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Thirst

Thirst

OT: Bakjwi
HORROR: KOR, 2009
Regie: Chan Wook Park
Darsteller: Kang-Ho Song, Ok-vin Kim, Ha-kyun Shin

STORY:

Lebensmüder, katholischer Priester Sang-hyun überlebt ein fehlgeschlagenes medizinisches Experiment dank anonymer Bluttransfusion als Vampir. Seine Blutgier übermannt ihn und schließlich gibts auch den ersten Sex mit einer ausgelaugten, unzufriedenen Ehefrau. Sünden häufen sich. Und das Familienhaus, in dem Sang-hyun Unterschlupf findet, verwandelt sich alsbald in ein skurilles Leichenhaus.

KRITIK:

"Bin ich krank?", fragt sie, als sie feststellt, dass sie es erregend findet, wenn er in ihren Hals beißt. Fragt sie das Publikum.

Diese mit Wollust gesäuselte Frage, die in dieser Szene nicht beantwortet wird, könnte rhetorisch sein. Chan Wook weiß, wie seine Filme funktionieren sollen, weil er weiß, was uns unterhält.

Seine Hauptfigur in "Thirst - Durst" ist Priester, Sang-hyun, und in dieser Szene geht’s erstmal ordentlich ans Eingemachte, ganz weit weg von Porno oder Hochglanzerotik, denn da muss selbst ein studierter Philosoph und anerkannter Leinwand-Ästhet vorsichtig sein mit seiner Attitüde als Provokateur.

Aufregend, fesselnd. Das kann er, Spezialgebiet: Sexszenen. Tut mir Leid, das muss mal erwähnt werden; das kann Park Chan Wook! Und warum? So intim Sex in seinen Filmen auch gezeigt wird, diese Szenen haben immer einen komischen Beigeschmack: Das verrät uns die Mühe, die die Beteiligten mit dem Körper des Anderen haben, die schmuddeligen, farbprächtigen Räume, in denen sie mit Haut und Haaren über einander herfallen. Dann sind da noch, die in Erregung, ja fast Schmerz, ausgestoßenen Worte. Fragen. Floskeln. Die vom anderen nicht gehört werden. Und immer wieder diese schweißglänzende, sündige Haut, die in seltsames Licht getaucht ist.

Nicht umsonst hat der umjubelte asiatische Filmemacher Hitchcock als großes Idol (Park wollte eigentlich Kritiker werden, BIS er Vertigo gesehen hat), der zu Lebzeiten selbst zwar seine Mordszenen wie Liebesszenen inszenierte, andersrum aber, Liebesszenen auch wie Mordszenen aussehen ließ. Allein durch winzige, liebevoll inszenierte Details. Das muss jetzt auch mal erwähnt werden: Ich liebe Details! Für mich sind sie NICHT selbstverständlich!

Wo wir wieder beim nackten Priester und dem Kommentar der nackten Gebissenen wären.- Ferner, wo wir bei der provokativen Qualität des Filmes wären, die nicht nur daraus besteht, was die Synopsis und diese eine heimliche Lieblingsszene von mir (nicht nur, weil ich Saubartl bin, bei FILMTIPPS bin ich soweit richtig) verspricht. Park Chan Wook macht sich's schwer, aber, auch hier inszeniert er ganz nach geheimen Hitchcock-Rezept: sich vom Klischee entfernen ist besser, als mit etwas originellem zu beginnen und unweigerlich beim Klischee zu landen. - (dieses Rezept muss in so manchen selbsternannten Filmmetropolen erst wieder ausgegraben werden) -

Aber, zurück zu "Durst", mit dem Park Chan Wook natürlich, wie ein kleiner Teufel (zumindest aus katholischer Sicht) provoziert. Wie es sich für einen intelligenten Mann gehört, recht charmant und immer wieder vorsichtig. Er weiß, wann er die Kurve kratzen muss, wann es Zeit für Figuren wird, wann andere Fragen wichtig werden. Genreformeln behandelt er mit viel Liebe, wählt Situationen in denen seine Zitate magisch frisch und originell wirken, lässt nichts aus und nichts ins Leere münden.

So etwa, eine herrliche Szene, in der unser Priester seinen Ruf als Messiahs zerstört. Dem Südkoreaner ist nichts heilig, bis auf das was er erzählen will. Wie funktionieren seine Filme? Gegen den Strich. - So muss es sein, davon bin ich überzeugt. - Unterhaltung und Kunst, Provokation und Ironie; Hitchcock lässt grüßen! Parks Geschichte ist eine freie Interpretation des Romans "Thérèse Raquin" von Emile Zola, kunstfertig arrangiert.- Auch schonmal ganz lustig zu sehen, wie eine Leiche "den Verkehr interrupiert".

Wer glaubt, dass Vampirfilme nur noch nerven, der könnte sich diesen Film vielleicht erst Recht anschauen. Zumindest, wenn er nach Schmankerln wie So finster die Nacht Ausschau hält oder schon immer mal sehen wollte, wie zwei Vampire um einen Kofferraumdeckel kämpfen. Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass ich die übliche Vampirmaske kein bisschen vermisst habe?

Kang-ho Song (Sympathy for Mr. Vengeance) brilliert hier mal wieder ungemein, sympathisch bis aufs Blut. Ok-vin Kim ist schlicht aufregend und auf eine pathetische Art und Weise erotisch, sowohl als leidende Ehefrau und nach Sex dürstende "Sünderin", als auch als meuchelnde, lebenshungrige Vampira fatale.

Thirst Bild 1
Thirst Bild 2
Thirst Bild 3
Thirst Bild 4
Thirst Bild 5
FAZIT:

THIRST ist zwei Stunden lang kraftvoll und fies, schräg und poetisch, krank und dazu noch filmisch auf allen Ebenen. Ein (blut)spritziger Unterhaltungsfilm, wie man ihn von dem Meister der berühmten Rachetrilogie Sympathy for Mr. Vengeance (2002), Oldboy und Lady Vengeance (2005) erwartet hat.

WERTUNG: 9 von 10 penetrant grinsende Wasserleichen
Gastreview von Nicolae
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Dein Kommentar >>
6uellerBpanda | 01.06.2010 08:41
bis dato parks schlechtester film aber dennoch "gut". das letzte drittel hätte man ganz streichen können. ende ziemlich klischeehaft. song hat man auch schon besser gesehen. etwas enttäuschend.
>> antworten
clag | 02.02.2010 13:24
sensationell!!!
alleine der beginn. dieses licht-schatten-spiel auf
der weißen wand. grandios. echtes kunstkino. ich
habe die draculazähne auch keine sekunde lang
vermisst. war ja letztendlich dennoch blutig
genug… aber die erotik ist wunderbar prickelnd
und die makaberste aller szenen - der kampf gegen
den sonnenaufgang - unterm auto und um den
kofferraumdeckel - herrlich !!!
warum spielt der nicht "normal" in den kinos?
>> antworten
Matthias | 16.10.2009 23:18
Top Rezi!
Mein Film des Jahres, hab ihn auf dem fantasyfilmfest in nürnberg gesehn und war hin und weg!Und die Erotik im Film war wunderbarst in Szene gesetzt!!! Nur das dauerkichernde Publikum welches bei jedem kleinsten Witz (küsntlic) abfeiern musste ging mir auf den Sack.
10 von 10 Kofferraumtüren
>> antworten
Andreas | 16.10.2009 18:21
Waaaaaaaaaaaah! Wo hast du den wieder her? Ich harre schon seit Monaten auf diesen Film. Kann man den schon auf DVD bestellen?

Es freut mich, dass dein Review außerdem positiv ausgefallen ist, vor allem deswegen, weil mich Harald durch den Hinweis auf eine negative Keuschnigg Rezession bei FM4 verunsichert hat. Aber Keuschnigg ist angeblich schon nach einer halben Stunde aus dem Kino gegangen und disqualifiziert sich dadurch sowieso selbst.

Aber: Nach "Lady Vengeance" und "I am a Cyborg" hätte ich mir den Film sowieso angeschaut, ganz wurscht, was die Leute sagen. Und wenn's nur wegen dem sicher wieder genialem Soundtrack wäre :-)
Andreas | 16.10.2009 18:23
...außerdem spielt da wieder die Crème de la Crème des koreanischen Kinos mit...
Andreas | 16.10.2009 18:25
und der koreanische Trailer sieht auch besser aus: Youtube: watch?v=zR6s32BTnE0
Nico | 16.10.2009 19:53
Der Film lief im Rahmen des filmasia-festivals hier in Graz! Österreich-Premiere! DAS Highlight eigentlich... - was mich ärgerte: dafür wurde das kleinste Kino hier ausgewählt (sprich ärmste Projektionstechnik der Stadt) - Das hat der Film nicht verdient... aber aus Angst, den überhaupt nicht im Kino zu sehen... hatte ich prompt reserviert. Was mich überraschte, war die Synchronisation. Saubere Arbeit, da ich eigentlich OmU erwartete.

ICH HOFFE echt, dass er hierzulande einen regulären Kinoverleiher findet... - es gehen uns so viele starke Filme flöten in letzter Zeit, find ich echt nicht mehr dufte!

Ich fand den Film toll... - wobei man mir wieder ankreiden wird, dass ich ihn überbewerte... - ;/
Andreas | 16.10.2009 20:27
naja, immerhin war das gewinner der goldenen palme von cannes... und der name oldboy zieht halt doch zum vermarkten. würd mich wundern, wenn es der nicht irgendwann - zumindest nach wien - schafft.
Harald | 16.10.2009 23:24
Macht Euch keine Hoffnungen.
Ich zweifle ja langsam an der Zurechnungsfähigkeit unserer Filmverleiher. Ich meine, wie kann man Kathryn Bigelows 'The Hurt Locker' zuerst teuer einkaufen und dann in letzter Minute den Kinostart abblasen. Weil er zuwenig Tschinbumm für die Actioncrowd hat und zuviel für die Programmkino-Sensibelchen.
Ich persönlich würde es nie machen, aber ich kann's mittlerweile voll und ganz verstehen, wenn die Menschen ihre Filme lieber von irgendwelchen BitTorrents runtersaugen...
Nico | 16.10.2009 23:44
Das war der Anstoß meiner Bemerkung weiter oben: Habs im Radio gehört.
Ich war seit Monaten dauerscharf auf THE HURTLOCKER und nun sind die Hoffnungen erst mal gründlichst versandet. - Ebenso THE PICTURE OF DORIAN GRAY... der sein Release schon im September gehabt hätte. Find ich scheiße! Und BitTorrent kann ich mir nicht leisten... und würds schon aus cinephilen Gründen und moralischen Überzeugungen nicht gebrauchen. - Obwohl... etc.
Nic | 16.10.2009 23:59
hurt locker fehlt eigentlich garnichts im vergleich zu anderen produktionen die man in "mainstream"-kinos heute findet. hatte wohl andere gründe als inhaltliche..

ja ja, das internet hat auch das konsumverhalten von vormals cinephilen verändert..
Andreas | 17.10.2009 00:04
schlimmstenfalls muss es halt wieder DVD + beamer werden. bin diesen kummer ja eh gewohnt...

aja, und harald, siehst du: die positiven feedback stimmen häufen sich.
Harald | 17.10.2009 00:11
was mich auch sehr freut. ich hab dem herrn keuschnigg eh nicht ganz glauben können - obwohl ich ihn als ausnahmeerscheinung unter den heimischen filmschreibern schätze. goschert, leidenschaftlich und filmverrückt, das ist eine sehr schöne kombination.
Nic | 17.10.2009 01:02
btw Redacted kam ja auch direkt auf DVD, der hats aber auch verdient.
>> antworten
Ralph | 16.10.2009 16:13
..du meintest wohl "BISS" er Vertigo gesehen hat... (okay, der war schlecht;-)

Nic | 16.10.2009 16:47
wird angesehn. nach old boy eh kloa ;)
Nico | 16.10.2009 19:58
nettes Wortspiel! Wieso fiel mir das nich ein!?!
Andreas | 16.10.2009 20:06
weil's schlecht ist. sorry, ralph *grins*
>> antworten