßgeblichen Akteure seinerzeit waren junge Wilde wie Takashi (JU-ON) Shimizu oder eben Hideo Nakata.

Nakata lieferte mit RING nicht nur einen Creeper vor dem Herrn, sondern eben auch einen modernen Klassiker des Horrorfilms. Einer, der seinem Publikum nach langer Zeit endlich wieder das Fürchten lehrte. Dann folgte DARK WATER. Ein weiterer Geisterfilm, der diesmal allerdings in Form einer Familientragödie eine starke dramatische Komponente aufwies. Ebenso wie RING wurde auch DARK WATER ein kommerzieller Erfolg und beide wurden mit Hollywood-Remakes bedacht. Heute steht der Name Nakata nicht mehr unbedingt für herausragende Genrekunst, sondern eher für leicht verdauliches Filmfutter, welches wie etwa INCITE MILL kurzfristig unterhält, aber kaum Langzeitwirkung entfaltet.

Der Schlachtplan ist offensichtlich: Mit dem lange Zeit sehr ruhige, aber betrübliche Kreise ziehenden THE COMPLEX versucht Nakata die einstigen Erfolgsrezepte zu vereinen. Dabei liegt sein Hauptaugenmerk weitestgehend auf den Drama-Anteil und die Schauer-Attacken der guten alten J-Horror-Schule kommen nur sehr, sehr sporadisch zum Einsatz. Somit ist THE COMPLEX viel mehr DARK WATER als RING. Allerdings erreicht Nakatas neuer Film weder die Klasse des einen noch des anderen.

Zwar gelingen immer mal wieder überraschende Wendungen - eine davon gibt der Geschichte tatsächlich eine ans Herz gehende Tragik -, doch einerseits wird in der Folgezeit in Sachen Drama, Trauerbewältigung und Schuldgefühle zu dick aufgetragen und andererseits wirken nun sämtliche Horror-Einlagen eher aufgesetzt als erschreckend. Zumal mehr denn je offenkundig wird, dass die Dinge, die uns vor zehn Jahren noch den Jesus aus dem Leib gegruselt haben, heute einfach nicht mehr funktionieren. Das Publikum scheint gegen garstige Dämonenkinder, Schauergestalten, die wie besessen am Mauerwerk kratzen, und erst recht gegen fast schon unfreiwillig komisch anmutende fernöstliche Exorzismusrituale immun geworden zu sein. Es kennt mittlerweile alle Tricks; auch diejenigen aus den nicht-japanischen THE OTHERS- oder A TALE OF TWO SISTERS-Kisten. Somit zünden nicht einmal mehr Nakatas sorgfältig ausbaldowerten Twists richtig.

Da können weder die routinierte Inszenierung Nakatas, die gute Fotografie noch die starke Hauptdarstellerin Atsuko Maeda nicht mehr alle Kastanien aus dem Feuer holen: Bei Fans und Kritiken scheint das Kind bereits in den Brunnen gefallen zu sein. Wenn man sich so umhört, prangt auf dem COMPLEX der Flop-Stempel.

Zumindest eine Stunde lang wähnte ich den Film dennoch auf keinem gänzlich schlechten Weg, doch das heillos in die Länge gezogene und wirre Finale ließ das Pendel letztendlich doch in Richtung Enttäuschung ausschlagen.

Solange es dort draußen Filme wie A TALE OF TWO SISTERS, SEANCE oder eben Nakatas eigenen DARK WATER gibt; Filme, die das Thema raffinierter, bizarrer, beklemmender oder rührender anpacken, fehlt es THE COMPLEX ein bisschen an schlagkräftigen Argumenten.

PS: Am 22.November 2013 kann man sich selbst ein Bild machen. Dann kommt der Film via Koch Media auf Blu-ray und DVD in die Läden eures Vertrauens.

The Complex Bild 1
The Complex Bild 2
The Complex Bild 3
The Complex Bild 4
The Complex Bild 5
FAZIT:

Hideo Nakata bemüht die Siegertaktik seiner Glanzwerke DARK WATER (mehr) und RING (weniger), um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukommen. Doch Drama und J-Horror harmonieren heute längst nicht mehr so gut wie noch vor zehn Jahren. Ein mittelschwer verkorkstes, weil viel zu überladenes Finale lässt THE COMPLEX dann endgültig zur kleinen Enttäuschung werden. Schade, die erste Stunde deutete noch auf einen Film hin, der besser als sein Ruf in der allgemeinen Rezeption zu sein schien. Doch danach verzettelt sich Nakatas neuer Streifen zwischen seinen Tragödien, psychologischem Laientheater und aufgesetzt wirkenden Horror-Einlagen.

WERTUNG: 4 von 10 toten Menschen, die sie sehen kann
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
Fedi | 28.10.2013 19:18
Schade. Hab dem am horrorfilmfest nicht geschafft und mich gefreut, dass der so bald auf DVD kommt, aber das klingt wenigversprechend. ich tu mir in letzter zeit eh schwer mit geisterhorror aus fernost, da diese immer ähnlich aufgezogen daher kommen (außer sind sind der miike oder sono mindfucks), so wird THE COMPLEX wohl eher nichts für mich. aber gute kritik!! hat mir 13,87 euro gespart! ;)
Chris | 28.10.2013 20:34
So sehr ich den asiatischen Geisterfilm auch verehre, aber es scheint
tatsächlich so, als hätte er sein Pulver zumindest vorläufig
verschossen. Müssen wir halt zur Gänsehauterzeugung wieder JU-ON,
PULSE, RING, THE PHONE, SHUTTER, INFECTION oder EXTE schauen.
Fedi | 30.10.2013 16:55
EXTE EXTE!
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