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Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte

Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte

OT: Rare Exports
FANTASY-THRILLER: Finnland, 2010
Regie: Jelmari Helander
Darsteller: Onni Tommila, Jorma Tommila, Per Christen Ellefsen, Tommi Korpela, Rauno Juvonen, Peeter Jakobi

STORY:

In einem abgesperrten Gelände an der finnisch-russischen Grenze werden mysteriöse Bergbauarbeiten durch einen amerikanischen Geschäftsmann namens Riley getätigt. In der Nähe leben ein paar Familien lappischen Ursprungs, deren Lebensunterhalt von der Rentier-Zucht abhängt. Doch eines Tages sind nahezu alle Rentiere tot und auch am Bergbaugelände können die Siedler niemand antreffen. Pietri, ein kleiner Junge, der mit seinem Vater dort wohnt, weiß aber, was die Baufirma gefunden hat. Nichts weniger als den originalen Weihnachtsmann. Und Pietri weiß noch mehr, nämlich, dass die Legenden um Santa, nun ja, etwas geschönt sind. Auf einmal verschwinden fast alle Kinder der Siedler genau so wie ihre Öfen. Und in der Bärenfalle von Pietris Vater hockt ein alter, bärtiger Wilder mit einer feinen Nase für Kinder und leicht kannibalistischen Anwandlungen. Zeit, Vorkehrungen zu treffen oder besser noch, gute Geschäfte zu machen.

KRITIK:

Als Kind vielleicht die Mumins kennengelernt? Paasilina oder Niemi gelesen? Lieber Arvo Pärt oder doch Lordi? Kaurismäki oder IRON SKY?

Bei gefühlten 50 Grad Schattentemperatur hatte ich mal Lust auf einen Winterfilm. Besser noch, einen Weihnachtsfilm. Und nicht nur das. Ein finnischer sollte es sein, um ein bisschen Coolness in mein verschwitztes Leben zu bringen. Konnte ich da falsch liegen, wenn ich mir den Gewinner des Sitges-Fantastic-Filmfestivals 2010 bzw. des Brüssel-Fantastic-Filmfestival 2011 aussuchte. Ne, oder?

Famose Landschaftsaufnahmen, hauptsächlich aus Norwegen, und die deprimierende Lebenssituation im Lauf der Zeit festgefahrener ehemaliger Nomaden und trotzdem kein Dokumentarfilm.

Ein süßer (O-Ton meiner Frau: Ach, ist der liiieb) Fratz, der ein wenig an Lindgrens Michel erinnert und doch kein wirklicher Kinderfilm.

Zielgenau durch die Nacht geworfene Spitzhacken und kein Slasher.

Coole Oneliner der Lappen, aber kein Actioner. Nein, die haben einfach nicht mehr zu sagen.

Kannibalen wären Horrorfilm, das ist RARE EXPORTS aber auch nicht.

Ein böses Märchen. Hmm, vielleicht.

Der zumeist unnötige Subtitel für die deutschsprachige Fassung trifft's am ehesten: eine Weihnachtsgeschichte und so sollte man das wohl stehen lassen.

Ah ja, und finnisch ist er und dementsprechend ein wenig schräg. Und schräg ist er wirklich.

Keine Sekunde langweilige achtzig Minuten pure Finnen-Coolness mit einem Ensemble von kuriosen Charaktern irgendwo am Rande des Wahnsinns. Und dann noch diese Geschichte mit und um den Santa und seine Wichtel. Wenn man bedenkt, dass sich die Finnen als legitimer Heimatort des Santas sehen, könnte man fast annehmen, dass ihnen das eigentlich eher lästig ist, zumindest dem Herrn Regisseur. Ich will ganz einfach nicht zu viel verraten, aber die Handlung dreht und wendet sich in einer Art organisierten Chaos und auch der Titel spielt noch eine gewichtige Rolle. Großes Lob auch noch für die Auswahl von Per Christen Ellefsen als Riley, der immer irgendwie kurz im Film auftaucht und neben seinem Part so eine Art Erzähler gibt. Der Kerl sieht aus, als hätte Helander den direkt aus einer Ausgabe von Dickens' Weihnachtsgeschichte gerissen.

Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte Bild 1
Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte Bild 2
Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte Bild 3
Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte Bild 4
Rare Exports - Eine Weihnachtsgeschichte Bild 5
FAZIT:

Ein irgendwie unkategorisierbarer Film, der unbestritten und auf alle Fälle äußerst schräg ist. Technisch wie schauspielerisch brillant und derart hervorragend zum finnischen Kultur-Oeuvre passend, dass bei größerer Bekanntheit höchster Kult-Status-Alarm gegeben ist.

WERTUNG: 9 von 10 zugetackerten Adventkalendertürchen
TEXT © Erich H.
Dein Kommentar >>
christoph | 22.12.2013 19:19
9 von 10?

teilweise peinlich übermotiviert bemüht und krampfzustände lassen diesen schluss bei mir nicht zu. 6 von 10 idiotischen enden

sorry;)
>> antworten
Marcel | 05.08.2013 17:43
Arvo Pärt! Ave Päärt klingt viel zu sehr nach einem wortkargen römischen Gladiator. ;-)

Aber mit seinen leisen Tönen rockt der mehr als Lordi. Auch wenn die Esten vermutlich die Rentiere auf uns hetzen werden, weil wir unter all den Finnen ihr Aushängeschild reingschmuggelt haben.
Erich H. | 08.08.2013 23:06
@Marcel Sibelius in mein Gehör. Den Pärt werd' ich natürlich ehestmöglich korrigieren. Ist schon klar, Santa ist Lappland, doch Lappland ist Finnland aus Sicht der Helsinkiaten (nennt man zwar sicher nicht so, aber klingt lässig), haben sie mir selbst gesagt vor zwei Jahren. Und Rentiere sind so oder so das Schnitzel der Finnen, ist so, sorry.
Trotzdem ein cooler Film.
@Mauritia
Wann sonst, wenn nicht im Tropensommer ;-)
Ich bin ja auch der Mensch, der, wenn draußen sogar der Staub zum Schwitzen anfängt, der alle Fenster aufreißt und wahlweise "Harmonica" oder auch "Silent Night" in der Mahalia Jackson-Gospelversion spielt. Sollen die Nachbarn doch wissen, welche Zeit gerade ist :-)
@Harald
Michel rockt, vor allem 7jährige; Gefährlich wird's, wenn deine Kleine auf Pippi Langstrumpf umsteigt ;-)
>> antworten
Mauritia M. | 04.08.2013 22:37
@Erich: Ich werde mir den Film zwar nie ansehen, aber: was für eine coole, verrückte Idee, bei dem Wetter über einen Weihnachtsfilm zu schreiben!
@Harald: Schade, diese Rezension hätte ich gerne gelesen :)
>> antworten
Harald | 04.08.2013 22:19
Ich glaub ja nicht an Zufälle, aber dass mein
Töchterchen (7) exakt in dem Moment Astrid Lindgrens
"Michel in der Suppenschüssel" in den Player wirft,
als ich die Referenz hier lese, ist nun doch ... nun
ja, interessant. Rare Exports hört sich großartig an
und wurde übrigens auch am /slash-Filmfestival
gezeigt. Spinnerte Finnen-Filme kann's ja nie genug
geben. Und der Michel war auch nicht schlecht. Rezi
mach ich aber trotzdem keine ...
>> antworten