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Die Taschendiebin

Die Taschendiebin

OT: The Handmaiden / Agassi
EROTIKTHRILLER: KOR, 2016
Regie: Park Chan-wook
Darsteller: Kim Min-hee, Ha Jung-woo, Cho Jin-woong

STORY:

Sook-hee ist die Tochter einer Gaunerfamilie. Ihr Spezialgebiet sind Taschendiebstähle. Der Hochstapler und Heiratsschwindler Fujiwara schleust die junge Diebin ins luxuriöse Anwesen der japanischen Lady Hideko ein. Sook-hee soll das Vertrauen der Hausherrin erschleichen und dem Auftraggeber helfen, das Herz der Lady zu erobern. Doch der Plan scheitert - weil sich Hideko und Sook-hee näherkommen.

KRITIK:

Nach seinem Hollywood-Ausflug mit dem eleganten Psychothriller STOKER ist der koreanische Bilderstürmer Park Chan-wook in seine Heimat zurückgekehrt. THE HANDMAIDEN ist im Korea der 30er-Jahre angesiedelt, als das Land unter japanischer Besatzung stand. Das historische Setting liefert natürlich ausreichend Gelegenheit, pompöse Ausstattungsexzesse, erlesene Dekors und irre Kostüme leinwandgerecht ins Bild zu rücken. Park, dessen Karriere mit stockdüsteren Durch-und-durch-Männer-Filmen (SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE, OLDBOY) begann, hat sich im Laufe der Jahre einen weiblichen Blickwinkel und ein Faible für starke Frauenfiguren (LADY VENGEANCE, THIRST) angeeignet. Seine Filme mögen an schroffer, ausgestellter Härte eingebüßt haben, abgründig sind sie immer noch.

THE HANDMAIDEN präsentiert sich als Mischung aus Thriller und Melodram. Die Erzählung ist vertrackt und (anfangs) gewollt undurchsichtig. Ein krasser Twist, den zumindest ich keineswegs kommen sah, beendet das erste Filmdrittel. Danach wird die Geschichte erneut erzählt - aus einem anderen Blickwinkel. Ja, das mag konstruiert wirken, funktioniert aber dank der inszenatorischen Klasse, die Park wohl niemand absprechen kann, weitgehend reibungslos. Die 145 Minuten Laufzeit vergehen recht zügig, und das, obwohl das koreanische Kino nicht unbedingt für Erzähltempo und Schnelligkeit bekannt ist.

Zusammengehalten wird dieser ebenso sinnliche wie brutale Film von der Lovestory, die sich zwischen den Hauptfiguren entspinnt. Dabei sind die offenherzigsten lesbischen Sexszenen seit - lasst mich nachdenken - BLAU IST EINE WARME FARBE zu bestaunen. Lesbische Lust und Leidenschaft, inszeniert von einem männlichen Regisseur, der die 50 überschritten hat - da lässt natürlich der Vorwurf der Altmännerphantasie nicht lange auf sich warten. In diesem Fall aber relativ unbegründet, da die Romanvorlage von einer Frau stammt: Der Film basiert auf Sarah Waters' Kriminalroman "Fingersmith".

Erstaunlich: Bei aller Sperrigkeit und Radikalität hat dieser sado-masochistische Erotikthriller im historischen Gewand in seiner Heimat einen Besucher-Rekord aufgestellt. Das ist insofern bemerkenswert, da Homosexualität in Südkorea zwar nicht verboten, aber gesellschaftlich stigmatisiert ist. Homophobie ist weit verbreitet; laut eines Zeitungsberichts finden nur 18% der Bevölkerung solche "abnormen Sexualpraktiken" akzeptabel.

Nach der Premiere am /slash-Festival ist THE HANDMAIDEN jetzt regulär auf der angemessen breiten Leinwand des Wiener Gartenbaukinos zu sehen.

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FAZIT:

Park Chan-wook, Schöpfer brachialer Rache-Dramen wie OLDBOY und SYMPATHY FOR MR. VENGEANCE meldet sich mit einem kunstvollen Erotik-Thriller zurück: Angesiedelt im Korea der 30er-Jahre erzählt er eine Geschichte von falschen Identitäten und echten Leidenschaften. Mysteriös, sinnlich und abgründig, eine Empfehlung.

WERTUNG: 8 von 10 Quecksilber-Zigaretten
Dein Kommentar >>
Jules | 17.04.2017 16:22
Hab ich beim Slash-Festival gesehen! Wirklich empfehlenswerter und, ja man kann es nicht anders sagen, geiler Film...
Harald | 20.04.2017 21:21
Ja, schon sehr geil :-)
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