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Foxcatcher

Foxcatcher

SPORT, BIOGRAPHIE: USA, 2014
Regie: Bennett Miller
Darsteller: Steve Carell, Channing Tatum, Mark Ruffalo, Vanessa Redgrave

STORY:

True Story. Die Brüder Dave (Mark Ruffalo) und Mark Schulz (Channing Tatum) gehören in den 1980er-Jahren zu den weltbesten Ringern. Während der charismatische Dave bereits auch als Trainer arbeitet und glücklich mit seiner Frau und Kindern ist, ist sein in kargen Verhältnissen lebender jüngerer Bruder empfänglich für das Angebot des sonderlichen Multimillionärs Jon du Pont (Steve Carell), auf dessen gigantischem Foxcatcher-Anwesen und auf dessen Kosten für die kommende Olympiade 1988 in Seoul zu trainieren. Die Trainingsbedingungen sind fantastisch, Geld spielt keine Rolle und es ist die ideale Gelegenheit, endlich aus dem Schatten des großen Bruders herauszutreten.

KRITIK:

Alle Jahre wieder ist der Jänner, was sehenswerte US-Filme angeht, eine blanke Katastrophe für Cineasten. Denn um möglichst gute Chancen bei den Oscars zu haben, kommen die Top-Filme nahezu alle zum für eine Nominierungschance letztmöglichen Zeitpunkt fast zeitgleich in die Kinos. 2015 ist einer der besseren Jahrgänge - es ist sogar ein hervorragender Jahrgang, in dem sich da "Foxcatcher" behaupten muss.

Schon dessen erste Einstellung strahlt Düsternis und Melancholie aus - eine Stimmung, die symptomatisch für den gesamten Film ist. Regisseur Bennett Miller hat sich nach "Capote" zum zweiten Mal über eine True Story gewagt und auch zum zweiten mal nach dem, bei uns leider gänzlich untergegangenen, "Moneyball" über ein Sportlerdrama. Mit letzterem hat er schon mal famos unter Beweis gestellt, dass er bestens der Verführung widerstehen kann, eine quasi aufgelegte Geschichte über einen Sportler zwischen Scheitern und Erfolg zu einem kitschig-verherrlichenden Schmonz über die Kraft des amerikanischen Willens zu verwursten. "Capote" wiederum ist durch seine kühlen Distanz zum "Helden" eng verwandt mit "Foxcatcher".

Zwei traurige Gestalten finden da zueinander mit John und Mark. Mark, der, aufgewachsen ohne Vater und Mutter, immer im Schatten seines brillianten Bruders steht, obgleich er selbst ein herausragender Ringer ist. Trotzdem er 1984 schon olympisches Gold gewonnen hat, lebt er unter einfachsten Verhältnissen in einer kargen Baracke. Erstaunlich, wie Channing Tatum Marks Tragik in seiner ganzen Körperlichkeit spürbar macht. So geschmeidig er im Ringkampf ist, so schwerfällig geht er durchs Leben. Und dass dieses Leben hart ist, das sieht man ihm mit jedem Schritt an. Eine Leistung, die doch sehr positiv überrascht von jemandem, der bisher vor allem als sexy Dumpfbacke oder in Actionrollen besetzt wurde.

Marks Trainingsbedingungen mit seinem Bruder als Sparring-Partner und Coach sind alles andere als optimal. Da kann man dann schon leicht empfänglich sein für den absurden Luxus, in dem John du Pont auf dem Foxcatcher-Anwesen seiner Familie lebt. Er, der wiederum nach wie vor im Schatten seiner dominanten, pferdefanatischen Mutter (edelst besetzt mit Vanessa Redgrave) steht, und der sich jetzt als Sportmäzen selbst profilieren will. Gleich beim ersten Kennenlernen zeigt er Mark eine fix und fertig ausgestattete professionelle Ringer-Trainingshalle, inklusive dem bereits omnipräsenten Team Foxcatcher-Schriftzug. Und das Trophäenzimmer im du Pont-Palast, das bis an die Decke voll ist mit Mutterns Pokalen für ihre Pferde, und zu denen sich künftig Ringer-Medaillen gesellen sollen.

Mark bricht also seine Zelte ab und übersiedelt alleine aufs Foxcatcher-Anwesen. Obwohl du Pont auch Dave gerne im Team gehabt hätte, aber der winkt ab. Von Anfang an wirkt die Stimmung am Anwesen latent bedrohlich. John sucht in den unmöglichsten Momenten immer wieder Marks Nähe. Mark sei sein erster wahrer Freund, versichert er ihm. Und auch Mark scheint zunächst ähnlich zu empfinden. Wobei Mark das offenbar so unschuldig wie nur was sieht. Er ist wie ein großes Kind, dessen größtes Lebensziel schlicht und einfach ist, der beste Ringer der Welt zu sein. Ganz anders John, durch dessen Verhalten in all diesen Szenen zwischen den beiden eine gar nicht mal so unterschwellige sexuelle Spannung mitschwingt. Was insofern kein Wunder ist, als Ringen ohnehin der wahrscheinlich homoerotischste Sport überhaupt ist. Wer schon mal einen Ringkampf gesehen hat weiß, was ich meine.

Steve Carell spielt diese unheimliche, gequälte Seele, als hätte er sein Leben lang auf diese Rolle gewartet. Was heißt er spielt, er ist John du Pont. Wie er völlig in dieser realen Person verschwindet (und das hat am wenigsten mit der Riesen-Nase und den hässlichen Zähnen zu tun, die man ihm auf bzw. eingesetzt hat), das ist beeindruckend und gruselig zugleich.

Überhaupt ist "Foxcatcher" einer der düstersten Filme der letzten Monate. Selbst, wenn man die wahre Geschichte dahinter nicht kennt, fürchtet man hinter jeder Einstellung eine Bedrohung, hat jede Szene etwas Unheimliches. Und das, obwohl der Film nicht im Geringsten an Schauwerten interessiert ist (außer vielleicht Steve Carells Nase). Bennett Miller rollt die Geschichte mit einer Ruhe und Gelassenheit auf, die eben gerade beängstigend sind. Es wird wenig gesprochen und doch erzählen die Figuren mit ihren Gesichtern und ihrer Haltung (auch dank der drei überragenden Hauptdarsteller) so viel. Dabei erliegt Miller weder der Verlockung, sich an der Skurrilität der Geschichte zu ergötzen noch am so oft in die Lächerlichkeit gezogenen Style der 1980er-Jahre. Weniger ist mehr. Und so wurde auch die Handlung, die sich in Wahrheit über rund zehn Jahre erstreckt hat, radikal verdichtet. Sodass man schließlich am Ende einiges zu kiefeln hat.

Foxcatcher Bild 1
Foxcatcher Bild 2
Foxcatcher Bild 3
Foxcatcher Bild 4
Foxcatcher Bild 5
Foxcatcher Bild 6
FAZIT:

Einer der düstersten Filme seit langem mit drei ganz großen Schauspielern in den Hauptrollen, die sich gegenseitig übertreffen. Basierend auf einer wahren Geschichte. Würde das US-Starkino doch immer so funkeln.

WERTUNG: 9 von 10 Panzergewehren
Dein Kommentar >>
lalilulelo | 15.02.2015 06:16
ist der neue matrix-geschwister film wirklich so schlecht? kann bitte jemand der den film gesehen hat einpaaar worte dazu sagen und "stimmen" die imdb 6/10?
>> antworten
Ralph | 09.02.2015 10:04
Liebe Monika. (Lieber Harald.) Eine "Olympiade" ist der Zeitraum zwischen zwei olympischen Spielen. ;-)
Harald | 09.02.2015 10:50
Besserwissen macht sexy ;-)
Monika | 09.02.2015 11:10
Hamma wieder was gelernt (oder irgendwie eh schon mal gewusst, aber wieder vergessen). Bzw. als Entschuldigung: mein Hirn war beim Schreiben umnebelt von Keuchhusten und verstopfter Schnupfennase. ;-)
Ralph | 09.02.2015 12:43
Freut mich, wenn ich helfen konnte. ;-)
>> antworten
thomas | 08.02.2015 22:02
Finde Carell eine Fehlbesetzung sein Spiel auf Valium ermüdet einem dann doch mit zunehmender Spielzeit wie auch die ganze Inszenierung dahindümpelt und außer seinem bedrohlichen Grundtenor nichts zu bieten hat. Auch alle Charaktere wirken nicht wie Profi Ringer sondern eher wie ein paar Opis aus dem Altersheim besonders Tatum wirkt als hätte er schon 3 Knie und Hüft OP's hinter sich. Der Film kann sich auch nicht entscheiden zwischen Drama und dem Werdegang der Wrestling Szene in denn USA wo es die meisten heute in die UFC verschlagen hat. So bleibt von beiden zu wenig. Der Oscar Jury gefällt sowas bestimmt ich kann solche Filme die mit muss auf Oscar schielen nichts abgewinnen. Ein existenzielles Drama von der Marke Aronofsky wäre mir lieber gewesen.
Harald | 08.02.2015 22:36
Als Sportfilm hätte ich Foxcatcher eher nicht
gesehen. Für mich ein Drama um beschädigte,
verkorkste, asexuelle Männer (die eine, wie
Monika richtig feststellt, extrem
körperkontaktorientierte, homoerotische Sportart
als Sex-Ersatz betreiben).
Das langsame Erzähltempo hat mich kein bisschen
gestört (auch, weil es nicht wirklich langsam
ist: Immerhin sind das 10 Jahre True Story in 130
Minuten).
Wo Thomas recht hat: Eine Aronofsky-Version von
FOXCATCHER wäre auch eine ziemlich arge
Angelegenheit. Allerdings: Nach diesem Noah-
Debakel ist meine Begeisterung für Mr. Aronofsky
doch ein wenig abgekühlt ...
>> antworten