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Kriminal

Kriminal

COMIC-STRIP: Italien, 1966
Regie: Umberto Lenzi
Darsteller: Glenn Saxson, Helga Liné, Andrea Bosic

STORY:

Nachdem er die Kronjuwelen Englands gestohlen hat, soll der geheimnisvolle Meisterdieb Kriminal - Nomen est Omen - hängen. Der kann aber seiner Exekution entkommen und plant schon seinen nächsten Fischzug: Die Diamanten der Lady Gold. Doch die treibt ein im wahrsten Sinne des Wortes doppeltes Spiel...

KRITIK:

DIABOLIK, SATANIK, KILLING und jetzt KRIMINAL: Meine Aufarbeitung des Comic-Strip all'italiana nimmt langsam erkennbare Züge an. Irgendwann folgen noch das gelbe Ganzkörperkondom ARGOMAN und die Helden in Strumpfhosen, DREI SUPERMÄNNER RÄUMEN AUF -  aber bis wir in solche Niederungen vorstoßen, wollen wir uns erst mal mit diesem ziemlich coolen Vertreter der Meisterverbrecherzunft beschäftigen. Immerhin kann KRIMINAL nun das unwiderstehliche Argument für sich verbuchen, zeichnerisch der direkte Nachfolger von DIABOLIK zu sein.

Im Film war es allerdings genau andersherum: Als Mario Bava seinen oberstylishen Diabolik mit Marisa Mell zwischen Bergen von Dollarnoten Liebe machen ließ, war Kollege Umberto Lenzi mit seinem Superverbrecher schon durch und hatte den Stab bereits für eine Fortsetzung weitergereicht. Nun ist Lenzi ja eher berühmt-berüchtigt für seine harten Poliziesco (von den späteren Zombie- und Kannibalenreißern will ich erst gar nicht reden), aber als guter und vor allem schneller Handwerker kam er in nahezu jedem Genre gut zurecht, in dem er tätig war. Und so kann er natürlich nicht mit Bava mithalten, aber das ist vielleicht auch der falsche Maßstab, denn KRIMINAL weiß durchaus gut zu unterhalten.

Lenzi weiß zumindest, seine Figur in eleganten Tableaus bewegen zu lassen. Es gibt die obligatorische Ich-trinke-Scotch-am-Pool und die Ich-fahre-einen-schicken-Schlitten-spazieren-Szene, ohne die man als Mann in den 60er-Jahren wohl keine Eier in der Hose hatte. Hübsche Frauen in hübschen Kleidern sind selbstverständlich ein Muss, und natürlich verfallen sie allesamt dem oberflächenpolierten Holländer Roel Bos in der Hauptrolle. Nunja. Vielleicht war es ja sein Künstlername Glen Saxson, der ihn für spätere Filme wie FRAU WIRTIN BLÄST AUCH GERN TROMPETE geradezu prädestinierte.

Aber seien wir ehrlich, schauspielerische Fähigkeiten wären in einem Comic-Strip auch eher hinderlich, denn wie soll der gute Mann hinter seiner Maske diese zur Geltung bringen? Nun ist ein im Dunkeln glühendes Skelettkostüm ja auch nicht unbedingt der beste Tarnanzug für einen Raub. Warum zieht er diesen Halloweenfummel dann überhaupt an? Seltsamerweise hat Kriminal noch dazu die Angewohnheit, sich regelmäßig so schnell wie möglich von seiner Maske zu befreien. Bekommt er dahinter keine Luft? Will er seine Freundin nicht erschrecken? Tja, zumindest wusste Lenzi nichts mit dem verunglückten Karnevalskostüm anzufangen, vielleicht war es ihm als Tarnung auch einfach zu billig. Denn Tarnen, Täuschen und falsche Fährten auslegen sind duchaus Kriminals Markenzeichen, aber auch das seiner Gegner.

Und darauf baut der ganze, ziemlich rasant inszenierte Film. Man weiß nie, wer welchen Zug macht, seinen Gegner besser durchschaut oder in die Falle geht. Kriminal lässt Polizisten mit einem raffinierten Coup ihren eigenen Kollegen töten, geht später aber einem einfachen Doppelgängertrick auf den Leim. Lenzi inszeniert dieses Gaunerspiel einer gelangweilten Oberschicht entsprechend kaltschnäuzig und passt seinen Stil daran an: Reißschwenks führen in die Szene ein, harte Schnitte führen den Zuschauer in Bruchteilen von Sekunden durch halb Europa, Intro und Outro sind sogar konsequent eine Verbindung zwischen Realfilm und Comic-Strip.

Und egal was aus Kriminal geworden ist, sein Skelettkostüm ist wohl gleich in Istanbul geblieben.

Kriminal Bild 1
Kriminal Bild 2
Kriminal Bild 3
Kriminal Bild 4
Kriminal Bild 5
Kriminal Bild 6
FAZIT:

Zynisches, aber ziemliches chices 60er-Jahre-Vehikel. Ein Superverbrecher zwischen anderen Dunkel- und Saubermänner, zwischen doppelten Lottchens, falschen und echten Diamanten. Kurzweilige Unterhaltung für alle Eyecandies-Junkies.

WERTUNG: 7 von 10 benebelnden Zigaretten
TEXT © Marcel
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