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The Manson Family

The Manson Family

TRUE CRIME: USA, 2003
Regie: Jim Van Bebber
Darsteller: Marcelo Games, Marc Pitman, Leslie Orr, Sage Stallone, Maureen Allisse und andere

STORY:

1969 erlangte die Manson-Family um ihren Anführer Charles Manson grausame Berühmtheit. Die anfängliche Hippie-Kommune ermordete Ende der 60er Jahre mehrere Menschen auf bestialische Weise, unter anderem Roman Polanskis Frau Sharon Tate. Jim Van Bebbers Film The Manson Family verbindet eine fiktive Story mit halb-dokumentarischem Material und zeigt wie es dazu kommen konnte.

KRITIK:

Praktisch funktioniert das so: Zu Beginn des Film sieht man viele schnell aneinander geschnittene Bilder und die Einblendung 1969 verrät uns, dass wir in Zeitraffer abstrahiert zu sehen bekommen, was damals geschah. Kurze Zeit später befinden wir uns in der "Gegenwart" 1996 und sehen den Fernsehmoderator Jack Wilson (Carl Day), wie er dabei ist eine Dokumentation über die Manson Familie zu erstellen.

Der weitere Verlauf des Film setzt sich wie folgt zusammen: Wir sehen Interviews der Mitglieder der Manson Family, die für die Crime Scene Dokumentation verwendet werden sollen (allerdings handelt es sich hier komplett um Schauspieler) und dann immer wieder Rückblenden auf die Farm der 60er Jahre. In einem dritten Handlungsstrang sehen wir moderne Manson-Anhänger, die versuchen des TV-Studio zu erpressen.

Eines noch vorweg: Kollege Harald hat mich darauf hingewiesen, dass der Film in der eben erschienenen deutschen DVD-Fassung um 8 (!) Minuten gekürzt ist. Laut Wikipedia handelt es sich sogar um 11 Minuten. Leider kenne ich die Originalfassung nicht, um einen Vergleich ziehen zu können, aber ich kann mir sehr gut denken wo was rausgeschnitten wurde und leider macht das doch einen enormen Unterschied.

Die gekürzte Version wirkt ziemlich "brav", wenn man in diesem Zusammenhang überhaupt von brav reden kann. Also, wenn möglich, sollte man sich die Originalversion anschauen um das Gesamtwerk beurteilen zu können. Im übrigen halte ich das sowieso für sinnvoll, da die deutsche Synchronisation keinen Mehrwert bringt (wenn sie das überhaupt jemals macht). Im Deutschen wirkt der dokumentarische Stil sehr holprig und unglaubwürdig, eine richtige Beurteilung der Schauspieler ist gar nicht möglich. Weshalb ich ziemlich schnell dazu überging mir den Film im Originalton anzusehen.

Ich habe schon Einiges über die Manson Family gelesen und auch diverse Dokumentationen darüber gesehen und halte es nicht für schlecht schon Vorkenntnisse zu haben, bevor man sich diesen Film ansieht. Durch die unkonventionelle Erzählweise bleibt man so besser im Geschehen und ein gewisses Hintergrundwissen ermöglicht einen besseren Zugang zur Thematik. Allerdings ist es nicht Grundvorraussetzung, denn auch ohne kann man dem Film leicht folgen.

Das Faszinierende an Charles Manson und seiner Family ist der Punkt, wie aus Hippies mordende Monster werden konnten. Wie ein einzelner Mann seine Fähigkeit zur Empathie dazu nutzte etwas Grausames zu vollbringen. Ich bin mir nicht ganz sicher ob sich Manson tatsächlich für den wiedergeborenen Christus hielt, oder ob das alles nur eine Masche war um seine verdrehte Ideologie vom Rassenkrieg zu verbreiten. Sicher bin ich mir allerdings, dass seine Family daran geglaubt hat.

Der Film versucht zu erklären wie es soweit kommen konnte, dass Anhänger der Flower Power Generation so anfällig waren für die verdrehten, gefährlichen Gedankengänge eines Charles Manson. Dazu benutzt er die fiktiven Interviews der Family-Mitglieder, die sowohl aus der "aktuellen" Zeit stammen, als auch kurz nach den Morden aufgenommen wurden. Leider bleibt, für meinen Geschmack, alles ein bisschen zu flach. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich nicht weiss woran es liegt.

In der ersten Stunde des Films sehen wir, parallel zu den Interviews, fast nur Rückblenden auf die Manson-Farm vor den Morden. Dabei wird begreiflich gemacht worum es damals vorwiegend ging, nämlich um Drogen und Sex. Die Family gibt sich nach dem Drogenkonsum dem Gruppensex hin, zwischendurch blinzelt schon Mansons Ideologie durch.

Im letzten Drittel des Films wird Manson zunehmend manipulativer und es geschieht der erste Mord, der Auslöser für die folgenden Morde war und womit Manson den Anstoß für Helter Skelter (im Zusammenhang mit Charles Manson: Seine Vision eines Rassenkrieges) geben wollte. Der Film gipfelt im Höhepunkt bei den Tate/La Bianca-Morden. Wie leider schon erwähnt kann ich nur erahnen wie die Originalszenen aussehen, da in der deutschen Fassung dieser Teil nahezu komplett geschnitten ist und mir somit eine Beurteilung nicht möglich ist. (Ich selbst hab mich auf folgender Seite erkundigt welche Szenen geschnitten sind: www.schnittberichte.com)

The Manson Family ist rasant geschnitten und das hat hier auch seine Berechtigung. Der halb-dokumentarische Stil wirkt im Originalton überzeugend, die fiktive Story des TV-Formates Crime Scene hätte es, meiner Meinung nach, nicht gebraucht, soll aber wohl als Kritik an den Medien gesehen werden. Den dritte Handlungsstrang über die modernen Manson-Anhänger halte ich für völlig überflüssig. Auch weil mir die Figuren zu überzeichnet scheinen.

Aus bildästhetischer Sicht halte ich den Film für sehr interessant (absichtlich "schmutzige" und verwackelte Bilder). Die nicht lineare Erzählweise und die schnellen Schnitte, mit immer mal wieder eingeschobenen Bildern, finde ich ansprechend, aber sicherlich auch nicht jedermanns Geschmack.

Gern hätte ich jetzt hier ein klares Statement abgegeben, aber irgendwie dümpelt der Film bei mir so in der Mitte. Ich kann mich weder zu überschwänglichen Lobeshymnen hinreißen lassen, noch ist ein klarer Verriss möglich. Allerdings ist die Tendenz auf jeden Fall nach oben. Ich denke da bleibt euch nur eins übrig: Sich den Film selbst anzusehen, aber soviel kann ich sicher sagen: In der Originalfassung!

The Manson Family Bild 1
The Manson Family Bild 2
The Manson Family Bild 3
The Manson Family Bild 4
The Manson Family Bild 5
The Manson Family Bild 6
The Manson Family Bild 7
The Manson Family Bild 8
FAZIT:

The Manson Family ist ein passabler Film geworden, der versucht zu erklären wie aus Mansons Hippie Kommune ein mordendes Pack werden konnte. Leider sind mir die Charaktere entweder zu flach gezeichnet, oder überzeichnet. Die unkonventionelle Erzählweise krankt daran, dass sie nicht bis in letzter Konsequenz radikaler durchgezogen wurde (wobei ich das unter Vorbehalt erwähne, da mir ja leider 8 bis 11 Minuten des Films fehlen). Alles in allem aber ein sehenswerter Film, der bei mir zwischen 6 und 7 Punkten liegt.

WERTUNG: 7 von 10 Gruppensexorgien
TEXT © Nicky
Dein Kommentar >>
Chris | 20.01.2012 05:39
8 Minuten sind ein Haufen Holz. 11 Minuten noch mehr. Die
können aus einem richtig guten und harten Film schnell einen
handzahmen Schwächling machen, wenn sie fehlen. Schaut euch
nur mal DAY OF THE DEAD an, nachdem ihn die bundesdeutschen
Scherenschleifer in der Mangel gehabt hatten. Oder RETURN OF THE
LIVING DEAD 3...- Denke, der Film ist ziemlich interessant, aber wie
du schreibst: Eben nur in der Originalfassung.
Marcel | 20.01.2012 11:23
Um Licht ins Dunkeln der verschiedenen Laufzeiten zu bringen:

Die ungeschnittene Fassung läuft 95 Minuten (bei 24 Bildern/Sekunde). Durch den PAL Speed-up (25 Bilder/Sekunde) läuft auch eine ungeschnittene DVD-Fassung in Europa 91 Minuten. So lange dauert die britische DVD, sie dürfte also ungeschnitten sein und ist zudem gebraucht fast umsonst erhältlich.

Es existiert eine R-rated Fassung für den amerikanischen Markt, die 84 Minuten dauert (bei 24 Bilder/Sekunde), die sich damit um 11 Minuten von der Ursprungsfassung unterscheidet. Auf diese Fassung zielt der Wikipedia-Eintrag ab.

Die deutsche DVD dauert 86 Minuten (25 Bilder/Sekunde), ist also um 5 Minuten gegenüber der britschen DVD gekürzt. Der 8 Minuten Vergleich, den auch schnittberichte.com unkommentiert postuliert, ist ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen, weil er die unterschiedlichen Geschwindigkeiten nicht berücksichtigt.

Aber danke für die Review, insbesondere für den Hinweis, nicht unbedarft und ohne Backround einen solchen Film zu sehen. Entsprechend freue ich mich auf die britische DVD, die demnächst hoffentlich in meinem Player landet. ;-)
nicky | 20.01.2012 11:31
Danke für die ausführliche Erklärung!Das erschien mir dann nämlich doch zu viel um es in die Kritik mit aufzunehmen. Ich fand es auf jeden Fall ziemlich interessant auf schnittberichte.com zumindest mal einen Hauch von Ahnung zu bekommen was denn da fehlt. Ich fände es übrigens klasse, wenn du eine Kritik über die ungeschnittene Fassung noch schreiben würdest. Fänd es doch sehr interessant welchen Unterschied das macht!
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