DOKU: A, 2002
Regie: Natalie Borgers
Darsteller: Hans Dichand, Andreas Mölzer, Kurt Krenn und viele andere Sympathieträger :-))
ARTE-Dokumentation über die Machenschaften der proportional zur Einwohnerzahl größten Tageszeitung der Welt. Die Rede ist von der österreichischen Kronenzeitung.
Eine TV-Doku, die nie im österreichischen Fernsehen zu sehen war. Warum denn das? Wer den Film gesehen hat, wird sich diese Frage nicht mehr stellen. Aber der Reihe nach: Der Film versucht das weltweit einzigartige Phänomen Kronenzeitung zu ergründen.
Eine Zeitung, die von mehr als der Hälfte der Bevölkerung gelesen wird und damit proportional zur Einwohnerzahl als größte Zeitung der Welt zu betrachten ist. Eine Zeitung als Anwalt der sogenannten "kleinen Leute", als Machtfaktor und Parallelregierung, und als Erklärung für den Erfolg des Populismus in diesem Land.
Dabei will Krone-Chef Hans Dichand, ein freundlicher, alter, weißhaariger Mann, "gar keine Macht ausüben, sondern lieber seinen Hund streicheln". Im nächsten Atemzug erklärt er, er habe gar nichts gegen den damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, dieser müsse "nur seine Politik ändern". Und überhaupt sei es seine Aufgabe, "an die Politiker Ordnungsrufe zu erteilen".
Bemerkenswert auch die Antwort eines Mitarbeiters auf die Frage, ob der Chef die Blattlinie vorgibt, oder ob die Redakteure ihre eigene Meinung vertreten dürfen: "Schalten Sie jetzt bitte die Kamera ab!". Kein Kabarettist könnte so etwas besser ausdenken.
Der Film wurde 2002 im Kino gezeigt. Das Publikum hat lauthals gelacht - obwohl das ganze natürlich alles andere als lustig ist. Dabei ist der Film an sich weder bösartig noch polemisch. (Ganz im Gegensatz etwa zu diversen Arbeiten von Michael Moore.) Dichand und seine Crew machen sich ganz von alleine lächerlich.
Zum Drüberstreuen zeigt "Volksdichter" (er bezeichnet sich so) Wolf Martin seine Sammlung selbst gemalter Flaktürme und ein Regal voll mit wenig sympathischem Buchwerk, Schwerpunkt Hitler-Reden.
Die Tier-Redakteurin geht "oft mit Tränen in den Augen nach Hause, weil ihr das Tierleid so zu Herzen geht", Gast-Autor Kurt Krenn ("Christianus") meint, die Krone sei "viel christlicher als die Kirchenzeitung", und in der Politikredaktion wird - man ist ja sooo christlich - gerade an der nächsten Hetzkampagne gegen Kriegsflüchtlinge aus Afghanistan gebastelt.
Auch wenn ein Teil der Protagonisten nicht mehr unter uns weilt: Ein entlarvender filmischer Einblick in das "System Kronenzeitung" ist diese Doku immer noch.
Zitat: "Wenn das ganze nicht so traurig wäre, wäre es eigentlich lustig" (Falter).
Ein Pflichtfilm für Hirnbesitzer.