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Picknick am Valentinstag

Picknick am Valentinstag

OT: Picnic at Hanging Rock
MYSTERYDRAMA: AUSTRALIEN, 1975
Regie: Peter Weir
Darsteller: Rachel Roberts, Dominic Guard, Helen Morse, Jacki Weaver

STORY:

Australien im Jahr 1900: An einem sonnigen Valentinstag brechen die Schülerinnen eines Mädcheninternats mit zwei Lehrerinnen zu den Hanging Rocks auf, um am Fuß der mächtigen Felsenkette zu picknicken. Doch drei Schülerinnen und eine Lehrerin kehren nicht mehr zurück. Sie sind irgendwo zwischen den düsteren Felsen auf unerklärliche Weise verschwunden. Der mysteriöse Vorfall löst nicht nur in der Schule, sondern in der ganzen Stadt eine seltsame Unruhe aus, die letztendlich zu weiteren Tragödien führt…

KRITIK:

Peter Weirs kunstfertiges Mystery-Drama PICKNICK AM VALENTINSTAG gibt mit der Frage, was den Mädchen beim Hanging Rock wohl zugestoßen ist, eines der größten Rätsel der Filmgeschichte auf. Ähnlich wie ein Traum sich jeder Erklärung zu entziehen vermag, wird auch das Geheimnis jenes längst vergangenen Valentinstags wohl nie gelöst werden.

Antworten gibt es also keine… dafür aber dieses majestätische, entrückte und tieftrauriges Kunstwerk von einem Film, welches den Zuschauer auch lange nach dem Abspann nicht los- und der Phantasie weiter freien Lauf lässt. Dabei wird genau die Art von merkwürdiger Atmosphäre kreiert, die die Engländer(oder Australier) mit dem Wort "eerie" umschreiben.

Stopp! mag nun mancher Leser denken. Redet der noch von diesem Film, dessen Titel nach unerträglicher Sonntagsschnulzette stinkt? Aber sicher doch! Ich muss gestehen, dass auch ich lange Jahre blind war. Und der Meinung, dass ein Film, der PICKNICK AM VALENTINSTAG heißt, nichts in meinem von Zombies, maskierten Killern und schwarzen Emanuelles bevölkerten Filmschrank zu suchen hat. Ich war ein Narr.

Denn PICKNICK AM VALENTINSTAG ist trotz seines tragischen Inhalts nicht melodramatisch; trotz Arthousenähe nicht verkopft und trotz seines auf den ersten Blick abschreckenden, doch trefflich gewählten Titels ein seltsames, aber sehr erhabenes Filmerlebnis, das auch für den aufgeschlossenen, der Gorephase entwachsenen Horrorfan interessant sein könnte. Aber das viel zitierte Open Mind ist hier neben der Fähigkeit, sich ganz in Ruhe auf einen Film einlassen zu können, Grundvoraussetzung. Dann wird Weirs Werk magisch werden und seine atmosphärischen Wunder wirken.

Denn mit Ankunft der Mädchen beim Hanging Rock und dem Einsatz von Bruce Smeatons hypnotischen, mit Gheorghe Zamfirs Panflöte konspirierenden Score werden wir in eine andere Welt entführt. Jetzt gleiten die lyrischen Bilder ins Unwirkliche, schleicht sich das Unbehagen in den Sonnenschein. Weir breitet ein Festbankett der seltsamsten Stimmungen vor uns aus; was in dem unheimlichen Verschwinden von vier Personen gipfelt. Dem folgen mehr oder weniger erfolglose Suchaktionen und weitere beklemmenden Szenen an den Felsen, bevor die mysteriöse Tragödie die brüchige heile Fassade der Mädchenschule endgültig bröckeln lässt und darunter nur weiteres Leid zum Vorschein kommt.

Die folgenden Geschehnisse sind so vieldeutig, dass ich mir das Kundtun meiner eigenen Beobachtungen an dieser Stelle spare. Vielmehr will ich mit der Empfehlung an die werte Leserschaft schließen, dass sie selbst einen Ausflug an die Hanging Rocks unternehmen möge; zum Picknick gibt´s da nämlich Gedankenfutter. Sollte der Appetit nicht so groß sein, nutzt man eben die zweite Option und lässt sich von der grandiosen Atmosphäre des Films gefangen nehmen. Und geht selbst - wie diese jungen Frauen - zwischen den düsteren Felsen verloren…

Picknick am Valentinstag Bild 1
Picknick am Valentinstag Bild 2
Picknick am Valentinstag Bild 3
Picknick am Valentinstag Bild 4
Picknick am Valentinstag Bild 5
Picknick am Valentinstag Bild 6
FAZIT:

Eine Felsenkette in der australischen Wildnis wird trotz Sonnenschein und Liebesgedichte zum Bermuda-Dreieck für ein paar Internatsschülerinnen und Auslöser für weitere menschliche Tragödien. - Eines der letzten ungelösten Rätsel der Filmgeschichte entpuppt sich nicht nur als perfektes Mystery-Drama, sondern als mächtiges Monument der Schwermut. Den anspruchsvollen Lesern sei empfohlen, den Picknickkorb zu packen und gen Hanging Rock aufzubrechen.

WERTUNG: 10 von 10 schwarzen Felsnischen
TEXT © Christian Ade
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8/10
Dein Kommentar >>
Andreas | 03.06.2009 10:18
Danke für das Review. Hat mir gut gefallen. Das Ganze erinnert in seiner ruhigen Art ein bisschen an die Kaidan Filme der 60er Jahre(e.g. Yuki no Onna (Die Schneefrau)).

Die finale Lösung im Internet (ich wußte nicht, dass es eine gab) zu lesen , fand ich sogar gut, weil das gibt dem Film eine neue Dimension (Aha! Das ist genau passiert!).

- Wobei ich die "Community"-Lösung besser finde, als das tatsächliche Ende von der Authorin, welches um einiges unlogischer ist.

7 von 10 Botticelli Engel
Alina | 04.08.2010 11:03
Wo kann ich die finale Lösung im Internet lesen?
Chris | 07.08.2010 10:29
Ich habe die Lösung mittlerweile auch gelesen. Eher zufällig in einem Buch über "Unerklärliche Phänomene". Wo es sie im Net gibt? Diese Frage gebe ich mal an die Kollegen Andreas und Ralph weiter.
Chris | 07.08.2010 12:25
@ Alina
Googel mal "The solution to Joan Lindsay´s novel..."
Der erste Treffer müsste dir weiter helfen. : )
PS: Ist aber ein bißchen enttäuschend.Ich persönlich wäre lieber unwissend und bei meinen eigenen wilden Theorien geblieben. Aber mir hat die wahre Lösung auch unter den Nägeln gebrannt... : )
Marcel | 06.04.2011 13:55
tja, warum hörst du auch nicht auf mich? :-P
>> antworten
Ralph | 29.05.2009 09:22
Meine vollste Zustimmung!!! Ist einer meiner Lieblingsfilme!!!


"Spoiler"

Der Film basiert übrigens eine Romanvorlage, die ein Kapitel (das die Autorin aber erst nach ihrem Tod veröffenlticht hat (wenn ich mich recht entsinne) mehr hat, und wo das "Rästel" gelöst wird, was aber der herrlichen Vieldeutigkeit sicherlich schadet. Ok, eigentlich ist das kein Spoiler, weil ich verrate ja nicht was dort steht;-)
Chris | 29.05.2009 17:00
@Ralph
Eigentlich sollte ich das Buch auf der Stelle kaufen...aber ich habe Angst, dass die Auflösung enttäuschend ist. Meinst du, es ist besser, wenn man das Rätsel ungelöst lässt? : )
Ralph | 29.05.2009 19:45
Da bin ich jetzt überfragt, aber ich kenne das Ende (aus dem Internet;-) und finde dass der Film dadurch trotzdem nichts von seiner Faszination eingebüsst hat. Diese mysteriösen Ereignisse sind ja letztlich nur ein McGuffin, der dazu dient, diese Welt zu dekonstruieren. Aus der Perspektive schadet es nicht, wenn man ihn auflöst. Wenn du aber weniger die Studie, sondern das Rätsel selbst als ausschlaggebend empfindest, könntest du schon eine Enttäuschung erleben...
Chris | 30.05.2009 10:55
Ich fand jeden Aspekt des Films einfach klasse. Das Rätsel und die unheimliche Stimmung hat mich als eingefleischten Horrorfan erst angelockt, aber auch als klar war, dass es dem Film eher um die Menschen geht, die mit den Verschwundenen die Stützpfeiler ihrer Leben verloren haben, hat mir der Film weiterhin sehr gut gefallen. Aber die Szenen an den Felsen könnte ich mir zehnmal am Tag ansehen.Und ich glaube, ich lasse den Hanging Rocks ihr Geheimnis... : )
Marcel | 05.02.2010 15:45
@chris: Ich kann ja verstehen, dass man UNDEDINGT eine Auflösung herbeisehnt. Aber glaub mir, ohne ist der Film besser. Und auch der Roman (soweit ich weiß, ist das Ende auch im Buch nicht drin, sondern erst später veröffentlicht - in einer Vorlesung am Hanging Rock). Die Alternativenden, die von der Community entworfen worden, fand ich auch irgendwie packender. Aber wie gesagt, ganz ohne ist am besten.

8 von 10 "wohltemperierten Klavieren"
>> antworten
Harald | 28.05.2009 23:16
...gekauft!
>> antworten