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Dead End Drive-In

Dead End Drive-In

ACTION: AUS, 1985
Regie: Brian Trenchard-Smith
Darsteller: Ned Manning, Natalie McCurry, Peter Withford, Wilbur Wilde

STORY:

Als sich der junge Automechaniker Crabs von seinem Bruder einen 56er Chevy ausborgt, um seine Freundin Carmen ins nahegelegene Autokino auszuführen, ahnt er noch nicht, dass er in eine Falle gelockt wurde. Das Kino, das von einem elektrischen Zaun umgeben ist, dient nämlich als Jugendstraflager. Bist du einmal drin, kommst du nicht mehr raus, es sei denn, du bist Crabs, dem die Zukunft gehört.

KRITIK:

Heute im Heimkino: Ein von Quentin Tarantino gelobter Eighties-Endzeitfilm aus Australien, der zur Gänze in einem Autokino spielt. Am Regiestuhl saß der bewährte britisch-australische Exploitationfilm-Routinier Brian Trenchard-Smith, dem uns schon auf die Insel der Verdammten entführte und den Mann aus Hongkong vorstellte.

DEAD END DRIVE-IN wird der Gattung der Ozploitation-Filme zugerechnet, also Exploitationfilme made in Australia ("Oz" ist, wie ich erst kürzlich gelernt habe, eine umgangssprachliche Bezeichnung für Australien). Im Windschatten der legendären Mad Max-Filme stürzten sich internationale Verleiher wie die Geier auf alles, was aus Australien kam und brachiale Autostunt-Action in postapokalyptischen Szenarien versprach. Entsprechend reißerisch wurde der Film auch vermarktet: "Die Saat von MAD MAX geht auf! Mit 260 PS preschte er in die Freiheit!" (Presse-Mitteilungen)

Dumm nur, dass der Film nie als Mad Max-Imitat angelegt wurde. Auch wenn er den angeblich bis dato teuersten Auto-Stunt der Filmgeschichte aufbietet, wo ein Truck über eine Mauer und durch die Neonlichter eines Autokinos fliegt.

Neon ist ein gutes Stichwort. Der gesamte Film erstrahlt in den buntesten und sattesten Neonfarben, die die Achtziger Jahre aufbieten konnten. Er wirkt wie ein modisches und musikalisches Schaufenster in eine Zeit, die zumindest manche von uns live miterlebt haben: Frauen tragen hochtoupierte Haare und expressives Make-up, die Lederröcke sitzen knapp, die Absätze sind hoch. Getragen wird, was gerade passt, Versatzstücke aus Punk, Gothic, New Wave und BSDM-Kultur, die damals noch Sado-Maso hieß. Treibender Synthie-Pop wummert vor sich hin, Graffitis säumen die Straßen, über die Fernsehschirme flimmern bunte Musikvideos.

Mal erinnert das Setting an Escape from NewYork, mal sogar an Tromaville, dann wieder an eine "Outsiders" oder "Rumble Fish"-Version im Look eines Duran Duran-Videos. Alles sehr weird, man kommt aus dem Staunen kaum raus. Und man entdeckt immer wieder lustige und bizarre Details: Zum Beispiel das schöne "Rambo 8"-Poster mit der Tagline "Rambo takes Russia".

Schön ist auch, dass der Film eine fast schon spielerische Leichtigkeit aufweist, mit der er die Stile und Genres mixt: Subversive Endzeit-Dystopie, Gesellschaftssatire, Jugend(knast)-Drama, (unglückliche) Lovestory, Action-Knallfrosch mit New Wave-Sound, Brian Trenchard-Smith hat alles drauf.

Mit der Vermarktung als Mad Max-Nachfolger hat man dem Film freilich keinen Gefallen getan. Er fiel an den Kinokassen mit Bomben und Granaten durch. Wohl, weil er eindeutig nicht action-, sondern handlungsgetrieben ist.

DEAD END DRIVE-IN hat nämlich auch eine Geschichte zu erzählen, die sogar auf einer Romanvorlage basiert, die aber Brian Trenchard-Smith nach eigenem Bekunden gar nicht gelesen hat. Man merkt vielleicht: Ein etwas eigenwilliger Film, der sich selbst nicht zu hundert Prozent ernst nimmt. Und doch große Fragen stellt: Mir ist jedenfalls kein anderer Low Budget-Streifen aus dieser Zeit bekannt, der den damals schon aufkommenden politischen Populismus zum Thema macht. Aber das wissen wir ja: Dass vermeintliche Schundfilme, wie man sie früher abfällig genannt hat, oft die klügeren Statements zum Zustand von Menschheit, Staat und Gesellschaft abgeben als so manches Hochkulturprodukt.

Hab ich Euch neugierig gemacht? Jetzt wollt ihr sicher wissen, wo man diesen schönen Film sehen kann. Es war einmal auf Amazon Prime verfügbar, ist aber mittlerweile im digitalen Nirvana verschwunden. Interessierte greifen zum Mediabook von Xcess Entertainment. Neben dem Originaltitel gibt es auch Covermotive mit den eher nichtsnutzigen damaligen Verleihtiteln "Crabs - Die Zukunft sind wir" und "Escalation". Mediabooks kosten freilich ein bisschen Geld, aber ist ja nur Geld, um mit Deichkind zu sprechen. Dafür gibt's ein aufwendiges Booklet und einen sehr informativen Audiokommentar der geschätzten Filmwissenschaftler Dr. Marcus Stiglegger und Dr. Kai Neumann. Tut was für Eure Bildung und bestellt diese schöne Veröffentlichung!

Dead End Drive-In Bild 1
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Dead End Drive-In Bild 8
FAZIT:

Von Quentin Tarantino gelobter postapokalyptischer Film aus Australien, der fast zur Gänze in einem Autokino spielt und im vielleicht schönsten Neonlicht der Achtziger Jahre erstrahlt. Großartige Frisuren, Gang-Rivalitäten, Autostunts, Sex, New Wave-Sound, politischer Subtext, alles da.

WERTUNG: 8 von 10 gestohlenen Reifen
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