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Avere vent'anni

Avere vent'anni

DRAMA, KOMöDIE, EROTIK, EXPLOITATION: ITA, 1978
Regie: Fernando Di Leo
Darsteller: Gloria Guida, Lilli Carati, Ray Lovelock, Vittorio Caprioli, Daniele Vargas, Olga Karlatos

STORY:

Lia und Tina sind unbeschwerte junge Frauen, die das Leben genießen. Sie wollen nicht fremdbestimmt sein und sich weder den Regeln der Gesellschaft noch irgendwelchen Gesetzen unterwerfen. Sie beschließen spontan, gemeinsam nach Rom zu trampen, um dort Aufnahme in einer Kommune zu finden. Was sie in der Hauptstadt allerdings vorfinden, entspricht nicht ganz ihren ursprünglichen Erwartungen. Nichtsdestotrotz quartieren sie sich ein und versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen.
Als die Polizei schließlich alle Kommunen-Mitglieder wegen Verdacht auf Drogenkonsum bzw. -handel festnimmt und verhört, werden Lia und Tina vom ehrgeizigen und brutalen Polizeikommissar Zambo des Stadtgebietes verwiesen. Innerhalb von 24 Stunden müssen sie sich bei der Polizei ihrer Heimatprovinz melden, ansonsten riskieren sie eine Festnahme. Wohl oder übel machen die Beiden sich auf den Weg. Doch die Rückreise verläuft ganz anders, als die zwei Freundinnen sich das vorgestellt hatten ...

KRITIK:

"Avere vent'anni" (engl.: "Being twenty", auch: "To be twenty") ist nicht einfach zu beschreiben.

Ein Grund dafür ist sicherlich die für das Review notwendige Vermeidung von Spoilern. Ein anderer Grund ist schlicht und einfach, dass es sich bei diesem kleinen Kunstwerk um einen ungewöhnlichen Film mit teils absurden Szenen, der weit abseits der Norm liegt, handelt.

Na, Interesse schon ein bisschen geweckt? Mit "Avere vent'anni" begibt man sich nämlich auf einen ziemlich schrägen Trip.

Zwischen Sleaze- und Exploitation-Szenen und Nonsense-Dialogen finden sich tiefgründige philosophische Fragestellungen und feministische Theorien. Nebenbei geht es noch um den Verfall der Werte, physische und psychische Auswirkungen von Drogenkonsum, das Ende der Hippie-Ära, Geringschätzung und Verachtung von Männern gegenüber Frauen und die allgegenwärtige Gewalt.

Ein Drama mit Elementen der Komödie. An manchen Stellen wirkt Fernando Di Leos Werk wiederum wie ein Arthaus-Film. Dann wieder wie eine Sleaze-Bombe. Lange Zeit dümpelt die Handlung eher leicht und seicht vor sich hin und eigentlich weiß am Ende nur derjenige, der den Film als "Director's Cut" gesehen hat, was die eigentliche Aussage hinter dem Dargestellten sein soll.

Das bittere Ende ist tragisch und verdeutlicht, worauf der Regisseur thematisch beim Film wohl das größte Augenmerk gelegt hat. Fernando di Leo, der das Drehbuch für "Avere vent'anni" geschrieben hat und Regie führte, ist ohne Zweifel ein Ausnahmeregisseur, der seiner Zeit um Einiges voraus war. Er selbst betonte in diversen Interviews immer wieder, wie wichtig ihm die Darstellung der Frauencharaktere, die in seinen Filmen vorkommen, sei.

Lia und Tina sind junge Frauen, die auf eine etwas naive Art und Weise mit ihrer Sexualität kokettieren und nach dem Prinzip des Hedonismus zu leben scheinen. Besonders faszinierte Di Leo laut eigener Aussage der Aspekt der Frau als freiem sexuellen Wesen. Frauen, die tun, worauf sie gerade Lust haben und die sich nicht durch Regeln und Moralvorstellungen bzw. Rollenklischees der von Männern dominierten Welt einschränken lassen.

Dieses Verhalten wirkt sich im geschützten Rahmen der Kommune bzw. im Hippie-Milieu zwar nicht nachteilig aus, funktioniert aber außerhalb nur bedingt. Gloria Guida, die in Italien vor allem für (erotische) Komödien berühmt war und Lilli Carati sind zwei optisch ziemlich unterschiedliche Frauentypen, aber jede für sich eine Augenweide. Beide versprühen viel Leichtigkeit, Charme und Erotik.

Und was wäre der Film wohl ohne unseren Lieblings-Hippie Ray Lovelock und Vittorio Caprioli als "Kommunen-Oberhaupt" Nazariota? Und wer Olga Karlatos (u.a. bekannt aus Woodoo oder Keoma) auf Anhieb erkennt, bekommt von mir 10 Punkte und einen Pokal in Form eines Holzsplitters.

Lieblingszitat: Kommunen-Oberhaupt Nazariota (auf die Frage der beiden Frauen, ob sie in der Kommune leben dürfen):"Of course, why not? But now, there's a fee to pay."
Tina: "A fee? Communes can't charge fees! What is this, a hotel?"
Nazariota: "It's a family-run guest house! Communes are a thing from the past. We have to pay electricity, water, gas, solid waste removal."

Avere vent'anni Bild 1
Avere vent'anni Bild 2
Avere vent'anni Bild 3
Avere vent'anni Bild 4
Avere vent'anni Bild 5
Avere vent'anni Bild 6
Avere vent'anni Bild 7
Avere vent'anni Bild 8
FAZIT:

Ein Film, den man als Italo-Fan einfach sehen muss. Der in der Art der Darstellung (nicht nur aus feministischer Sicht) sicherlich diskussionswürdig ist und KritikerInnen vermutlich in zwei Lager spaltet. Und der von einigen Menschen wahrscheinlich nie verstanden werden wird.

Der unsägliche deutsche Titel "Oben ohne, unten Jeans" wird "Avere vent'anni" jedenfalls bei Weitem nicht gerecht. Die schön aufgemachte Doppel-DVD von Raro-Video mit interessantem Bonus-Material enthält beide Fassungen, auch die sinn-entleerte abgeänderte Fassung. Aber das ist wieder eine andere Geschichte ...

WERTUNG: 7 von 10 Kommunen-Oberhäuptern
TEXT © Mauritia Mayer
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Dein Kommentar >>
Chris | 16.08.2010 18:28
Schöne Review! Muss gestehen, dass ich den Film nie wirklich beachtet habe, weil ich ihn in der FLOTTE TEENS-Ecke gesehen habe. Danke, dass du mich eines Besseren belehrt hast. : )
Diese prüden Balken im Trailer sind ja mal voll lego!
Mauritia M. | 16.08.2010 18:33
Das freut mich, danke :) Und untersteh dich, den Film zu bestellen! - Er wird den Weg zu dir ganz von selbst finden... Und ja, total LEGO :D
Chris | 16.08.2010 23:11
: )
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