KOMÖDIE/DRAMA/GROTESKE: USA, 2025
Regie: Yorgos Lanthimos
Darsteller: Jesse Plemons, Emma Stone, Alicia Silverstone, Aidan Delbis
Teddy (Jesse Plemons) ist sich ganz sicher: Michelle (Emma Stone), die toughe Konzernchefin mit dem Zahnpastalächeln ist ein Alien, das mit seinem Pharmakonzern alle vergiften will: Seine Mutter, die Bienen, den Rest der Menschheit sowieso. Zusammen mit seinem retardierten - Verzeihung: neurodivergenten - Cousin Dan fasst Teddy einen Plan: Michelle wird entführt, gefesselt und gefoltert. Damit Michelle und ihre Alien-Kollegen da draußen von ihrem sinistren Plan ablassen ...
Nach THE FAVOURITE, POOR THINGS und KINDS OF KINDNESS ist BUGONIA ist die mittlerweile vierte Kollaboration von Emma Stone mit ihrem Buddy, dem griechischen Arthouse-Extremisten Yorgos Lanthimos.
BUGONIA ist ein Remake des koreanischen Films SAVE THE GREEN PLANET!, über den ich seinerzeit diese Zeilen in die Tasten gehaut habe: Save the Green Planet ist ein Kommentar zur Befindlichkeit der Menschheit anno 2005: Zwischen sogenannter Normalität und Wahnsinn liegt nur ein schmaler Grat, immer mehr Menschen kippen über, "Verrückte", Soziopathen und Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sind von "Normalbürgern" nicht zu unterscheiden. Weil es eben keine Normalität gibt, sondern nur verschieden schwere Formen von psychischen Defekten.
Das war, wie gesagt, vor 20 Jahren. Bevor der Begriff "Schwurbler" überhaupt existierte und "Querdenker" noch positiv besetzt war. Das hat sich inzwischen fundamental geändert: Laut Studien sind mittlerweile 30% der Bevölkerung empfänglich für Verschwörungserzählungen; jeder kennt im Verwandten- und Bekanntenkreis einen Aluhut-Onkel, eine Eso-Tante, gefangen in einer Telegram-Parallelwelt aus Misstrauen, Paranoia und blanker Angst. Angst vor Impfungen, vor Medikamenten, vor Windrädern, vor Elektroautos, vor Regenbogenflaggen, vor Gendersternchen, vor Reptilienmenschen, vor Kinderblut trinkenden "Eliten".
Weil Schwurbelei und Verschwörungsdenken heute weit "normaler" sind als vor 20 Jahren, fehlt dem Remake die wahnwitzige, comichafte Überdrehtheit des Originals. Lanthimos inszeniert wesentlich geerdeter, ruhiger, relaxter. Eleganter sowieso.
Auch die Verschwörungsnarren wirken "normaler" als im Original. Beide Filme beziehen ja einen Gutteil ihrer Spannung aus der Frage: "Was, wenn die Bekloppten doch recht haben", wobei das Remake den Fokus mehr auf den Machtkampf zwischen Entführer und Opfer setzt und weniger bizarre Haken schlägt als das Original (das übrigens visuell die Torture-Porn-Welle der Nullerjahre vorweggenommen hat).
Freilich ist auch der Verstörungsfaktor von BUGONIA höher. Zumindest für mich mit meiner ausgeprägten Aversion gegen (oder eher: Angst vor) Schwurblern, Alternativintelligenzlern und Spinnern jeglicher Coleur. Großartig in seiner Erbärmlichkeit: Jesse Plemons als von jeder Realität entkoppelte, chemisch kastrierte (!) Incel-Karikatur. Spitzenmäßig: Emma Stone als eiskalte, super-kontrollierte, selbstoptimierte Business-Lady. Oder vielleicht doch ein Alien, was weiß man?
Wir haben es schließlich immer noch mit einer Komödie zu tun, sort of. Yorgos Lanthimos eben. Und die Schlusssequenz hält die unglaublichsten und einprägsamsten Bilder bereit, die ihr dieses Jahr im Kino sehen werdet. Große Empfehlung!
Everybody's Darling Yorgos Lanthimos hat seinen neuen Film BUGONIA als Remake der wüsten koreanischen Sci-Fi-Groteske SAVE THE GREEN PLANET (2003) angelegt. Weniger rabiat, viel relaxter im Tonfall, aber deutlich verstörender. Weil diese schwarze, groteske Komödie um durchgedrehte, zu allem entschlossene Verschwörungsnarren über weite Strecken sehr real wirkt.