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Rohtenburg

Rohtenburg

TRUE CRIME: DEUTSCHLAND, 2006
Regie: Martin Weisz
Darsteller: Thomas Kretschmann, Thomas Huber, Keri Russell, Angelika Bartsch

STORY:

Im Internet verabreden sich zwei Männer zu einem Treffen. Der eine phantasiert davon, einen Menschen zu schlachten und zu verspeisen; der andere wünscht sich nichts sehnlicher als geschlachtet und verspeist zu werden…- Mit dem Fall des Armin Meiwes haben sich im beschaulichen Hessen Abgründe aufgetan und die Geschichte des "Kannibalen von Rotenburg" ging um die ganze Welt. Martin Weisz (THE HILLS HAVE EYES 2) hat sie verfilmt…

KRITIK:

Doch zunächst konnte der "Kannibale von Rotenburg" himself mit Hilfe einer richterlichen Verfügung den Film eine Zeit lang erfolgreich auf Eis legen. Erst jetzt - drei Jahre nach seiner Entstehung- darf ROHTENBURG mit Segen des Bundesgerichthofes auch in Deutschland auf DVD erscheinen. Also schauen wir mal rein…

…und stellen gleich fest, dass sich die billige Rahmenhandlung um die Studentin, die eine Dissertation über den Fall Ro(h)tenburg schreiben will, als absolut kontraproduktiv erweist.

Die Figur der Studentin ist nicht nur unglaubwürdig; sie bringt dem Film auch nichts weiter, als dass ihre permanenten Auftritte dafür sorgen, dass die Psychogramme von Meiwes und seinem Opfer zu kleinen, episodenhaften Zwischenspielen verkommen und der Aufbau eines Gefühls für die beiden Hauptpersonen ständig torpediert wird. Darüberhinaus bringen die erwähnten Szenen aus den Leben der beiden Protagonisten dieses Horrordramas weder neue Erkenntnisse noch neue Aspekte.

Vielmehr werden all die abscheulichen Enthüllungen, die damals in der Sensationspresse in marktschreierischen Lettern die Runde gemacht haben, um unsere morbide Neugierde zu befriedigen und mit ihr die Auflage zu steigern, wie Perlen an einer Kette vor dem Zuschauer aufgereiht; nur ohne allzu graphisch zu werden.

Dabei wirkt das Bemühen des Films zu schockieren eben nur... bemüht. Der Punch der Greueltat sitzt auch nicht richtig; und das nicht aufgrund der Splatteraskese, sondern weil man es zuvor versäumt hat, die Figuren dem Zuschauer nahe zu bringen.

Letzteres ist auch Thomas Kretschmann nicht gelungen, obwohl er einst in Argentos DAS STENDHAL SYNDROM bewiesen hat, dass er Psychopathen spielen kann. Seine Leistung in ROHTENBURG ist in meinen Augen nicht wirklich schlecht, aber beim besten Willen auch nicht preisverdächtig.

Wobei - hierzu gibt es auch andere Auffassungen: In diversen wichtigen Festivals bekam er Auszeichnungen für seine Darstellung des "Kannibalen von Rotenburg". Sie seien ihm gegönnt. Aber mir fallen ad hoc einige Leute ein, die verwirrte Geister und Mörder beeindruckender gespielt haben. Charlize Theron zum Beispiel, die mit Mut zur Hässlichkeit als Serienmörderin Wuornos in MONSTER brilliert hat. Oder man erinnere sich an Götz George in DER TOTMACHER als Fritz Haarmann, dem "Werwolf von Hannover"; eine Rolle, die übrigens auch Kurt Rabe einige Jahre zuvor in DIE ZÄRTLICHKEIT DER WÖLFE glatzköpfig und beängstigend gut ausgefüllt hat. Und dann wäre in diesem Zusammenhang natürlich noch Michael Rooker als HENRY zu nennen. Von all diesen eindringlichen Vorstellungen ist Kretschmann doch ein gutes Stück entfernt, wobei fairerweise gesagt werden muss, dass die genannten Kolleginnen und Kollegen auch die besseren Filme im Rücken hatten.

Dennoch - die von ihm gespielte Figur weckt emotional nichts beim Zuschauer. Weder Hass noch Angst noch Mitleid. Man steht ihr seltsam gleichgültig gegenüber und das spricht leider nicht für ihren Mimen.

Doch auch der Film als solcher spielt im Konzert der großen True Crime-Stücke keine Geige. Abseits der nichtssagenden Rahmenhandlung mit der für ihre wissenschaftliche Arbeit forschenden Studentin und ein paar kleineren Episoden mit dem Opfer konzentriert sich ROHTENBURG weitgehend auf den Kannibalen Meiwes - oder wie er im Film genannt wird - Oliver Hartwin.

Vielleicht wurde mit dieser gewählten Perspektive eine große Chance vertan. Denn in diesem ganz speziellen Fall - und das ist nicht zynisch gemeint - ist nicht Meiwes die Besonderheit. So traurig es ist, aber die Kriminalgeschichte ist voll mit Männern seines Schlags; mit Männer mit abartigen Tötungs- und Kannibalismusphantasien - siehe Denke, siehe Dahmer, siehe Haarmann, siehe Nilsen. Nein, Meiwes ist nicht einzigartig. Er ist im Grunde nur ein weiterer Gewaltverbrecher, der eine lange gehegte abartige sexuelle Phantasie in die Tat umgesetzt hat.

Das Besondere, das Unbegreifliche an der Greueltat von Rotenburg ist prinzipiell nicht der Täter, sondern das Opfer. Denn in diesem wohl beispiellosen Fall hat es sich freiwillig und freudig in die Hände seines Mörders begeben. Vielleicht wäre ROHTENBURG ein diskussionswürdigerer Film geworden, wenn man sich mehr (oder gar ausschließlich) auf die Motivation jenes Mannes konzentriert hätte, der sich im Internet mit seinem eigenen Schlächter verabredet hat. Der irgendwann erkannt hat, dass seine größte Erfüllung darin läge, von jemand anderen gefressen zu werden. Warum hegt ein Mensch einen solchen unbegreiflichen Wunsch? Doch in Weisz´ Film findet sich diesbezüglich kein Erklärungsversuch.

Es gibt weniger Bernd B., dafür mehr Armin M.

Ungeachtet dessen, dass es sich dabei tatsächlich um Auslöser für Meiwes´ kranke Phantasien gehandelt haben könnte, wirken die dunklen Punkte in Hartwins (Meiwes) Seele - Außenseitertum von Kind an, dominante Mutter, das Beobachten einer Schweineschlachtung als erotische Erfahrung und die ach so bösen Horrorfilme - äußerst klischeehaft und werden in ROHTENBURG auch nur oberflächlich umrissen. Über das Opfer erfahren wir - wie bereits erwähnt - noch weniger.

Einzig und allein die raren Szenen mit dem imaginären Freund, der den Kannibalen seit dessen Schulzeit bis ins Erwachsenenalter hinein begleitet, erlauben uns für kurze Zeit etwas tiefer in seine kranke Welt einzutauchen. Und in diese führen uns natürlich auch die kurzen und gruseligen Visiten im Kannibalenchatroom (Wobei ein Fanforum der bekannten US-Death Metaller von Cannibal Corpse offensichtlich als ein solcher herhalten muss. Denn Namen der Threads im "Kannibalenchatroom" wie "Meat Hook Sodomy", "Shredded Humans", "I will kill you!" oder "Orgasm through Torture" sind samt und sonders Songtitel dieser Band - Anm. des headbangenden Verfassers und Besitzer der "Hammer smashed face"-CD).

Erst ganz zum Schluss in der eigens hergerichteten Schlachtkammer entfaltet die grausige Natur des Verbrechens ihre Verstörungskraft, wenn beim Akt des Tötens eine beinahe zärtliche und tröstende Bande zwischen Täter und Opfer bemerkbar wird.

Aber all dies ändert nichts daran, dass nach dem Abspann die Enttäuschung über ROHTENBURG überwiegt. Denn der Film hat weder neue Wege beschritten und noch etwas gewagt.

PS: Ein Jahr vor ROHTENBURG wurde in Deutschland übrigens noch ein Film zum Thema produziert und zwar der weitaus unappetitlichere, aber wohl intensivere und mittlerweile Liste B-Kandidat CANNIBAL. Wer es sehen mag…

Rohtenburg Bild 1
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FAZIT:

Wenn sich zwei im Kannibalenchatroom zum Essen verabreden… Der Fall des Rotenburg-Kannibalen Armin Meiwes, der im Internet ein bereitwilliges Opfer gefunden hat, hat 2002 Deutschland und die Welt erschüttert. Die Verfilmung hat für einigen Wirbel gesorgt, aber hauptsächlich deshalb, weil der inhaftierte Kannibale von Rotenberg himself eine richterliche Verfügung gegen die Veröffentlichung erwirkt hat. ROHTENBERG kann zwar auf Thomas Kretschmann in der Hauptrolle verweisen, aber nicht nur er bleibt hier hinter den Erwartungen zurück. Zählt leider weder zu den guten noch zu den wirklich intensiven True Crime-Stücken.

WERTUNG: 4 von 10 Kannibalenvideos
TEXT © Christian Ade
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ghostdog | 16.11.2010 14:26
Selten einen so furchtbar öden, langweiligen und schlecht inszenierten Film wie diesen gesehen. Die Schauspieler agieren fast alle auf Laienniveau, das Bild ist grobkörnig und oft s/w, Splatter oder Gore sucht man vergebens.
Zum Glück gibt es noch CANNIBAL, der dieses Thema wesentlich intensiver und verstörender behandelt.
ROHTENBURG ist ein langweiliger Soft-Kannibalenfilm, den man wirklich nicht gesehen haben muß!
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