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Leolo

Leolo

DRAMA: F/CAN, 1992
Regie: Jean-Claude Lauzon
Darsteller: Gilbert Sicotte, Maxime Collin, Ginette Reno, Julien Guiomar

STORY:Leolo Zitieren wir das DVD-Cover: Der junge Leo (Maxime Collin) ist hin und her gerissen zwischen zwei Welten: dem armseligen Mietshaus in Montreal, das er mit seiner kaputten - tendenziell geisteskranken - Familie bewohnt und der imaginären Welt, in die er sich hineinträumt. Dort ist er Léolo Lozone, der Sohn eines sizilianischen Bauern, dessen Samen in einer Tomatenkiste nach Kanada kam, in welche die fette Madame Lozeau, Leos Mutter plumpste.
Leolo Léolos Motto heißt: "Ich träume, also bin ich nicht verrückt." Dass der Wahnsinn in der Familie liegt, lässt sich jedoch nicht bestreiten: Neben dem skurillen Vater, der seinen Kindern Abführmittel verabreicht, gibt es da noch den muskelbepackten, aber feigen Bruder, die zurückgebliebenen Schwestern und den lüsternen Großvater. Auch Léolo muss einsehen, dass er dem Familienwahnsinn nicht entkommen kann ...

KRITIK:Leolo "Ein poetisches, verrücktes und bizarres Filmfeuerwerk" verspricht das DVD-Cover. Das ist nicht übertrieben. Verrückt ist der Film auf alle Fälle - allerdings nicht unbedingt im komödiantischen Sinne. Im Gegenteil. Regisseur Jean-Claude Lauzon nannte Leolo eine "Selbsttherapie". Léolo ist ein autobiographischer Film, in dem der Regisseur seine Kindheit in einem Armenviertel in Montreal verarbeitet.

Sehr harmonisch ging es dort nicht zu: Die Familie, ein Sammelsurium von schwer abnormen Sonderlingen, pflegte u.a. eine ungesunde Obsession fürs Scheißen, das wie ein Ritual zelebriert wurde: Jedes Familienmitglied bekommt einmal pro Woche Abführmittel verabreicht ... das sei gut für die Gesundheit ... Kein Wunder, dass sich der kleine Leo - pardon - Léolo in Phantasiewelten flüchtet.

Leolo Der bemerkenswerteste Kunstgriff des Films besteht darin, die Traumwelten real aussehen zu lassen, während die Realität unwirklich, bizarr und surreal erscheint. Die Set-Designer haben ganze Arbeit geleistet und eine bedrückende, düstere, feucht-modrige Atmosphäre erschaffen. Hier wimmelt es von toten Tieren, rostigen Autowracks und Müllbergen, die unter Wasser vor sich hin rotten - nicht immer hübsch anzusehen, aber sehr stimmungsvoll.

Bemerkenswert ist auch der Soundtrack: Italienische Schnulzen treffen auf tibetanische Mönchsgesänge, dazwischen erklingen Tom Waits und die Rolling Stones - eine gewagte Kombination, zugegeben, macht aber im Kontext der Bilder durchaus Sinn.

Leolo Atmosphärisch bewegt sich dieser Familienfilm der etwas anderen Art irgendwo zwischen Terry Gilliam, Donnie Darko (aber ohne Zeitreisen und dem ganzen Fantasy-Firlefanz) und Amélie (ohne bittersüß-klebrigen Kitsch). Mit anderen Worten: Ein nicht alltäglicher, absolut sehenswerter Film, der mit Preisen überhäuft wurde. Happy End gibt's übrigens keines, weder im Film noch im wirklichen Leben: Der Regisseur ist 1997 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

Leolo Traurig auch, dass der Film ziemlich schwer erhältlich ist: Leih-DVD gibt es keine, und die deutsche Kauf-DVD (übrigens mit eher mäßiger Bildqualität) hat bei Amazon 4 Wochen Lieferzeit. Der Kauf lohnt sich aber trotzdem.
FAZIT:

Donnie Darko meets Amélie in einem Armenviertel im Montreal der Fünfziger Jahre. Äußerst stimmungsvoller, schwermütiger, expressiver Bilderrausch, unsentimental und kitschfrei. Eine Empfehlung.

WERTUNG: 8/10
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