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Lamento

Lamento

THRILLER/DRAMA: DEUTSCHLAND, 2007
Regie: Daniel Hedfeld, René Sydow
Darsteller: Lena Amende, Paul Burian, Ralph Herforth, Marcus Off, Kim Schnitzer

STORY:

In einem deutschen Dorf versucht die junge Eva nur so zum Spaß den katholischen Pfarrer Simon zu verführen. Als dieser sich tatsächlich vor ihr auszuziehen beginnt, schießt sie mit ihrem Handy ein Foto, um es an ihre Freunde zu verschicken. Als Simon dies bemerkt, versucht Eva schnell zu verschwinden. Es kommt zu einem Handgemenge, bei dem Eva mit dem Kopf gegen eine Kirchenbank knallt und stirbt. Nun ist Simon hin und her gerissen, ob er sich der Polizei stellen, oder doch besser einfach die Leiche verschwinden lassen soll...

KRITIK:

Das Thrillerdrama LAMENTO ist der zweite Spielfilm des jungen deutschen Regieduos Daniel Hedfeld und René Sydow, die auch gemeinsam das Drehbuch geschrieben haben. Und ganz unabhängig davon, dass es sich hierbei erst um ihrem ersten Langfilm nach dem Abschluss der Filmhochschule handelt, ist LAMENTO ein sehr starker Film geworden, wie man ihn hierzulande nicht aller Tage sieht.

Auf der einen Seite bietet LAMENTO einen spannenden Thrillerplot, bei dem eine erste falsche Entscheidung zu immer weiteren ungeahnten Verwicklungen führt, der schon fast ein wenig an die Filme der Coen Brothers denken lässt. Doch im Kern ist dieser Film ein Drama, welches sich immer stärker zu einer Tragödie entwickelt und steht damit dem aus dem gleichen Jahr stammenden TÖDLICHE ENTSCHEIDUNG von Altmeister Sydnet Lumet nahe.

Doch letzten Endes geht es hier auch nicht wirklich um die Frage von Schuld und Sühne, sondern darum, was in unserer Gesellschaft eigentlich falsch läuft, dass es in Extremfällen zu den hier geschilderten Ereignissen kommen kann. Und somit stilisiert sich LAMENTO, im Gegensatz zu TÖDLICHE ENTSCHEIDUNG, nicht hoch zu einer modernen Tragödie Griechischer Dimension, sondern bleibt jederzeit angenehm glaubhaft und geerdet.

Diese Verbindung aus raffinierter Thrillerhandlung und einem für mein Empfinden typisch deutschen Realismus spiegelt sich auch in der optischen Machart des Films. LAMENTO zeichnet sich durch einen modernen, aber zugleich sehr kühlen und realistischen Look aus. Besonders auffällig und gelungen sind die Kameraführung und der Schnitt. Diese sind extrem überlegt und gediegen, vermitteln jedoch zugleich das Gefühl einer großen Leichtigkeit und Spontanität. Es wirkt fast so, als ob der normalerweise allwissende Beobachter sich hier schnell und hektisch umschauen muss, weil selbst er nur schwer Schritt halten kann, mit dem was hier mit den verschiedensten Personen so vor sich geht.

Auch die Schauspieler wissen durch die Bank weg zu überzeugen. - Das einzige kleine Manko, was mich gerade am Anfang etwas gestört hat, ist, dass Daniel Hedfeld und René Sydow ihren pubertierenden Teenis teilweise schon recht altkluge Sprüche in den Mund gelegt haben, die eher zu jungen Studenten passen würden. Auch ihre allgemeine Abgebrühtheit nehme ich dieser Dorfjugend nicht immer so richtig ab. Aber diese kleine Schwäche verliert sich im Laufe der weiteren Entwicklung der Handlung immer mehr.

Am Ende lässt LAMENTO fast alle als Schuldige und zugleich als Opfer zurück und interessiert sich nicht mehr so sehr für die Aufdeckung eines konkreten Verbrechens, sondern für all die unter der Oberfläche einer scheinbaren dörflichen Beschaulichkeit versteckten Auslöser, die zu diesem führen konnten. Wir sehen, dass die in Großstädten beklagte Vereinzelung und Gleichgültigkeit auch vor dem scheinbar idyllischen Leben auf dem Lande nicht halt macht und dass die alten, nicht hinterfragten Moralvorstellungen längst nicht mehr greifen.

Lamento Bild 1
Lamento Bild 2
Lamento Bild 3
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Lamento Bild 5
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FAZIT:

LAMENTO ist ein ungewöhnlich starker deutscher Film, der eine wirklich spannende Thrillerhandlung mit einem feinfühligen, und sich immer mehr zu einer allgemeinen Gesellschaftskritik auswachsenden, Drama verbindet, dabei aber angenehmer Weise auf den erhobenen Zeigefinger verzichtet.

WERTUNG: 8 von 10 unter der Kirchbank liegende nuttige Ohrringe
TEXT © Gregor Torinus
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