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Tourist Trap

Tourist Trap

HORROR: USA, 1979
Regie: David Schmoeller
Darsteller: Chuck Connors, Jocelyn Jones, Robin Sherwood, Tanya Roberts

STORY:

Auf ihrer Reise durchs amerikanische Hinterland machen fünf junge Leute Halt beim alten Wachsfigurenkabinett des Einsiedlers Slausen. Ein tödlicher Fehler, denn auch wenn das Puppenhaus offiziell längst geschlossen ist; die unheimlichen Attraktionen sind noch höchstlebendig...

KRITIK:

TOURIST TRAP, eine Touristenfalle aus der Blütezeit des US-Slasherfilms. Nur ein Jahr nach dem stilprägenden HALLOWEEN und noch vor dem ersten FREITAG, DER 13. entstanden, ist David Schmoellers Debüt alles andere als ein typischer Vertreter des amerikanischen "Let's kill some Teens & Twens"-Metiers. Aufbauend auf dem seit TEXAS CHAINSAW MASSACRE etablierten Grundsetting "Junge Durchreisende geraten in eine Hinterwäldlerfalle" sucht TOURIST TRAP insbesondere in seiner zweiten Hälfte die atmosphärische Nähe zu Vincent Price, DAS KABINETT DES PROFESSOR BONDI und dem klassischen Wachspuppenhorror.

Noch eine weitere nicht alltägliche Idee hebt die TOURIST TRAP aus dem Wust seiner eher klischeeanfälligen und überraschungsarmen Kollegen aus dem Schlitzer- und Terrorfach hervor: Nicht der übliche Hockey- oder Menschenhautmaskenträger macht hier junge Leute zu Frühsterber, sondern ein bauerntölpelhafter (!), telekinetisch (!!) begabter Puppenmacher (!!!). Oder war's sein Bruder? Egal: Schon der Eröffnungsmord dieses Puppenmachers, bzw. seiner grotesken Schaufensterpuppen, bzw. des Puppenmachers im Verbund mit seinen unheimlichen Kolaborateuren aus Kunststoff, Holz und Porzellan ist eine erfrischend bizarre Angelegenheit und macht unbändig Lust auf Zugaben.

Als dann eine Gruppe junger Leute irgendwo in der Pampa im mittlerweile geschlossenen Kuriositäten- und Wachsfigurenkabinett des Einsiedlers Slausen landet, scheinen unsere Wünsche auch prompt in Erfüllung zu gehen. Doch ausgerechnet der Einsatz eines der ruhmreichsten Synchronsprechers droht die Show zumindest auf der deutschen Tonspur zu ruinieren. Unser psychopathischer, puppenmachender Hillbillymuseumsbesitzertelekinet spricht im Deutschen nämlich mit der höchst markanten Zunge von Arnold Marquis. Was in mehr als einer Hinsicht nicht passt.

Marquis hat schon John Wayne synchronisiert. Richard Widmark, Kirk Douglas, Bronson, Robert Mitchum und Lino Ventura. Bei ein paar Gelegenheiten hat er aber auch Wolfgang Hess, den Stammsprecher von Bud Spencer vertreten. Und den Dicken mit der groben Kelle hatte ich fürderhin immer vor Augen, wann immer der Psychopath im Film den Mund aufgemacht hat...  - Nicht falsch verstehen: Seit Kindertagen möchte ich Marquis' Stimme nicht missen, aber hier habe ich unbewußt immer Sätze wie "Was'n das für ne Sauerei - platonisch?", "Schelle links! Schelle rechts!" oder "Da lacht das Herz, wenn's was zum Fressen gibt!" erwartet. Kurzum: Zum Sprachrohr eines wahnsinnigen Puppenmachers taugt der ansonsten geniale Marquis nicht und leider hört man auch, dass er mit dieser Rolle nicht viel anzufangen weiß.

Zumal seine Stimme ob ihrer Markanz auch das kleine Whodunit um die Identität des Killers, welches der Film allerdings auch im Original mehr schlecht als recht aufzuziehen versucht, gleich zur vergeblichen Liebesmüh' degradiert. Zum Glück bleibt noch der Ausweg zur Originaltonspur. Wobei natürlich auch die den optischen Stilbruch eines Latzhosen (!) tragenden Kuriositätenkabinett-Besitzers und die eher ärmlichen Red Herings in Bezug auf den Killer nicht wettmachen kann. Denn wer hinter der Puppenmaske des Meuchelmörders mit den Leatherface-Gedächtnislocken steckt, sollte sich auch der dümmste Zuschauer denken können. Wobei der Horizont der jungen, überaus begriffstutzigen Opfer im Film soweit natürlich nicht reicht. Doch es wäre auch nicht im Sinne eines Slasherflicks, wenn sich die Todgeweihten nach einer halben Stunde mit heiler Haut davonmachen würden ...

Wenn ich noch einmal Revue passieren lasse, wie Schmoellers Erstling sich in seiner zweiten Hälfte steigert, dann bin ich aber auch gottfroh, dass das hier noch blutjunge künftige Bond-Girl Tanya (IM ANGESICHT DES TODES) Roberts und ihre Clique so schwer von Begriff war.

Nachdem die jungen Reisenden in Slausen's Lost Oasis (so nennt sich nämlich das unheimliche Wachsfigurenkabinett irgendwo in der amerikanischen Gottverlassenheit) gestrandet sind, droht der Film nach verheißungsvollen Beginn im üblichen, vorhersehbaren Einerlei des Terrorfilms zu verflachen.

Trotz Maskerade und dem Verwirrspiel um einen irren Bruder hat man den Killer -im Gegensatz zu den gewohnt fatal-naiven Protagonisten- früh enttarnt und auch sonst scheinen die Szenenabfolgen zusehends nur noch Déjà-Vu-Charakter zu entwickeln. Da Regisseur Schmoeller außerdem nicht im Ruf eines euphorischen Kunstblutfetischsten steht, hat man an dieser Stelle auch den Gore abgeschrieben. Und so halten einzig und allein die faszinierenden, mechanischen Effekte rund um die unheimlich inszenierten Puppen das bisschen verbliebene Zuschauerinteresse am Leben.

Auch ich habe TOURIST TRAP nach 45 Minuten schon in die geistige Schublade "Nett begonnen, stark nachgelassen" gepackt. Doch dann kam die zweite Halbzeit...

Den nun stetig straffer werdenden Spannungsbogen kann man gut an der Filmmusik von De Palmas Hofkomponisten Pino Donaggio festmachen. Beginnt der Score noch mit einem eher albern, unpassend komisch klingenden Zirkusstück, erwachsen daraus zunehmend gespenstischere Melodien, die ihr Crescendo dann in der nun ebenfalls alptraumhaften Atmosphäre des letzten Filmdrittels finden. Denn in seinen letzten vierzig Minuten wird TOURIST TRAP dann doch noch zum formidablen Nightmare Movie, welches nun ganz in seinem unheimlichen Puppen-Ambiente aufgeht und die zuvor offenkundigen Makel vergessen machen lässt. 

Und das Schlussbild. Das bleibt ewig. Unter Puppen, mit einem wahnsinnigen Lachen im Gesicht. Zum Abschied Beklemmung.

Tourist Trap Bild 1
Tourist Trap Bild 2
Tourist Trap Bild 3
Tourist Trap Bild 4
Tourist Trap Bild 5
Tourist Trap Bild 6
FAZIT:

Ein irgendwo in der amerikanischen Gottverlassenheit gelegenes Wachsfigurenkabinett entpuppt sich als wahrlich tödliche Touristenfalle für eine Gruppe junger Leute auf der Durchreise...- Gerade als man Schmoellers Debütwerk als mittelmäßigen Slasher abtun möchte, wird aus der TOURIST TRAP feinste American Gothic. Die Puppen werden unheimlicher, der Puppenmacher bedrohlicher und die Atmosphäre unwirklich-alptraumhaft. Auch ohne allzu psychotische Ausfälle und übertriebenen Bluteinsatz ist TOURIST TRAP ein kleiner, aber gelegentlich schön bizarrer Geheimtipp irgendwo zwischen PSYCHO, TEXAS CHAINSAW MASSACRE und dem KABINETT DES PROFESSOR BONDI.

WERTUNG: 8 von 10 unheimlichen Schaufensterpuppen
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
Johnny Favorite | 16.02.2013 22:55
starker film keine frage! und eine sehr gute kritik auch.
Chris | 17.02.2013 16:40
Vielen Dank! : )
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