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Blutmond

Blutmond

OT: Manhunter
THRILLER: USA, 1986
Regie: Michael Mann
Darsteller: William Petersen, Kim Greist, Joan Allen, Brian Cox, Dennis Farina

STORY:

Nachdem William Graham während der Jagd von Hannibal Lecter fast wahnsinnig geworden wäre, zog er sich zu seiner Familie zurück und legte seinen Job nieder. Als der ehemalige Profiler Jahre später dann dringend bei der Suche nach einem Serienmörder benötigt wird, der bei Vollmondnächten hilflose Familien überfällt, fühlt er sich seinen damaligen Arbeitskollegen verpflichtet und nimmt, wenn auch kurzzeitig, seinen Job wieder auf. Um ein exaktes Profil des Mörders erstellen zu können, muss er mit dem inhaftierten Hannibal Lecter zusammen arbeiten…

KRITIK:

Es ist ein zeitloser Moment, um den schlussendlich der komplette Film kreist: Vor dem Höhepunkt einer eigenartigen Nacht kreuzt urplötzlich ein einsamer, vom Rudel abgetrennter Kojote den Weg der beiden Hauptpersonen in COLLATERAL. Es ist einer von vielen magischen Momenten, wie wir sie Michael Manns Filmen nicht selten zu Gesicht bekommen.

Vor allem ist es eine wichtige Szene, vielleicht sogar der wertvollste Moment in Michael Manns Oeuvre, denn das Motiv des verlorenen Rudeltiers, des einsamen Wolfes in der "Stadt ohne Zentrum" lässt sich in vielen seiner Filme, auch in MANHUNTER, wieder finden.

MANHUNTER aber lässt nicht nur Manns Sinn für präzise Charakterzeichnungen erahnen, sondern auch sein unverkennbares Gespür fürs Visualisieren. Nachdem Michael Mann mehrere Jahre als Produzent der Erfolgsserie MIAMI VICE gearbeitet hatte und bei Fans seit eh und je als wahrer Erfinder der Serie gilt, ist seine Verfilmung des Thomas Harris' Romans "Red Dragon" der erste Spielfilm, mit dem er auch bei der Kritik auf sich aufmerksam machen konnte.

Wer Michael Mann kennt, weiß, dass MANHUNTER kein konventionelles Vergnügen werden konnte. Dieser hoch spannende, in seiner Aufmachung eigenartige Horror, ist alles andere als leicht zu verdauen bzw. massentauglich. Demzufolge spielte der 15 Millionen Dollar teure Film, gerade einmal zehn Millionen seines Budgets wieder ein.

Was später Manns Markenzeichen werden sollte - die virtuose Montagetechnik und die toll eingefangenen Bilder- nutzt Mann hier effektiv, ohne übermäßig viel Kunstblut zum Einsatz zu bringen, um den Zuschauer für zwei Stunden zu Mittätern zu machen. Schon nach wenigen Minuten bangen, hat Mann den Zuschauer fest in der Schlinge: In der bloßen Beleuchtung des Mondes, untersucht William Graham den Tatort, an dem kurz zuvor ein wahnsinniger Serienmörder gewütet hat. Während aus dem Off bedrohliche Klänge ertönen, scheint die Kamera wie fixiert den Lichtpegel von Grahams Taschenlampe zu verfolgen. Als geschickter Schockeffekt verpackt, betätigt Graham unerwartet den Schalter des Schlafzimmerlichtes. So wirkt das, was man in wenigen Zehntelsekunden erhascht, umso stärker nach. Die mit Blut verunreinigten, man möchte fast sagen, die in hoch ästhetisches Rot getränkten Wände spiegeln den Tathergang auf grausame Weise wider.

Der Gegenschnitt erfolgt ebenso konsequent: Stur auf Graham gerichtet, verliest dieser für sein Diktiergerät das, was sich hier abgespielt haben muss: Im Licht des Vollmondes hat der Killer zuerst die Frau erschossen und dem Mann darauf hin die Arterien durchtrennt.

Der äußerst kompetente Regisseur sorgt dabei durchgehend für Spannung und Tiefgang. Was daran problematisch ist, scheint für mich einzig der Fakt, dass es sich bei MANHUNTER um eine Romanverfilmung handelt, und man das dem Film anmerkt. Thomas Harris gelang es mit "Red Dragon" ein sauberes Psychogramm seiner Figuren zu fertigen. Er wirft nicht nur einen scharfen Blick auf die Vergangenheit von Graham - auf dessen Beziehung zu Lecter -, sondern entlarvt auch den Psychopathen als normalen, wenn auch verstörten Menschen.

Der durch die Vorlage gegebene Rahmen ist komplex, und Mann bleibt diesem so weit wie möglich treu. Vieles, thematisch Interessantes wird nur angerissen oder erhält gar keine Vertiefung. Von Graham, von Lecter und von der Zahnfee - es hätte noch viel zu erzählen gegeben.

Mann geht Kompromisse ein, er gibt sowohl drauf acht, spannend zu erzählen, sich nicht in Subplots zu verheddern, aber gleichzeitig eine Charakterzeichnung mit Tiefe zu bieten. Der Punkt ist, dass sein Film unbestritten empfehlenswert ist, das Potenzial aber dennoch nicht voll ausgeschöpft wird.

Blutmond Bild 1
Blutmond Bild 2
Blutmond Bild 3
Blutmond Bild 4
Blutmond Bild 5
FAZIT:

BLUTMOND a.k.a. MANHUNTER ist ein Film von und über Michael Mann. Er offenbart interessante Ansätze des Regiegenies; Motive und Darstellungen, die auch später noch von Bedeutung für Mann waren. Ein auf visueller Ebene großartiges Thriller-Drama, mit William Petersen, Brian Cox und Dennis Farina zudem exzellent besetzt. Michael Mann ist eben eine verdammt sichere Bank.

WERTUNG: 8 von 10 nächtlichen Besuchen
Gastreview von Lukas
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Dein Kommentar >>
Erich | 29.07.2011 23:45
Nichts gegen Hopkins oder Foster, ganz sicher nicht - aber nur diese Harris-Verfilmung empfinde ich als werkgetreu. Ganz abgesehen davon ist sowohl Kameraführung als auch Filmmusik ein Meisterstück für sich. Übrigens, wer "Schweigen der Lämmer" gelesen hat, dem (oder der) ist vielleicht aufgefallen, dass Sterling im Buch Kontakt zu Graham sucht, bevor sie sich an Lecter wendet und dieser sie ausdrücklich vor den Spielchen Lecters warnt. Ein, behaupte ich mal, nicht unwichtiges Missing Link (trotz anderer Darsteller ist das keine Ausrede für mich, sonst ist Hollywood auch nicht so empfindlich)
>> antworten
6uellerBpanda | 18.10.2009 08:56
hatte mir mehr erwartet. man erkennt das dies noch im anfangsstadium von manns schaffen ist - parallelen zu seinen zukünftigen werken sind zu erkennen. spannung ist für mich kaum aufgekommen. ich finde das remake besser - obwohl mit schlechten edward norton dafür mit umso besseren ralph fiennes. trotzdem zum anschauen.
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Rodja | 11.03.2009 19:40
Was mir bei Brian Cox als Hannibal Lecktor (sic!) gegenüber Anthony Hopkins als Hannibal Lecter besser gefallen hat: Hopkins selbst ist in einer geheimnisvollen Umgebung eingesperrt. Cox hingegen ist in einem sterilen, weißen Gefängnis. Und es ist von Anfang an klar: Er ist das Geheimnis, die Gefahr. Und William Pedersen hat Angst vor diesem Mann. Das kommt - meiner Meinung nach - viel besser rüber als im Remake.
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Nic | 08.03.2009 19:50
pflichtfilm für mann-fans, und einer der wenigen guten spielfilme mit william p.
apropos: Nico, wo bleibt denn deine Heat-kritik? ;)
Lukas | 08.03.2009 22:35
Kommt noch, auch wenn ich befürchte dem Film mit Worten nicht gerecht werden zu können;)
Lukas | 10.03.2009 20:00
Beim zweiten Lesen fällt auch mir auf, dass du ja Nicolai meinst.

Dann heißt es wohl: Wer zuerst kommt, malt zuerst.
>> antworten