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Einsame Entscheidung

Einsame Entscheidung

OT: Executive Decision
ACTION: USA, 1996
Regie: Stuart Baird
Darsteller: Kurt Russell, Steven Seagal, Halle Berry, John Leguizamo, Oliver Platt

STORY:

Das Himmelfahrtskommandos einer terroristischen Organisation kapert ein amerikanisches Passagierflugzeug um ihren Anführer freizupressen. Um die Passagiere zu retten, wird ein Rettungsteam an Bord geschickt, doch es geht einiges schief und sie verlieren Steven Seagal.

Werden sie es trotzdem schaffen die Terroristen zu besiegen?

KRITIK:

Es ist schon interessant was es so alles gibt. Nehmen wir EINSAME ENTSCHEIDUNG zum Beispiel. Ein Film aus Steven Seagals Filmographie, der jedoch kein wirklicher Steven Seagal-Film ist (und ergo auf unserer feinen Seite auch nicht unter dem "Steven Seagal:"-Etikett erscheint). EINSAME ENTSCHEIDUNG ist nämlich ein Kurt Russell-Film, eine Tatsache mit der ich auch ganz gut leben kann, denn vor 20 Jahren war Kurt Russel noch ein recht lässiger Typ mit lässigen Filmen im Gepäck.

Zunächst einmal stellt sich jetzt natürlich die Frage was zum Geier Steven Seagal überhaupt dazu trieb für einen Film zu unterschreiben, in dem er nicht die Hauptrolle spielt und schlimmer noch: sogar draufgeht - obwohl das Auslegungssache ist, aber dazu gleich mehr. Ich habe dazu mehrere Theorien. Eine davon ist, dass er einfach ein bisschen Kohle brauchte um sich ein neues Schwert/Messer/Pistole oder wahlweise Schnaps und Nutten zu kaufen. Die andere ist, dass er einfach nach 20 Seiten aufgehört hatte das Drehbuch zu lesen, da die wichtigsten Punkte (Elitesoldat, böse Leute töten) abgehakt waren. Der Anfang von EINSAME ENTSCHEIDUNG gehört denn auch noch voll und ganz Seagal, fühlt sich auch wie einer seiner typischen Filme an. Die Stürmung der Mafiavilla ähnelt stilistisch gar dem Finale von ZUM TÖTEN FREIGEGEBEN. Getreu diesem Motto werden keine Gefangenen gemacht und blutige Einschüsse und ein recht hoher Bodycount sorgen gleich für gute Stimmung.

Darüber hinaus ist EINSAME ENTSCHEIDUNG ein Film, der durch seine Produktionsgeschichte, obwohl kein Seagal-Film, den Mann, den Mythos Seagal und all seine Seagalismen sehr gut auf den Punkt bringt. Denn während der Dreharbeiten weigerte sich Seagal die vom Drehbuch vorgeschriebene Todesszene zu drehen. Seiner Meinung nach wären seine Fans davon enttäuscht gewesen und die ursprünglich geplante Kopfexplosion durch Höhendruck empfand er als zu unrealistisch - hätte immerhin eine nette TOTAL RECALL-Referenz ergeben. Dass der restliche Film nicht minder unrealistischen Mumpitz auffährt, dürfte ihm egal gewesen sein, ging es ihm doch bloß um sein Ego. Nach einigen Tagen, während derer Seagal die Dreharbeiten blockierte, drohten ihm der Regisseur und die Produzenten mit Strafe wegen Vertragsbruchs und man einigte sich schließlich auf eine andere Art des Ablebens (ohne Kopfexplosion). Der Legende nach soll Seagal seinen Fans später versichert haben, dass die von ihm gespielte Figur überlebt haben könnte - was ich jetzt mal als unrealistisch bezeichne. Schließlich könnte nicht mal Steven Seagal höchstselbst einen Sturz aus 10 km Höhe unbeschadet überstehen. Oder er hat dem Boden beim Aufprall einfach das Handgelenk gebrochen. Was Chev Chelios kann, kann Seagals Lt. Colonel Travis schon lange.

Nach dem, sagen wir einfach mal vermuteten, Ableben Steven Seagals Figur übernimmt Kurt Russels David Grant, und die Geschichte nimmt einen anderen Standpunkt ein. Wäre Lt. Colonel Travis an Bord der Maschine gelangt, dann wäre alles auf eine actionreiche Schnetzelparade hinausgelaufen - im Prinzip hätte EINSAME ENTSCHEIDUNG also auch ALARMSTUFE:ROT 3 werden können. So aber übernimmt der Zivilist die Hauptrolle in der ganzen Unternehmung und plötzlich ist die Frage nicht mehr, wie viele Terroristen werden sie töten um die Maschine unter Kontrolle zu bekommen, sondern was werden sie tun um das Schlimmste zu verhindern. Dabei prallen die Einstellungen der verschiedenen Teammitglieder aufeinander. Der rational und pragmatisch denkende Analyst Grant prallt vor allem mit dem zweiten Mann im militärischen Einsatzteam zusammen, der am liebsten die Waffen sprechen lassen würde.

Fortan steht nicht nur das Leben der Passagiere, sondern auch des Einsatzteams auf dem Spiel. Wie sollen sie reagieren? Wann wird Washington reagieren und das Flugzeug abschießen? Eine beklemmende Situation. Plötzlich steht noch mehr auf dem Spiel und vor allem Dr. Grant muss sich etwas einfallen lassen um den Tag zu retten. Die Enge des Schauplatzes wird dabei gekonnt ausgenutzt und gerade die Szenen unterhalb des Passagierteils der Maschine vermitteln durchaus ein klaustrophobisches Gefühl.

Es mag vielen auch gruselig erscheinen, dass EINSAME ENTSCHEIDUNG bereits 1996 die Idee aufgriff, dass islamistische Terroristen ein Flugzeug entführen könnten um damit einen empfindlichen Schlag gegen die USA zu führen – ein Umstand der nur ein paar Jahre später traurige Realität wurde. Auch wenn der AKTE X-Ableger THE LONE GUNMEN sogar noch einen „hellseherischen“ Schritt weiter ging. In seiner ersten Folge kaperten Terroristen ein Flugzeug um es in New York in ein Hochhaus fliegen zu lassen.

Es mag ein interessanter Gedankengang der Drehbuchautoren sein. Dass das Drehbuch trotzdem nicht gerade vor Logik, dafür aber teilweise gar hanebüchenen Schnapsideen strotzt, dürfte klar sein. So stellt sich zum einen die Frage, wieso Ingenieur Dennis Cahill zwar mitfliegen muss um den Andockvorgang zu leiten, dann aber in das Flugzeug übersteigt, von wo aus der keine Kontrolle über die Steuerung des Manövers mehr hat. Auch wieso die Bombe einen dermaßen komplizierten Zündmechanismus inklusive zahlreicher Fehlschaltungen und Fallen hat, obwohl sie darauf ausgelegt ist im Flugzeug per Fernzündung aktiviert zu werden, erschließt sich mir nicht. Niemand rechnet schließlich damit, dass ein Bombenentschärfungskommando an Bord kommen könnte um zu versuchen die Bombe lahm zu legen. Und selbst wenn die Terroristen mit so etwas gerechnet hätten, hätten Sie dann nicht den Technikraum unter der Kabine kontrolliert um sicher zu gehen, dass sich dort niemand versteckt?

Vieles passiert so eben aus dem Grund, dass es passieren muss um die Handlung voranzutreiben. Aber das ist bei weitem nicht so schlimm, wie es sich jetzt vielleicht anhören mag. Dank der straffen und äußerst atmosphärischen Inszenierung durch Stuart Baird nimmt EINSAME ENTSCHEIDUNG genug Fahrt auf, um meine Ungläubigkeit im Zaum zu halten. Will heißen, es bleibt durchgehend spannend und temporeich, so dass eventuelle Handlungslöcher kaum auffallen, da man zu sehr mitfiebert. Da hätte es das große Finale mit Notlandung und großer Zerstörungsorgie kaum gebraucht; ähnlich wie bei Liam Neesons Flugzeugthriller NON-STOP ist das große Krachbumm nach der Auflösung der Geschichte fast schon zu viel des Guten. In EINSAME ENTSCHEIDUNG wollte man wohl aber das – wenig dezente – Zitat an STIRB LANGSAM 2 möglichst groß auswalzen.

In diesem Sinne: „Los machen Sie schon schneller, bewegen Sie Ihren fetten Arsch!“ - sprach der First Assistant Director als er Seagal aus seinem Wohnwagen scheuchte?

Einsame Entscheidung Bild 1
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FAZIT:

EINSAME ENTSCHEIDUNG ist ein schöner, spannender Actionthriller, ganz im Geiste der 90er – inklusive Computergedöns und schwer zu entschärfender Bomben. Mit Steven Seagal in der Hauptrolle wäre vermutlich ALARMSTUFE: ROT 3 daraus geworden, aber durch den Wechsel der Hauptfiguren von Seagals Lt. Colonel Travis hin zu Russels Grant bietet der Film zu Beginn knackige Action und entwickelt sich kurz darauf zu einem atmosphärischen, spannungsgeladenen Thriller. Eine sehr gute Mischung, die EINSAME ENTSCHEIDUNG zu einem spannenden, unterhaltsamen Film macht, der die Zeit wie im Fluge vergehen lässt.

WERTUNG: 7 von 10 in den 90ern topmodernen Computeranimationen.
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Rodja | 24.06.2015 09:22
Ich habe den Film sehr mögen - habe den damals sogar im Kino gesehen. Und ich war ziemlich perplex, als Seagal auf einmal so sang- und klanglos starb und aus dem Film verschwand. Auch die Tatsache, dass der Wissenschafter, der eigentlich Zivilist ist, quasi die Befreiungsaktion leitet, fand ich höchst innovativ.
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Chris | 02.06.2015 18:50
Wieder höchst amüsante Review, Herr Kollege! Aber so unrealistisch
ist das doch nicht, dass Seagal den Sturz aus 10.000m Höhe überlebt
hat. Unser Goreziegenpeter hat das doch auch geschafft...^^
Harald | 02.06.2015 20:10
"Oder er hat dem Boden beim Aufprall einfach das
Handgelenk gebrochen."
- DAS kann nur Seagal.
Marcel | 10.06.2015 11:34
Segal bricht sich die Hand. Chuck Norris tötet alle Terroristen mit zwei Kugeln (die erste war ein Warnschuss) und springt aus 10 km Höhe ab, weil er es will.
Johannes | 10.06.2015 12:05
Das würde vorraussetzen, dass Norris > Seagal. Und das ist ein Ding der Unmöglichkeit. :D
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