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Der Fall des Lemming

Der Fall des Lemming

KRIMI: AUT, 2009
Regie: Nikolaus Leytner
Darsteller: Fritz Karl, Roland Düringer, Julia Koschitz, Dolores Schmidinger, Sandra Cervik, Miguel Herz-Kestranek

STORY:

Leopold "Lemming" Wallisch, vormals Polizist, nun Privtdetektiv ("Wann ma se's vabessan konn", täte der Kottan dazu sagen) soll einen vermeintlichen Fremdgeher von seiner Frau aus bespitzeln. Als dieser aber ermordet wird, stellt sich heraus, dass Lemming als Leibwächter hätte herhalten sollen. So wird er ungewollt in einen aufgewärmten "Cold Case" hineingezogen und hat dabei noch seinen Exchef Roland Düringer am Hals...

KRITIK:

Die Lichter gehen aus, wohlig wird's im Kinossal und alles was man sich wünscht ist die Stimme des Herrn Hermes, die uns zuflüstert: "Jetzt ist schon wieder etwas passiert." Ich meine Krimi mit Wiener Schmäh, Fritz Karl und dem Düringer in den Hauptrollen, man wird doch wohl noch hoffen dürfen... Aber frage nicht.

Passieren tut hier leider gar nix. Eine stinklangweilige 08/15 Krimihandlung wie man sie in jeder Kommisar Rex oder Bulle von Tölz Folge schon besser gesehen hat. Dazu kommt eine ohnehin schon wenig überzeugende Hintergrundgeschichte um einen bösen Lateinlehrer, der sehr an Torbergs Mathematikprofessor Kupfer erinnert, was irgendwie nicht in so recht in die Siebzigerjahre passen möchte. Dass Österreich nicht gerade ein Vorreiter in der Achtundsechziger-Bewegung war, wissen wir eh alle, aber das geht dann doch ein bisschen zu weit.

Aber kommen wir zur Ästhetik. Ebenfalls Fehlanzeige: Fernsehbilder weit unter dem Niveau von Tatort oder Trautmann. Dazu noch ein Nullbudget, sodass auch jeder Versuch einer angedeuteten Actionszene unglaubwürdig wirkt.

Aber es gibt natürlich auch Lichtblicke: Die Darsteller und der Schmäh. Ausnahmslos hervorragend besetzt (vor allem der charismatische Fritz Karl weiß zu überzeugen) und gekonnt gegeben diese Figuren, allerdings auch hier mit einer obligatorischen Ausnahme. Der Nichtschaupieler Roland Düringer mimt Lemmings Exvorgesetzten so dermaßen ironielos, dass man nur noch den Kopf schütteln kann.

Entweder man macht eine Satire, dann kann man mit solchen Übertreibungen leben, aber dadurch, dass Düringer die Figur des Krotznig mit solchem Ernst anzulegen versucht, wirkt das ganze so dermaßen eindimensional und facettenlos, dass man diese Figur einfach nicht annehmen kann und sich natürlich fragt, warum sie die anderen Figuren im Film annehmen. Von der ersten Szene an stellt Krotznig, trotz zugegebermaßen saulustigen und beinahe zu 100% zündenden Onelinern im wienerischen Dialekt, ein surrealen Fremdkörper dar, Aktualität hin oder her (er erschießt nämlich auch einen minderjährigen Verbrecher wie kürzlich ein überfordertes Sicherheitsorgan in Krems, nur dass die Figur im Film weder psychische noch rechtliche Probleme deswegen bekommt).

Das passt einfach nicht ins sonst stimmige Figurenensemble und kein Mensch kann begreifen, wieso niemand gegen diese Arschwarze vorgeht. Womöglich muss man dafür die psychologische Theorie der erlernten Hilflosigkeit bemühen, aber ich denke einfach es liegt an einer schlechten Regie- und Darstellerleistung.

Es bleibt die Frage, warum dieses Filmchen unbedingt eine Kinoauswertung verdient hat. Obwohl durch seinen österreichischen Charakter sicherlich ganz nett, ist dieser Film ausnahmslos jedem österreichischen TV- und Kinokrimi der letzten Zeit wie Tatort, Trautmann, den Brenner-Filmen, Polt und sogar den Vier Frauen mit ihren Todesfällen inhaltlich wie formal hoffnungslos unterlegen. Da hätte eine TV-Verfilmung wirklich gereicht, auch wenn man da vielleicht nicht ganz so explizit ans Werk hätte gehen können. Aber Busen, Blut und unfreiwilliger Kannibalismus konnten diesem Film auch nicht mehr retten. Brenner, wo bist du?

Der Fall des Lemming Bild 1
Der Fall des Lemming Bild 2
Der Fall des Lemming Bild 3
Der Fall des Lemming Bild 4
Der Fall des Lemming Bild 5
FAZIT:

Leider ein im schlechten Sinne typisch österreichischer Kinofilm, der nur vom Wiener Schmäh lebt, aber darüber hinaus in Sachen Form und Inhalt ein nur wenig episches Duell zwischen Not und Elend bietet. Dem lokalen Publikum dennoch empfohlen, aber erst in einem Jahr, wenn er im Fernsehen läuft.

WERTUNG: 5 von 10 Leberkässemmeln
TEXT © Ralph Zlabinger
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Dein Kommentar >>
Andreas | 02.10.2009 12:25
dann schon lieber lemming mit charlotte gainsbourg (2005)
Nic | 08.10.2009 19:20
bald in "Antichrist" zu sehen (Viennale)
Andreas | 13.10.2009 14:11
ja, ich weiß (hab antichrist schon gesehen). sie spielt(e) darin großartig!
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